Bundesliga
Huub Stevens – Siege allein reichen nicht
| Dienstag, 4. Oktober 2011Trotz zweier Siege aus den ersten beiden Spielen unter seiner Führung, wird die Verpflichtung von Schalke-Coach Huub Stevens weiterhin kritisiert. Außerdem: Schnalzende Zungen in Leverkusen, Wölfe in der Krise, müde Bayern und angekommene Berliner
Schalke-Coach Huub Stevens feiert mit zwei Siegen einen gelungenen Einstand bei den Knappen. Doch nicht alle spenden Beifall. Rainer Schäfer (Spiegel Online) blickt hinsichtlich der Verpflichtung des Trainers sorgenvoll in die Zukunft: „Auch wenn es momentan danach aussieht, als ob Schalkes Sportdirektor Horst Heldt mit der Verpflichtung Stevens‘ alles richtig gemacht hat, ist sie alles andere als der angekündigte konzeptionelle Umbruch des Clubs nach dem Scheitern von Felix Magath. Rangnick hat ihn mit seiner Idee eines modernen, offensiven Fußballstils begonnen. Dass Stevens diesen Weg weitergeht, ist zweifelhaft. Den Niederländer bis Saisonende zu verpflichten, um in Ruhe eine Ideallösung zu suchen, wäre verständlich gewesen. Ihn mit einem Zweijahresvertrag auszustatten ist, zumindest mittelfristig, ein Rückschritt.“
Frank Heike (Tagesspiegel) ärgert sich über Hamburger Versäumnisse: „Der HSV trat als stabile Mannschaft auf, die zwischendurch immer wieder mutigen Offensivfußball zeigte. Eigentlich eine gute Werbung für die Zwischenlösung auf der Trainerbank. Doch Rodolfo Cardoso fehlt etwas Entscheidendes, um mehr als nur das Scharnier zwischen Michael Oenning und dem nächsten Coach des HSV zu sein – die Lizenz eines Fußball-Lehrers. 15 Werktage darf A-Schein-Inhaber Cardoso nach den Regeln der Deutschen Fußball-Liga (DFL) als Cheftrainer arbeiten. Diese Frist läuft am Dienstag ab und wird von der DFL höchstwahrscheinlich nicht verlängert. Damit endet Cardosos Zeit als erster Hamburger Übungsleiter – schön blöd, dass nicht nur er es (zweimal) vergaß, sondern auch seine Vorgesetzten im Klub verpasst haben, ihn beim Trainerlehrgang anzumelden. Ein peinliches Versäumnis für einen Klub mit einem derartigen Verwaltungs-Wasserkopf wie der HSV.“
Eine famose Doppelrolle für den Schweizer Artisten
Leverkusen schießt den VfL Wolsburg tiefer in die Krise. Oliver Fritsch (Zeit Online) schwärmt vom Tor des Leverkusener Stürmers Derdiyok: „Aus vollem Lauf lupfte er den Ball erst mit links, dann mit rechts, drehte sich währenddessen um 165 Grad und vollendete per Fallrückzieher, den er sich quasi selbst aufgelegt hatte – eine famose Doppelrolle für den Schweizer Artisten. Es war das 2:1, Derdiyok verband dabei Ästhetik mit Notwendigkeit, denn anders war die Situation nicht zu lösen. Zwei Wolfsburger Abwehrspieler versperrten ihm den Weg zum Tor, umzingelten ihn. Der Wolfsburger Keeper Diego Benaglio, der in dieser einseitigen Partie viele Schüsse abwehren konnte, war so gütig und ließ Derdiyoks Kunstwerk geschehen. Noch eine gute Nachricht für Leverkusen und vielleicht mehr als eine Randnotiz: Michael Ballack machte sein bestes Spiel seit seiner Rückkehr aus England. Zwischendurch war damit kaum noch zu rechnen, doch offenbar hat sich der Ex-Capitano mit seiner neuen Rolle als Teilzeit-Leader arrangiert.“
Macht vielleicht auch der Chef mal was falsch?
Michael Horeni (FAZ) zeigt sich enttäuscht vom VfL Wolfsburg: „Ist bisher zu wenig gearbeitet worden von den Spielern? Oder macht vielleicht auch der Chef mal was falsch? Die Bilanz des Neuanfangs unter Magath fällt nach acht Spielen nicht nur schwächer aus als die Nothilfe in der Vorsaison, nach einem halben Jahr Magath in Wolfsburg ist es, als erlebte der VW-Klub immer nur weitere Vorstellungen der Magath-Modellreihe Tristesse 2011. Wolfsburg gerät dabei von allen Klubs, die mit besonderen Zuwendungen von Unternehmen oder Unternehmern wie Leverkusen und Hoffenheim gepäppelt werden, zunehmend ins Abseits. Bayer entwickelt sich seit Jahren ohnehin solide auf hohem Niveau, und Hoffenheim versucht sich mit seinem neuen Trainer Holger Stanislawski zumindest ein bisschen von Plastik und Patriarchat zu befreien. Am VfL Wolfsburg jedoch zieht der Zug der Zeit ungerührt vorbei.“
Zusatzbelastung für die Bayern
Die Länderspielpause bringt nicht allen Klubs die nötige Verschnaufpause. Christoph Leischwitz (SZ)bedauert die Bayern-Profis: „ Die Bundesliga macht nun Pause. Für viele Vereine mag das nach Entspannung klingen, für einen Klub wie den FC Bayern mit seinen vielen Nationalspielern eher nach Zusatzbelastung. Denn jene Akteure, auf die es weiter ankommen wird, pausieren natürlich nicht; zwei Länderspiele stehen innerhalb der nächsten zehn Tage an. Die Bayern wünschen sich, dass gerade jene Verbände, die bereits sicher oder so gut wie sicher für die Europameisterschaft 2012 qualifiziert sind, ein Einsehen mit den lädierten Bayern-Spielern haben und sie schonen. Doch Bundestrainer Joachim Löw hörte sich zuletzt nicht so an, als wolle er gegen die Türkei und gegen Belgien eine B-Elf auflaufen lassen. Und der FC Bayern stellt mit Neuer, Badstuber, Boateng, Lahm, Kroos, Schweinsteiger, Müller und Gomez gleich ein Drittel des Kaders.“
Die Hoffnung auf attraktive Auftritte in der Zukunft
Hertha BSC scheint nach dem Heimsieg gegen schwache Kölner endgültig in der ersten Liga angekommen zu sein. Michael Jahn (FR) lobt die Kader-Qualität der alten Dame aus Berlin: „Der Aufsteiger hat – und das war die eigentliche Botschaft – nicht nur elf, zwölf oder dreizehn erstligataugliche Profis, sondern etliche Spieler, die Stammkräfte bei Bedarf sofort auf hohem Niveau ersetzen können. Lasogga, der von Babbel behutsam an die neue Spielklasse herangeführt wird, Ben-Hatira und auch der Dauerreservist Janker gehören zu diesem Kreis. Es war zudem ein Spiel, das Hoffnungen nährte, in Zukunft auch attraktive Auftritte der Hertha zu erleben. Zum ersten Mal in dieser Saison zeigte die Mannschaft, dass sie ein Spiel über weite Strecken auch gestalten und dominieren kann. Bislang war Hertha lediglich als gefährliche Kontermannschaft auffällig geworden.“
Es ist wie bei einer Packung Früchtemüsli
Boris Herrmann (SZ) vergleicht die Bundesliga mit einem Frühstück: „Dass die Kleinen groß und die Großen auch mal klein sein können, war die Rahmenhandlung der zurückliegenden Saison. Und wenn man so will, gehören Hannover und Hamburg zu den letzten Nostalgikern, die das Jahr der Zwergenaufstände bis heute nachspielen. Grundsätzlich scheint sich die Tabelle gerade wieder in der üblichen Normalität einzuruckeln. Ganz oben ist für die Bayern selbst nach einem Patzer in Hoffenheim kein ernsthafter Verfolger in Sicht. Und ganz unten versucht der sieglose Aufsteiger Augsburg irgendwie sein Gesicht zu wahren. Es ist wie bei einer Packung Früchtemüsli, wo die dicksten Rosinen beim Schütteln früher oder später immer nach oben drängen.“
Kommentare
5 Kommentare zu “Huub Stevens – Siege allein reichen nicht”
Dienstag, 4. Oktober 2011 um 10:12
tja
die Presse weiß ja immer alles im Voraus !
z.B. wie schlecht der Huub St. nun mit dem Spieler-Potential umgehen wird !
Woher weiß derart Pressemann sowas alles ??
Spricht der niedergemachte Trainer mit ihm darüber ?
ODER, wie (fast) immer: reine Spekulation !
Ich, als nur fußballinteressierter Mensch
m e i n e
abwarten und dann – evtl. – motzen !
GlückAuf
das gilt übrigens für alle Kritiker im Vorfeld !
scheinbar lebt die Heutige Presse nur noch von Spekulationen ??!!
Dienstag, 4. Oktober 2011 um 10:35
Was Fußballfeuilletonisten wie Rainer Schäfer (Spiegel Online) manchmal so schreiben, führt jeden Sachverstand ad absurdum. Da kritisiert der trendsetzende Konzeptjournalist in einem Atemzug den gescheiterten Michael Oenning (Inbriff des „Ich-habe-jeden-Trainerschein“-Absolventen und äußerlich ein Tuchel-Sitz-Double), lobt den charismatischen Bauchtrainer- und Fußballschulverweigerer Cardoso und fordert im Gegenzug für Schalke 04, es doch mal mit einem diplomierten Anfänger zu probieren. Willkommen auf der Spielweise Fußballbundesliga, willkommen in der Sportjournalismuskrabbelgruppe Spiegel Online.
Man fragt sich: Verfolgt Rainer Schäfer eigentlich die Bundesliga live oder nur über den publizierten Diskurs? Und vor allem: Bringt er das eine mit dem anderen zusammen? Der von ihm glorifizierte Ralf Rangnick hat mit Schalke von seinem Amtsantritt bis zum Burnout eine ähnlich desaströse Bilanz hingelegt (und ist interessanterweise nach dem spielerischen und taktischen Offenbarungseid gegen den FC Bayern abgetreten). Trotzdem, der Rangnick wird wie immer gelobt. Egal wofür. Ist immer gut.
Dass Huub Stevens nicht so modern daherkommt, sagt doch nichts über seine Kompetenz aus. Und Trainer haben in ihrer Karriere Zyklen: Der junge Heynckes galt als modern, den mittleren Heynckes nannte man bei Real Madrid „el autitisto“ und Frankfurt hat sich nie von der desaströsen Ära Heynckes erholt, dagegen ist der „elder stateman“ Heynckes (Leverkusen, Bayern) besser denn je. Wussten Sie das, Herr Schäfer?
Warum kann das bei Stevens nicht auch so sein? Der Mann kann etwas, dass weiß man auf Schalke, in Köln, in Berlin und auch in Hamburg. Dort holte er jeweils aus Gurkentruppen den Erfolg heraus. Bei Schalke musste damals die Null immer stehen, weil sie bedauerlicherweise auch vorne zu oft stand – mangels Offensivqualität, wie alle wissen, die damals zugeschaut haben. Nun hat Stevens möglicherweise ein offensiv besseres Team – gebt ihm doch eine Chance! Dass Weltklassekicker wie der von Weltklassenfußballsachverstandanaytiker Rainer Schäfer gelobte Huntellar oder Raul überhaupt noch auf Schalke die Schuhe schnüren, liegt daran, dass Supertrainerohnenennenswerteerfolge R.R. ihn nicht verkaufen durfte. Und der eingewechselte Julian Schieber wurde von „Satanas“ Felix M. entdeckt und gefördert.
Aber, was soll’s. Warum mit Fakten hantieren, wenn man auch etwas Gefühltes und Zeitgemäßes schreiben kann. So wie Rainer Schäfer. Nur eines muss man ihm lassen: Ohne Not so aus der Deckung zu gehen und einen solchen Mist zu schreiben, der ihm heute vielleicht nicht das einzige Mal um die Ohren fliegt, ist wenigstens mutig.
Dienstag, 4. Oktober 2011 um 21:35
Guter Artikel, augelibero. Aber du meinst Julian Draxler. Das weißt du. Tief in dir drin.
Mittwoch, 5. Oktober 2011 um 12:59
@zizous Erbe ja, ich meinte draxler. Das war gestern noch zu tief in mir. Danke!
Donnerstag, 6. Oktober 2011 um 14:01
Ich sehe genauso das Huub Stevens für den eingeschlagenen Weg den Rangnick verkörperte nicht der richtige Kandidat ist, ein 2 Jahres Vertrag ist unsinn!