Bundesliga
Aufbruchsstimmung beim HSV
| Montag, 24. Oktober 2011Die Presse zeigt sich angetan vom ersten Spiel des HSV unter der Leitung von Torsten Fink. Außerdem: Doppelte Dortmunder, breitbrüstige Hannoveraner, überforderte Berliner und gefestigte Schwaben
Der erhoffte Befreiungsschlag blieb aus. Der HSV kam gegen Wolfsburg über ein Unentschieden nicht hinaus. Dennoch zeigt sich Jan Kahlcke (taz) begeistert vom Auftritt der Hanseaten: „Nach vier Tagen im Amt hat es Torsten Fink geschafft, dass der HSV beherzt nach vorn spielte, über 70 Minuten Vollgas gab. Die von Fink neu formierte Doppel-Sechs aus Gojko Kacar und Tomás Rincón hielt das Spiel zusammen. Über die Außen hebelte der HSV ein ums andere Mal den Wolfsburger Doppelriegel aus. Und aus dem filigranen Zusammenspiel von Mladen Petrić und Paolo Guerrero hätte viel mehr herausspringen müssen als nur Petrić‘ Ausgleichstreffer zum 1:1, hätte nicht der wieder einmal großartig aufgelegte Diego Benaglio im Wolfsburger Tor Schüsse am Fließband pariert.“
Ungefährlich ist so etwas nicht
Peter Ahrens (Spiegel Online) warnt hingegen vor zu viel Euphorie: „Es gibt in Hamburg seit dem vergangenen Montag, der offiziellen Vorstellung Finks, eine fast flächendeckend um sich greifende Gewissheit, dass dieser HSV mit diesem Trainer überhaupt nicht absteigen kann. Das letzte Mal, dass im Verein und in seinem Umfeld solche Heilserwartungen geweckt wurden, war, als Anfang des Vorjahres der niederländische Weltstar Ruud van Nistelrooy verpflichtet wurde. Man kann im Nachhinein nicht behaupten, dass diese Hoffnungen erfüllt wurden. Fink hat die Stimmung in Hamburg gedreht. Von dem Mehltau, der Stagnation, dem Fatalismus der Oenning-Zeit ist schon binnen Tagen nichts mehr zu spüren. Der Trainer hat es geschafft, eine Bugwelle der Zuversicht in Bewegung zu setzen, und alle springen nur zu gerne auf: die Medien, das Umfeld, die Fans. Die Erwartungshaltung an den neuen Trainer ist geradezu überirdisch. Und Fink hat wenig getan, um sie zu dämpfen. Vom Abstiegskampf war in Hamburg zuletzt nicht mehr viel die Rede. Ungefährlich ist so etwas nicht.“
Frank Heike (FAZ.Net) macht die zweite Hälfte Mut: „Nach der Pause kam das Gezeigte dem versprochenen Fink-Fußball näher. Wach und gestaltungsfreudig zeigte sich der HSV nun, profitierte dabei auch von Wolfsburgern, die nur auf verteidigen und kontern aus waren. Das war doch etwas wenig gegen einen HSV, der in Petric ja immerhin einen der gewieftesten Stürmer der Liga beschäftigt. Wie der Schweizer den Ball nach Kacars Durchstecker in den Strafraum über Benaglio ins Eck hob, hatte Klasse. Alle Hamburger jubelten über den Ausgleich in der 56. Minute – am meisten Thorsten Fink, der Sportchef Frank Arnesen auf der Bank suchte und ihm ausgelassen auf den Rücken sprang. Mit dem Momentum auf Seiten des HSV schwang sich sogar Problemtorwart Jaroslav Drobny zu einer tollen Parade auf, als er Mandzukics Schlenzer übers Tor wischte. Zum Ende hin wollte der stürmische HSV unbedingt gewinnen – eine Tatsache, die Fink erfreut haben wird.“
Was für eine hässliche Begrüßung in Hamburg
Sebastian Gierke (sueddeutsche.de) richtet seinen Blick gen Trainerbank des HSV: „Noch keine Minute war Thorsten Fink für den Hamburger SV bei einem Punktspiel an der Seitenlinie gestanden, schon hatte er einen ersten großen Erfolg vorzuweisen. Er muss nicht einmal spielen, um die Rote Laterne weiterzureichen, es passiert einfach, aufgrund des besseren Torverhältnisses gegenüber dem SC Freiburg. Nach einer Minute und fünf Sekunden hatte Thorsten Fink den ersten großen Rückschlag als HSV Trainer zu verkraften. Er war wieder Tabellenletzter. Wolfsburg hatte getroffen. Was für eine hässliche Begrüßung in Hamburg. Thorsten Fink lächelte. So, wie sehr selbstsichere Menschen lächeln, wenn man sie auf den Arm nimmt. Ein bisschen überheblich, ein bisschen ungläubig. Gleichzeitig trat er von einem Bein auf das andere, wie es sehr unsicher Menschen tun, wenn man sie auf den Arm nimmt. Was würde jetzt passieren? Bricht der HSV auseinander? Oder reicht das Bayernblutdoping durch Fink, gebürtiger Dortmunder aber gefühlter Münchner, schon aus, um trotz dieses Rückschlages den Plan des Trainers umzusetzen? Die Hamburger brachen nicht zusammen. Zwar war ihnen in einigen Situationen die Verunsicherung anzumerken, insgesamt hatten sie allerdings mehr vom Spiel als die Wolfsburger. In einigen Situationen war sogar ein System zu erkennen.“
Von den Kölnern war in Dortmund so gut wie nichts zu sehen. Jürgen Schmieder (sueddeutsche.de) bedankt sich dennoch bei Lukas Podolski: „Die Dortmunder wirkten wie eine höchst abgezockte Elf, die einer A-Jugend eine Lehrtunde erteilt – während der Kölner Nationalstürmer immerhin einen traurigen Rekord vermied: Er schoss in der 86. Minute aufs Tor – eine Partie ohne Torschuss ist seit Einführung flächendeckender Statistiken in der Bundesliga noch keiner Mannschaft gelungen.“
Oliver Müller (Welt Online) wundert sich über den BVB: „Sie waren heftig kritisiert worden. Zu jung seien sie, nicht abgezockt genug und zu phlegmatisch. Die Spieler von Borussia Dortmund mussten harte Worte über sich ergehen lassen, nachdem sie in der Champions League 1:3 bei Olympiakos Piräus verloren hatten. Es scheint derzeit so, als sei die internationale Bühne noch eine Nummer zu groß für den BVB. Auf der nationalen hingegen brilliert der Deutsche Meister wie gehabt. Damit festigte Dortmund Platz zwei in der Tabelle und seine Rolle als Bayern-Jäger Nummer eins. So groß und berechtigt die Freude darüber auch ist: Angesichts der schwankenden Leistungen stellt sich die Frage, ob es zwei Dortmunds gibt? Zumindest ist der BVB im Herbst 2011 eine Mannschaft mit zwei Gesichtern: In der Bundesliga hat sie die Sache weitestgehend im Griff, während sie international teilweise vorgeführt wird.“
Ein hochinteressantes Duell der Systeme
In Hannover endet der Siegeszug der Bayern. Andreas Burkert (SZ) fühlt sich in der AWD-Arena bestens unterhalten: „Es entwickelte sich ein hochinteressantes Duell der Systeme. Da die auf Konter lauernden Hannoveraner, die rasant das Mittelfeld überbrückten. Dort die zum Teil bestechend kombinierenden Bayern. Der angemessene Platzverweis gegen Boateng verschärfte die Ausgangslage noch, zu zehnt drängte der schwer beleidigte Tabellenführer giftig auf den Ausgleich, Ballkontrolle wurde durch Ballbeschleunigung ersetzt. Hannover gefiel diese Konstellation, es ergaben sich noch mehr Räume für Überfälle in Überzahl.“
Hertha leidet ein wenig unter der eigenen Geschichte
In Berlin ärgerten sich fünfzigtausend Zuschauer über neunzig Minuten Langeweile. Stefan Herrmanns (Tagesspiegel) weiß warum: „Hertha leidet ein wenig unter der eigenen Geschichte. Dass von der Mannschaft mehr erwartet wird, als sie zu leisten imstande ist, zeigte sich am Samstag nach dem Abpfiff. Das 0:0 gegen den Tabellenfünften der Vorsaison wurde von Herthas Fans mit wütenden Pfiffen bedacht. Die bisherigen Ergebnisse der Berliner wirken ein wenig so, als wären sie am Würfeltisch zustande gekommen. Hertha hat beim Tabellenzweiten Dortmund gewonnen, den Dritten Stuttgart geschlagen – sich gegen den Fünfzehnten Mainz aber keine echte Torchance erspielt. In Wirklichkeit sind solche Resultate typisch für einen Aufsteiger. Die Mannschaft lebt sehr stark von ihrer Mentalität und profitiert davon, wenn die anderen der Favorit sind – das ist weniger eine Frage der Einstellung als der taktischen Möglichkeiten.“
Ideenloser Durchschnitt
Auch in Nürnberg gab es keinen Sieger. Fabian Schmidt (Stuttgarter Zeitung) bescheinigt dem VfB eine gefestigte Struktur: „In der vergangenen Saison hätte der VfB Stuttgart solche Spiele verloren. Doch in dieser Saison hat die Mannschaft des Trainers Bruno Labbadia das nötige Glück. Unter dem Strich geht das Unentschieden beim 1. FC Nürnberg in Ordnung. Beide Teams waren über weite Strecken ideenlos, die Zuschauer sahen eine durchschnittliche Bundesligapartie, die sich von einer schwachen nur durch die vier Tore unterschied. Die Stuttgarter fabrizierten besonders in der ersten Hälfte zu viele Fehlpässe und waren in der Defensive das ein ums andere Mal unkonzentriert. Daraus resultierten auch die beiden Gegentore nach Standardsituationen. Dass der VfB zweimal zurückkam, zeigt jedoch auch, dass das Team in dieser Runde gefestigter ist.“
Kommentare
4 Kommentare zu “Aufbruchsstimmung beim HSV”
Montag, 24. Oktober 2011 um 14:12
Nichts über die Fifa?
Montag, 24. Oktober 2011 um 14:22
Die Bundesliga hat am Montag Vorrang. Einen Ansatz bietet heute der fdt. Leider haben wir beim if momentan einige Engpässe, daher wird die Fifa am Freitag gesondert und gesammelt behandelt werden.
Donnerstag, 27. Oktober 2011 um 12:09
Ohne den taeglichen Freistoß fehlt was. Woran hängt es denn?
Donnerstag, 27. Oktober 2011 um 13:29
Ich melde mich demnächst mit einem Update in Sachen freistoss.