indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Ballschrank

Zehn Jahre indirekter freistoss – auch mein Jubiläum

Oliver Fritsch | Sonntag, 27. November 2011 13 Kommentare

Der „indirekte freistoss“ feiert heute zehnjähriges Jubiläum und ich mit ihm, am 27. November 2001 habe ich hier den ersten Presseschau-Beitrag veröffentlicht. Leider ist er nicht mehr abrufbar, nur der lyrische Titel ist erhalten: „Unterschiedliche Auffassungen und doch Einigkeit – Vor dem Weltcup-Finale Bayern München gegen Boca Juniors und die unterschiedliche Bewertung der Beteiligten und der Öffentlichkeit im Vorfeld“. Klingt nach einer Doktorarbeit in Kultursoziologie, kommt wohl daher, dass ich damals an der Uni in Gießen gearbeitet habe.

Dieses Projekt war mein Quer-Einstieg in den Beruf, mit ihm habe ich mir einen Namen gemacht. Manche Kollegen verbinden mich heute noch mit dem freistoss. Ich verwandelte ihn bis Mitte 2009 selbst, fast täglich, seitdem bin ich noch als Berater, Netzwerker und Qualitätskontrolleur dabei. Mein Job bei der Sportredaktion von Zeit Online nimmt mich seit Oktober 2008 in Anspruch, außerdem fühle ich mich des Presseschauens entwachsen.

Gegründet habe ich den indirekten freistoss, um den seriösen Stimmen mehr Gewicht zu geben. Meinung gemacht wird ja nach wie vor woanders: bei Bild und im Fernsehen. Vielleicht ist deren Macht im Fußball im letzten Jahrzehnt ein wenig geschrumpft, ich kann mich aber auch täuschen.

Der indirekte freistoss hat mir auch deshalb Spaß gemacht, weil mir als Literaturstudenten die Arbeit mit Texten und deren Analyse liegt. Eine professionelle oder kommerzielle Absicht steckte zunächst nicht dahinter, zumindest kann ich mich nicht daran erinnern.

freistoss 2002

Im Internet hat sich in zehn Jahren viel getan, was eine Untertreibung ist. Etwa wird Online als Informationsquelle ernster genommen, auch wenn dieser Prozess in Deutschland typischerweise extrem langsam vor sich geht. Noch keine drei Jahre her, da traf ich einen Studenten, der Sport-Blogs nicht las, weil „im Internet ja jeder anonym was schreiben kann“. Er hatte den kicker in der Hand.

Den alten freistoss kann man sich in verschiedenen Stufen auf Archivseiten anschauen (2002, 2009). Beim ersten Blick erkennt man: Das waren Pionierzeiten. Die Seite lief über Net Objects Fusions, einem html-Generator für Einsteiger, für Technikunbefangene wie mich. Dazu gab es einen Text-Newsletter, der sich bis heute gehalten hat. Web 1.0, wenn überhaupt. Inzwischen haben Blogs, Facebook, Twitter, Youtube die Art des Bloggens (und des Journalismus) verändert.

freistoss 2009

Ich habe gelernt, der Journalist sollte seine Haut zu Markte tragen. In den Anfangszeiten habe ich mich als Autor sehr zurückgehalten, es galt: alles Tun im Dienste der Marke indirekter freistoss. Viele Leser glaubten daher, es steckte ein ganzes Team hinter dem „Magazin“. Heute meine ich zu wissen, dass man selbst ab und an in den Vordergrund treten, Ich-Botschaften senden muss, wenn man glaubwürdig sein will – vor allem natürlich bei der direkten Kommunikation mit dem User. Der Journalist ist selbst zur Marke geworden.

Zur Markenbildung OF hat natürlich der dreieinhalbjährige Hartplatzhelden-Prozess beigetragen. Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren haben wir die Seite gelauncht. Auch sie ist inzwischen nicht mehr ganz „uptodate“. Nach diesem Rhythmus müsste jetzt, im November 2011, eigentlich wieder was passieren. Aber es wird kein drittes Baby geben. Sagen wir vorerst.

Ich will aber versuchen, den indirekten freistoss am Leben zu halten und ihn wieder auf werktägliche Postings zu erweitern. Wir haben ja ein kleines, gutes Team beisammen. Was fehlt, ist ein (nennen wir ihn) Projektmanager, der sich nahezu täglich mit der Fußballpresse auseinandersetzt. Was auch fehlt, sind entsprechende Erlöse. Bislang zahlen wir, der Webmaster Guy Simonow und ich, bloß symbolische Honorare. Mal sehen, ob wir ein Budget zusammenbekommen.

In Hamburg sagt man Tschüss. Seit Januar 2010 war ich Trainer der SV Blankenese in der Landesliga Hammonia. Heute war mein letztes Spiel, denn ich höre auf. Ich bin Freiberufler, das Trainer-Sein raubt sehr viel Zeit und Flexibilität, manchmal auch Aufmerksamkeit. Das Ende war ein bisschen trüb, ein mageres 1:1 bei Concordia 2, das erst der fünfte Punkt für den Tabellenletzten war. Passend dazu Schiet Wetter. Ich bin ein bisschen traurig. Aber wir schließen die Hinrunde auf Platz 8 im gesicherten Mittelfeld ab. Ich kann sagen, ich war keine zwei Jahre in Blankenese und habe drei Mal den Klassenerhalt geschafft.

Höhepunkte aus zehn Jahren:

bildblog über das zurückgezogene Interview mit Lutz Lüttig, dem Bild-Journalisten, der mit seiner Redaktion hart über die Klinsmann-Berichterstattung ins Gericht ging

Interview mit Theo Zwanziger (huch, Doktortitel vergessen) über den Demagogenstreit: „Ich bin kein Prozesshansel“

Meine Ich-Reportage vom Hartplatzhelden-Prozess für brand eins: „Fußball gehört allen“

„Fußball ist für alle da“ – Interview mit Thomas Mrazek für das Branchenmagazin Berliner Journalisten

Klinsmann-Dokumentation 2006

Der indirekte freistoss im Jahr 2004 mit Intro (welch Mätzchen)

Kommentare

13 Kommentare zu “Zehn Jahre indirekter freistoss – auch mein Jubiläum”

  1. jw
    Montag, 28. November 2011 um 00:46

    Glückwunsch, mein Lieber!

    Netzjahre sind vielleicht nicht Hundejahre, aber doch viel mehr. Nach dieser Theorie näherst Du Dich dem Greisenalter. Ein Platz in den Geschichtsbüchern ist Dir mit dieser Idee gewiss.

    Zum Jubiläum wünsche ich mir als nichtzahlender Schmarotzer, dass der Freistoß wieder politischer, pontierter und damit unverwechselbar und unverzichtbar wird. Leider fehlt der Presseschau derzeit das journalistische Profil. Nullachtfünfzehn Fußballberichte reißen nicht vom Hocker.

    Herzliche Grüße an den ehemaligen Coach

  2. woki04
    Montag, 28. November 2011 um 07:46

    Hey
    Alder

    das IST schon , in diesem Fall, echt ne Gratulation wert !

    Das Du in HH aufhörst finden, glaube ich,
    Deine Mannen dort nicht so prickelnd.

    Hast Du sie doch vorm Abstieg bewahrt; wie ich das aus dem Westen bis hin in den Norden
    mitbekommen habe.

    VG &
    GlückAuf > Oliver Fritsch <

  3. Magic
    Montag, 28. November 2011 um 10:15

    Gude Oli,

    herzlichen Glückwunsch zum Jubeljäum! Der indirekte-freistoss ist tatsächlich nicht mehr wegzudenken aus der hiesigen Fußball-Presselandschaft. Respekt, mein Herr!

    Es ehrt Dich vor allem, dass Du den Beginn Deiner Dienste am Fußball-Fan zu einem historischen Zeitpunkt gewählt hast: Bayerns Weltpokal-Triumph, der zugleich der letzte deutsche Sieg in diesem Wettbewerb war. Samy Kuffour in der Verlängerung, aber wem erzähl ich das!

    Cheers! Und weiter so…
    Magic 🙂

  4. Jakob
    Montag, 28. November 2011 um 11:03

    Danke für stets sehr unterhaltsame Lektüre und Gratulation zu diesem Jubiläum!

  5. Dieter Kroh
    Montag, 28. November 2011 um 11:31

    Herzlichen Glückwunsch, lieber Oli, zum Jubiläum (jetzt feiern Kinder schon ihren 10-jährigen Internet-Auftritt…).

    Dein Einsatz hat sich gelohnt! Mach´ weiter so!!!
    Alles Gute!!
    Dein Leser seit der ersten Ausgabe!
    Dieter

  6. heinzkamke
    Montag, 28. November 2011 um 13:45

    Herzlichen Glückwunsch!

  7. Dirk
    Montag, 28. November 2011 um 16:17

    Glückwunsch; ich habe oft und gerne gelesen!
    Dirk

  8. Harald Kayser
    Montag, 28. November 2011 um 20:37

    Ich wiederhole mich hier fürs Jubiläum gern:

    Ein „Welt-Newsletter“!

    Tschöö
    Harald Kayser

  9. Anonymous
    Montag, 28. November 2011 um 23:45
  10. Winfried Kropp
    Montag, 28. November 2011 um 23:46

    Zehn Jahre gibt es ihn schon? Man kann die Leistung des indirekten freistosses gar nicht hoch genug schätzen. Die Presseschau hat gerade in ihren Anfangszeiten deutlich gemacht, dass die Meinungsmache von Bild & Co genau so wenig die Deutungshoheit im deutschen Fussball hat wie die Langeweile des Kicker, sondern dass sich kritischer guter Journalismus auch mit Fussball befasst. Auch wenn der indirekte freistoss zur Zeit nicht mehr das ist, was er einmal war, bleibt dennoch festzuhalten: Oliver, Sie haben sich mit diesem Projekt um den Fußball verdient gemacht!

  11. Lena
    Dienstag, 29. November 2011 um 20:29

    Dann mal herzliche Gratulation. 10 Jahre im Netz ist ja schon fast bisschen wie der Ballack der Netzperlen. 😉

    Unvergessen und grandios die WM Berichterstattung vom Sommermärchen. Große Klasse, Weltklasse. Da war der indirekte freistoss weit voraus.

    Nach 10 Jahren: Presse ist nicht mehr Presse. Zeit sich anzupassen. Mehr Blogs beachten!

  12. lateral
    Donnerstag, 1. Dezember 2011 um 20:52

    Glückwunsch!

  13. lateral
    Freitag, 2. Dezember 2011 um 14:52

    Mein Glückwunsch! Danke, Oliver, für den idf!

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