Bundesliga
Bayern versus Dortmund – die Borussia zieht weiter davon
| Montag, 5. März 2012Sieben Punkte Rückstand auf Borussia Dortmund: Für Bayern-Präsident Uli Hoeneß bahnt sich eine zweite Saison ohne Meisterschaftstitel an. Außerdem: Sorgen in Köln und der SC Freiburg von gestern und heute
Nach der Niederlage geben Bayer Leverkusen geht beim FC Bayern so langsam die Angst um. Vor allem Präsident Uli Hoeneß leidet. Jürgen Schmieder (SZ) beschäftigt sich mit dem angeschlagenen Münchener Oberhaupt: „Es war ein schwieriger Nachmittag für Hoeneß, es ist eine schwierige Rückserie für Hoeneß – es ist eine wahnsinnig schwierige Präsidentschaft für Hoeneß. In der Saison, in der er als Manager zurückgetreten war, wurde der FC Bayern Meister und Pokalsieger und erreichte das Finale der Champions League. Es folgte eine Saison ohne Titel – und seit der Winterpause nimmt eine weitere trophäenlose Spielzeit von Woche zu Woche mehr Gestalt an. Da ist nicht nur die Bilanz der aktuellen Saison in Gefahr. Durch die hartnäckigen Dortmunder ist die Stellung des Vereins als unangefochtene Nummer eins im Land in Gefahr. Uli Hoeneß kann sein Erbe noch lange nicht als geordnet ansehen.“
Marcel Reif (Tagesspiegel) geht schon mal in Deckung: „Gelassenheit ist nicht zu erwarten in den nächsten Tagen in München. Ganz bestimmt nicht. Schon mal gar nicht nach der Niederlage in Leverkusen. Was nützt es, dass sie phasenweise das Spiel dominierten, die Bayern? Nichts. Gar nichts. So lange Borussia Dortmund weiter seine Bahn zieht. So lange die Bayern aus ihrem Spiel keine Punkte ziehen. Ob die Meisterschaft mit dieser Niederlage entschieden ist zugunsten der Dortmunder? Schwer zu sagen. Aber ob die Bayern in dieser Angelegenheit noch eingreifen, das ist kaum noch anzunehmen. Sicher ist nur, dass Uli Hoeneß in der kommenden Woche mit all seinem gewaltigen Temperament heftige Zeichen setzen wird. Sehr heftige.“
Jupp Heynckes: Mitarbeiter des Monats?
Abgesehen vom Präsidenten geben sich die restlichen Verantwortlichen beim FC Bayern eher ruhig und gelassen. Stefan Osterhaus (taz) schmunzelt über die ungewohnte Entspanntheit an der Säbener Straße: „Manager Nerlinger meinte: „Wir müssen nicht von der Meisterschaft reden“. Weiß man neuerdings um den Wert des guten Zweiten? Völlig neue Töne also aus München. Krise? Nun ja, man muss ja nicht jede Aufregung mitmachen. Das überlassen wir mal schön den anderen. Hysterie war gestern. Außerdem: Eitelkeiten müssen nicht sein. Insofern ist es nur konsequent, dass Jupp Heynckes die Trainerdiskussion begrüßt, ja sie vielleicht sogar durch sein uneigennütziges Verhalten erst eröffnet hat. Es zählt das Große. Und das Ganze. Es zählt der FC Bayern. Damit hat sich Heynckes in Position für den Mitarbeiter des Monats gebracht.“
Tim Röhn (Spiegel Online) vermisst den Zusammenhalt innerhalb der Bayern-Mannschaft: „Nach guten, aber torlosen 30 Minuten zerfiel die Mannschaft mit zunehmender Spielzeit immer weiter, bis sie nur noch ein Haufen Individualisten war. Immer wieder schüttelten die Stars den Kopf oder hoben verzweifelt die Arme. Der Grund war selten ein eigener Fehler, sondern meist der eines Mitspielers. Der eine schien den anderen nicht zu verstehen. Statt in schwierigen Situationen solidarisch aufzutreten, versuchte in Leverkusen jeder für sich, die bestmögliche Einzelleistung abzuliefern. Das Ergebnis: ein hektisches, wenig durchdachtes Spiel nach vorne und fehlende Abstimmung in der Defensive.“
Unermüdliche Dortmunder Spielwut
Während beim Rekordmeister Trübsal geblasen wird, ziehen die Dortmunder unbeirrt ihre Kreise: Freddie Röckenhaus (SZ) befasst sich mit beeindruckenden Zahlen: „Zehn Spieltage vor Saisonende, sieben Punkte Vorsprung auf den FC Bayern, in sieben Rückrundenspielen zehn Punkte mehr geholt als der Rekordmeister, erstmals auch im Torverhältnis vorbeigezogen, acht Spiele in Serie gewonnen, seit 18 Spielen ungeschlagen, davon 15 mal gewonnen: Man könnte meinen, dass die Argumente für Borussia Dortmund allmählich ausreichen, um eine erfolgreiche Titelverteidigung zumindest nicht mehr auszuschließen. Auch gegen Mainz05 donnerte die geballte Wucht der Mannschafts-Maschinerie wieder derart über den Gegner hinweg, dass selbst neutrale Zuschauer ihre Freude an der unermüdlichen Spielwut der Dortmunder hatten.“
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Frank Hellmann (taz) verneigt sich vor dem Dortmunder Ensemble: „Allein Wille und Wucht verschaffen dieser versessenen Mannschaft eine Ausnahmestellung. Nach den Steilvorlagen von Bayern und Schalke hat es keine Gala gebraucht. Der filigrane Ilkay Gündogan hat so oft gegrätscht wie in Nürnberg in einer ganzen Saison, der einst als lethargisch gebrandmarkte Jakub Blaszczykowski beackerte mit Lukasz Piszczek fleißig die rechte Flanke. Und über die Arbeitsauffassung eines Shinji Kagawa sind ohnehin nicht viele Worte zu verlieren. Nicht zu unterschätzen ist zudem das Ambiente, in der diese Belegschaft Fußball spielt: Die Lust und Leidenschaft einer Stadt und ihrer Menschen, den Idolen zu huldigen – diese Sympathiewelle wirkt wie ein Kontrastprogramm zur herrschenden Distanz in München-Fröttmaning.“
Es fehlt an allen Ecken und Enden
Trotz des Punktgewinns in Hoffenheim befindet sich der 1. FC Köln weiterhin in akuter Abstiegsgefahr. Vor dem Spiel erstellt Thomas Klemm (FAZ) eine Mängelliste: „Es fehlt im Bundesligakader an erstklassigen Profis, die jene Stammkräfte ersetzen können, die derzeit wegen Verletzungen ausfallen. Es fehlt in der Mannschaft an Moral, so dass Disziplinlosigkeiten und gegenseitige Schuldzuweisungen Einzug hielten. Es fehlt zwischen Trainer Ståle Solbakken und Sportdirektor Volker Finke an einem Umgang, der über unterkühlte Professionalität hinausgeht. Es fehlt seit Wolfgang Overaths Rücktritt vor vier Monaten ein Präsident, der ein Machtwort sprechen könnte. In der nächsten Saison wird dem 1.FC Köln wohl auch derjenige fehlen, der seit Jahren das Gesicht des Vereins ist und in der laufenden Spielzeit mit seiner individuellen Klasse die meisten kölschen Schwächen und Scherereien vorübergehend vergessen ließ: Lukas Podolski.
Vor gut einer Woche ging uns leider noch ein lesenswerter Artikel durch die Lappen. Peter Unfried (taz) geht es dabei um die Frage, ob der SC Freiburg von heute nicht mehr der SC Freiburg ist, wie ihn Fußballfeuilletonisten einst erschufen.
Kommentare
1 Kommentar zu “Bayern versus Dortmund – die Borussia zieht weiter davon”
Dienstag, 6. März 2012 um 21:23
Also wer Wolfgang Overath als Präsidenten des 1.FC Köln hinterhertrauert, der hat die letzten nicht viel vom Fussball aus der Domstadt mitbekommen.
Vielleicht einfach mal zählen wieviele Trainer Köln in den letzten 10 Jahren verschlissen hat. Die Probleme im aktuellen Kader, die zweifelsfrei vorhanden sind, sind die Spätfolgen der Overath Ära in der alles zu sehen war, nur keine erkennbare Strategie oder das Rückgrat mal einen Trainer länger als ein Jahr arbeiten zu lassen. Daraus folgte ein aufgeblähter Kader, den die aktuelle sportliche Leitung langsam dezimiert.
Überhaupt ist es absurd der aktuellen sportlichen Leitung den Kader in die Schuhe zu schieben, zumal auch die finanziellen Möglichkeiten stark eingeschränkt sind. Das zeigt sich mehr als deutlich in der Verpflichtung von Chong Tese, zu mehr ist der Verein finanziell zur Zeit einfach nicht fähig.
Die Verpflichtung ein paar junger Nachwuchsspieler zeigt eigentlich wo die Reise unter Finke und Solbakken hingehen soll. Dazu braucht der Verein allerdings etwas zu dem weder die Kölner Presse noch Teile der Anhängerschaft fähig sind. Geduld.