Bundesliga
Ein Derby mal anders
| Montag, 2. April 2012Am Rhein geht es drunter und drüber. Nach der Trainerentlassung in Leverkusen und der Posse um Köln-Coach Stale Solbakken, betreibt die Presse Ursachenforschung
Die rheinische Fußballkrise spitzt sich weiter zu. Während in Leverkusen Trainer Robin Dutt freigestellt wird, hält der 1. FC Köln vorerst an Coach Stale Solbakken fest. Richard Leipold (FAZ) schmunzelt über Kölner Einheitlichkeit: „Beim 1. FC Köln wird nicht mehr groß über Fehler des Managements diskutiert, sondern darüber, ob überhaupt noch ein Management vorhanden ist. Die Mannschaft hat sich den Verhältnissen in der Chefetage des Geißbockheims eindrucksvoll angepasst. Sie verliert in der Rückrunde ein Spiel nach dem anderen.“
Frühjahrsputz rheinische Art?
Philipp Selldorf (SZ) mischt sich unter die Trainingskiebitze am Geißbockheim: „Zuschauer bewerfen das Ensemble mit Kamelle und Lutschern. Jene von den Kritikern verrissenen Spieler betreten anschließend der Reihe nach das Büro des Theaterdirektors Claus Horstmann und geben ihre Stimme für oder gegen Solbakken ab. Hunderte Kölner harren gebannt aus, wie das Stück weitergeht. Das kleine Schauspielhaus in Aachen meldet derweil: Alemannia schickt Friedhelm Funkel heim. Über den Titel der Inszenierung lässt sich nur fantasieren: ‚Das Derby‘? ‚Frühjahrsputz rheinische Art‘? Oder: ‚Nordic Walking‘?“
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Rafael Buschmann (Spiegel Online) stellt elementare Fragen: „Wie ein Trainer, der so öffentlich von einem Verein vorgeführt wird, dieses verunsicherte Team noch auf den richtigen Kurs bringen soll, ist allerdings mehr als fraglich. Wenn dazu der Geschäftsführer ein derart struktur- und konzeptloses Bild abgibt, stellt sich die Frage: Ist dem FC die Professionalität vollkommen abhanden gekommen?“
Ist Solbakken nicht einfach nur eine Marionette?
Daniel Uebber (goal.com) wundert sich über ungewöhnliche Aufgabenverteilung beim 1. FC Köln: „Ist ein Trainer, der vom Geschäftsführer aufgetragen bekommt, wie er zu trainieren und wen er aufzustellen hat, nicht in Wahrheit nicht einfach nur eine Marionette? Warum bekennt man sich zu Solbakken, schreibt ihm aber vor, wie er seine Arbeit zu erledigen hat? Ein wirklicher Vertrauensspruch sieht definitiv anders aus.“
Joachim Schmidt (General-Anzeiger)blickt ungläubig in Richtung Domstadt: „Beim 1. FC Köln ist man am Sonntag, anders als zum gleichen Zeitpunkt bei den Nachbarn in Leverkusen und Aachen, einen anderen Weg gegangen. Stale Solbakken zu halten, war mutig. Aber das Spiel mit dem Feuer ist wohl auch aus der Not geboren. Denn hätte Claus Horstmann nach Sportdirektor Volker Finke auch noch den Trainer entlassen, hätte er gleich mitgehen können. Schließlich wollte er mit diesem Duo den Verein in eine bessere Zukunft führen. Stattdessen steht er jetzt am Abgrund.“
Ein heillos zerrüttetes Verhältnis
In Leverkusen kam es am Tag nach der Niederlage gegen Freiburg zu einem fliegenden Wechsel. Andreas Burkert (SZ) sitzt während der Pressekonferenz in der ersten Reihe: „Dann stand Dutt auf und verließ den Saal durch eine Seitentür zum Aufzug. Zurück blieben Rudi Völler, Wolfgang Holzhäuser und die Tür. Durch diese trat eine Minute später der Nachfolger herein: Sami Hyypiä, der neue Teamchef. Es menschelte also am Ende dieser komplizierten Beziehung ein wenig. Und doch bleibt nach dem wohl nur interimistischen Wechsel auf Hyypiä das Bild eines heillos zerrütteten Verhältnisses zurück. Gegen seine Freiburger Freunde verlor Dutt, das realisierte er selbst, endgültig den Zugang zum Team, zu dessen Spiel und dem Publikum.“
Daniel Theweleit (taz) nimmt sich die Bayer-Chefetage zur Brust: „Die Leverkusener Hauptverantwortlichen haben natürlich zu den Entwicklungen beigetragen. Sie haben Dutt eine Mannschaft mit dem Quertreiber Michael Ballack übergeben, zu hohe Erwartungen geschürt, die Qualität der Abwehrspieler überschätzt und dem Trainer den Auftrag erteilt, die Spieler ein bisschen aus ihrer Bequemlichkeit herauszuholen. Das hat zu Konflikten geführt.“
Wie ein Déjà-vu
Rafael Buschmann (Spiegel Online) sieht die Schuldigen ebenfalls eher auf der Tribüne sitzen: „Sechs Trainer führten in den vergangenen siebeneinhalb Jahren die Lizenz-Mannschaft von Bayer Leverkusen. Sechs Trainer, sechs unterschiedliche Führungs- und Spielphilosophien. Die sportliche Bilanz aus dieser Zeit lautet: null Titel. Es ist nicht nur die Bilanz von Bayer Leverkusen, sondern in erster Linie das Fazit eines Führungstrios, bestehend aus Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, Sportdirektor Rudi Völler und Sportmanager Michael Reschke. Das Trio lenkt seit 2004 die Geschicke des Clubs und machte dabei nur selten eine wirklich gute, souveräne und geduldige Figur. Die aktuelle Saison muss den dreien wie ein Déjà-vu vorkommen.“
Christian Oyenhausen (ksta.de) erinnert an erste Reibungen zu Beginn der Amtszeit von Robin Dutt: „Als er noch glaubte, Leverkusen würde genauso funktionieren wie Leonberg, Ditzingen und Freiburg, war er beim Werksklub schon schwer angeeckt. In Leverkusen sahen manche schnell einen nassforschen Besserwisser mit einer bescheidenen Spieler-Vita. Um zu überzeugen, hätte Robin Dutt größere Anfangserfolge gebraucht. So gerieten Dutts Mission und seine Mannschaft gleich am Anfang ins Ungleichgewicht. Der Rest war ein Scheitern mit langem Anlauf und mehr oder weniger gelungenen Reparaturversuchen der Chefetage.“
Kommentare
3 Kommentare zu “Ein Derby mal anders”
Montag, 2. April 2012 um 13:18
Cooler Verschreiber: Robin Futt. Aber ansonsten gefällt mir die Analyse von Christian Oyenhausen eigentlich am besten.
Donnerstag, 5. April 2012 um 07:34
Vielleicht sollten einige Herrschaften der Kölner Presse mal darüber nachdenken das einzig und allein sie das „Chaos“ am Sonntag in Köln verursacht haben.
Wer schon vorab meldet das Solbakken entlassen ist ohne das es irgendwas offizielles vom Verein gibt, sollte auch einfach mal zugeben das sie selbst Sch…… gebaut haben. Aber nein, es wird ein chaotischer Tag konstruiert. Manchmal mach‘ ich mir die Welt wie sie mir gefällt.
Donnerstag, 5. April 2012 um 14:07
Coole Komma-Setzung, Juergen!