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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Bundesliga

Der Drops ist gelutscht

Kai Butterweck | Montag, 16. April 2012 8 Kommentare

Drei Spieltage vor Ende der Saison gratuliert die Presse den Dortmundern bereits zur Titelverteidigung. Außerdem: kämpfende Augsburger und dunkle Wolken in Bremen, Kaiserslautern und Köln

Rechnerisch fehlen den Dortmundern nur noch zwei Punkte zum Titel. Peter Hess (FAZ) beschäftigt sich mit hungrigen Westfalen: „Was hat den Ausschlag gegeben für die erfolgreiche Dortmunder Titelverteidigung? Es waren Kleinigkeiten, auch wenn die Kluft zwischen Dortmund und München angesichts der acht Punkte Differenz recht deutlich erscheint. Der größte Unterschied, der deutlich wurde, war der Faktor Gier. Die Bayern haben schon zu viel gewonnen, als dass sie noch richtig gierig sein könnten – das gilt für fast alle Profis und die sportliche Führung sowieso. Allein den 19 Jahre alten David Alaba und den 32 Jahre alten Ivica Olic könnte man sich im Borussen-Trikot vorstellen.“

Die unwichtigste Partie des Münchner Fußballjahres

Holger Gertz (SZ) blickt nur noch in Richtung Königsklasse: „Mit ihrem Derbyerfolg am Nachmittag auf Schalke bedachte die Borussia den Rivalen diesmal aus der Distanz mit der nächsten Demütigung. Denn sie degradierte die am Abend folgende Auseinandersetzung der Bayern mit Mainz zur unwichtigsten Partie des Münchner Fußballjahres. Sorry, verehrte Nullfünfer, aber dieses Spiel brauchte jetzt wirklich niemand mehr, nur 74 Stunden vor dem großen Knüller gegen Real Madrid.“

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Sebastian Krass (Tagesspiegel) tadelt Bayerns Reservisten: „Die Bayern gingen dieses Spiel so engagiert an, als handele es sich um das erste Vorbereitungsspiel in der Sommerpause.  Auch die an diesem Tag eingesetzten Reservespieler schienen nicht übermäßig interessiert daran, sich zu empfehlen. Einzig Ivica Olic spulte Kilometer um Kilometer ab. Mancher seiner Sprints war verdienstvoll, mancher aber auch sinnlos. So zeigte dieses Spiel recht anschaulich einen der Gründe, warum die Bayern diese Saison als Zweiter abschließen werden: weil sie die schlechtere Ersatzbank haben im Vergleich zu Dortmund.“

Ein Bild von großer Symbolkraft

Daniel Theweleit (taz) freut sich besonders für Sebastian Kehl, der beim letztjährigen Titelgewinn verletzungsbedingt zum Zuschauen verdammt war: „Der ehemalige Nationalspieler steht seit über zehn Jahren bei Borussia Dortmund unter Vertrag, er wurde gleich im ersten Jahr Meister, erlebte dann die finstere Zeit der Finanzkrise, und jetzt wird er es sein, der die Meisterschale am 5. Mai in Empfang nimmt. Ein Bild von größerer Symbolkraft für die Auferstehung der Borussia kann es nicht geben, und Kehl wird mächtig stolz sein auf diese gereifte Mannschaft, die inzwischen alle Stilformen eines erfolgreichen Bundesligafußballs beherrscht.“

Jürgen Schmieder (SZ) verneigt sich vor dem Borussen-Coach: „Jürgen Klopp gelingt es nicht nur, seine Spieler ein wenig besser zu machen. Er schafft es, dass sie daran glauben, viel besser zu sein und dass sie die derzeit beste Mannschaft der Bundesliga sind.“

Ist es nicht eigentlich längst verboten, die Spielfelder so zu beackern?

Andreas Rüttenauer (taz) befasst sich augenzwinkernd mit dem Treiben in Augsburg: „Beim FCA wird gespielt, als hätte sich der Fußball seit Hans-Peter Briegel nicht weiterentwickelt. Ist es nicht eigentlich längst verboten, die Spielfelder so zu beackern? Geben die Statuten der DFL in dieser Hinsicht nichts her? Zwangsabstieg? Die Augsburger sollten sich ein Beispiel am 1. FC Kaiserslautern nehmen. Da zeigt man, dass es auch anders geht. Man kann nicht nur gegen den Abstieg spielen, sondern auch für den Abstieg.“

Werder spielt in grün, aber geht in grau

Holger Gertz (SZ) sorgt sich um Werder Bremen: „Werder schwebt nicht mehr, Werder ist gelandet. Die vergangene Saison war horrend, die aktuelle entwickelt sich ähnlich. Werder spielt in grün, aber geht in grau. Das Team zerfällt, wie gerade gegen Stuttgart, es zerfällt auf und neben dem Platz. Pizarro redet seit Wochen über einen Vereinswechsel. Naldo wollte schon im Winter nach Brasilien. Sokratis nutzt jede Gelegenheit, um darauf hinzuweisen, dass ein unzufriedener Profi seinem Klub nichts bringt. Was diese drei Publikumslieblinge vorbringen, ist schmerzhafter als das, was die Tabelle sagt: Es hört sich so an, als wäre es eine Strafe, für Werder spielen zu müssen.“

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Es ist ein Elend

Tobias Schächter (FR) sendet deutliche Worte in die Pfalz: „Es kommt tatsächlich fast einer Folter gleich, Spiele dieser Mannschaft anzuschauen. Schon zum 21. Mal hat sie es nicht geschafft, ein Bundesligaspiel zu gewinnen. Und es ist noch immer nicht vorbei. Das ist vielleicht die schlimmste Nachricht, die es nach diesem erneuten Debakel für die Pfälzer gibt. Und wie es weiter gehen soll in der zweiten Liga, weiß keiner genau. Es ist ein Elend.“

Frank Schaefer taugt nicht als Integrationsfigur

Daniel Theweleit (Berliner Zeitung) glaubt nicht an einen zweiten Frühling in Köln: „Vor einem Jahr gab es eine Fraktion, die gut mit Sportdirektor Volker Finke klarkam und eine Schaefer-Fraktion, später verlief der Trennstrich im Team zwischen den Solbakken-Freunden und den Finke-Anhängern. Mit der Entlassung Finkes glaubte der Klub, den Konflikt lösen zu können, doch das war ein fataler Trugschluss, danach gab es eben die Solbakken-Anhänger und Solbakken-Skeptiker, und Schaefer, der neue Mann, war schon einmal Teil des Problems. Als Integrationsfigur, der den heterogenen Haufen eint, taugt er eher nicht.“

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Kommentare

8 Kommentare zu “Der Drops ist gelutscht”

  1. Frosch
    Montag, 16. April 2012 um 11:34

    Als ehemaliger Fußballer – okay, nicht Bundes-, sondern nur Landesliga :-)… – glaube ich ehrlich gesagt nicht an diese deutliche Fraktionseinteilung, die Journalisten derzeit ständig beim 1. FC Köln vornehmen: die einen Spieler seien angeblich Finke-Jungs, die anderen Schäfer-Boys. Natürlich hat jeder Spieler seinen Lieblingstrainer, aber die meisten sehen die Trainerfrage ganz sicher nicht dogmatisch, im Sinne von: Ich bin ganz für den, ganz gegen den. Die meisten arrangieren sich – und denken bei Misserfolg, egal wie der Trainer heißt: der Trainer ist schuld.

  2. Marvin Nash
    Montag, 16. April 2012 um 12:34

    Die meisten Analysen von BVB-FCB sind so dermaßen schwach, dass man sich fragt, wie solche Leute Geld mit Sportjournalismus verdienen können. Dass Dortmund taktisch den Bayern haushoch überlegen ist, wird kaum irgendwo erwähnt. Immer gibt es noch dieses Denken, die Bayern könnten sich ja nur selbst schlagen. Dabei haben die nicht mehr viel außer ihre individuelle Klasse. Deshalb wirds auch ein deutliches Ausscheiden gegen Real geben.

    Heynckes ist taktisch einer der schwächsten Trainer der Liga, da wirkt nichts geplant oder einstudiert. Die Spieler wissen nicht, was sie zu tun haben. Genau das Gegenteil in Dortmund. Die sind nicht so tagesformabgängig, weil ihr System ihnen Sicherheit gibt. Klar ist Klopp auch ein Motivationskünstler und die Spieler haben eine große Euphorie und Laufbereitschaft.

    In der CL hat man aber gesehen, dass Klopp auch leicht mal eiskalt ausgecoacht wird. Die Bayern haben auf dem Gebiet einfach nichts entgegenzusetzen.

  3. Manfred
    Montag, 16. April 2012 um 13:00

    Den taz-Artikel zu Augsburg hatte ich schon vorher mit Genuß gelesen, sehr knackig. Noch ein Grund mehr, sich Fürth als Aufsteiger und die Berliner und Kölner Deppen in der 2. Liga zu wünschen. Und wäre ich nicht der Fortuna aus Düsseldorf zugeneigt, wäre ein Aufstieg der Paderborner einfach allererste Sahne 😀

    @ Marvin Nash: das Problem ist ja, daß sie es einfach kriegen. Unverdient, if u get my drift 😉

  4. Geert H
    Montag, 16. April 2012 um 13:27

    Schöner freistoss, schlechter Titel.

  5. Armin Gibis
    Montag, 16. April 2012 um 15:43

    Schlechter Kalauer, der Titel.

  6. Van Kuchen
    Montag, 16. April 2012 um 23:00

    „Es hört sich so an, als wäre es eine Strafe, für Werder spielen zu müssen.“
    Ich habe mich auch gewundert, als ich in der Zusammenfassung des Spiels den „Jubel“ der Bremer zum 1:0 sah. Da war kaum Freude, kaum Zusammenhalt zu sehen. Ich frage mich, wieso es bei Bremen im Grunde schon seit Jahren hakt und sehe eine zwischenmenschliche Krise schon seit Jahren. Das so viele Spieler über Jahr hinweg verletzt sind, kommt ja auch nicht einfach so. Ich sehe als eine der Ursachen die Querelen, die es damals um die Meister-Prämie gab (lang, lang ist’s her, doch ich glaube, daß hat sich nachhaltig ausgewirkt)

  7. MS
    Dienstag, 17. April 2012 um 12:21

    Es hat Querelen um die Meisterprämie gegeben? Gibt’s dazu eine Quelle? Wann soll das gewesen sein?

  8. Alex17
    Donnerstag, 19. April 2012 um 13:39

    Der Drops ist gelutscht! Bisher habe ich eigentlich nicht genau verstanden wieso die Bayern sich nicht auf Dortmund einstellen können. Immerhin haben sie das vierte Spiel in Folge gegen die Klopptruppe verloren. Ich bin zufällig auf ein Video gestoßen das die Sache eigentlich recht einfach erklärt. Der Junge erklärt das eigentlich recht logisch finde ich und bringt es echt gut rüber! Reinschauen lohnt sich echt um zu verstehen wieso Dortmund Meister wird und nicht die Bayern!

    http://www.dvdfussballtrainer.de/7426-borussia-dortmund-gegen-fc-bayern-muenchen-taktische-ausrichtungen.html

    Gruß Alex

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