Champions League
Skepsis trotz Sieg
| Mittwoch, 18. April 2012Was ist real und was ist realistisch, fragen sich einige am Morgen danach. Statt ausgeschlafener Analysen: Özil sieht rot und Honeß plant Frustshopping.
Michael Neudecker (SZ) hat den Raum um Mesut Özil beobachtet: „Er bekam den Ball und dann zog sich sofort ein Ring um ihn herum zu. Vier Münchner bewegten sich auf ihn zu, als seien sie mit einem Seil verbunden, das von außen der Trainer Heynckes zog, Özil sah nichts mehr als Rot, er verlor den Ball wieder. So erging es Mesut Özil oft am Mittwochabend.“
Trotzdem bewertet Helmut Schümann (Tagesspiegel) das Spiel des FCB skeptisch „Real ist, dass sie dabei dem Gegner trotzten, der seit 20 Pflichtspielen in Folge nur gewonnen hatte. Aber ist es auch realistisch, anzunehmen, dass diese Ausgangslage reichen wird, um in der kommenden Woche im Rückspiel gegen Real Madrid den Einzug ins Finale zu schaffen?“
Unabhängig vom Ausgang des Rückspiels erwartet Welt Online von Hoeneß ein „Frustshopping“ und sieht ihn dabei in der Konkurrenz mit dem BVB-Konzept als Getriebenen: „Junge Talente verpflichten, ihnen Monate geben, sich an das neue Umfeld zu gewöhnen, dazu laufintensiver Draufgängerfußball, der international mit Lehrgeldzahlungen in stattlicher Höhe einhergeht – das ist alles andere als ‚bayern-like‘, wie es Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge auszudrücken pflegt.“
Kommentare
15 Kommentare zu “Skepsis trotz Sieg”
Mittwoch, 18. April 2012 um 11:06
Ein Fehler im Tagesspiegel-Text: Real hat nicht die letzten 20 Spiele gewonnen, da waren etliche Unentschieden darunter, ich erinnere mich an ein 0:0 gegen Villarreal und 1:1 gegen Malaga.
Mittwoch, 18. April 2012 um 12:24
Gestern ein gutes Spiel gesehen. Ärgerlich ist, dass Bayern wieder in einem Spitzenspiel ein Deppen-Tor bekommen hat. Erst der typische Ballverlust von Schweinsteiger, der in moderner Looser-Löw-Manier das Stilmittel des taktischen Fouls nicht beherrscht und stattdessen den tödlichen Konter ermöglicht, und dann die Stümperei der geistig langsamen Abwehr nach dem Nachschuss. Mourinho-Mannschaften sind da anders, da sind alle ständig unter Strom.
Auch im Umgang mit dem Schiedsrichter wirkte Real wesentlich besser präpariert. Jeder weiß, dass man bei Howard Webb nach Lust und laune zutreten kann. Der Mann hätte den 30-Jährigen Krieg ohne eine Rote Karte gepfiffen. Man hätte das für dosierte Effenberg-Ballack-Härten gegen CR7 nutzen können – so wie das Real offensichtluich und gezielt an der Mittellinie gegen Müller und Ribery gemacht hat. Robben, wie immer gegen große Gegner, war ebenso bemüht wie bedeutungslos.
Loben muss man Boateng, er hat überragend gespielt und zum ersten Mal 90 Minuten bei vollem Beusstsein druchgehalten. Noch zwei Mal 90 Minuten – und man kann die CL gewinnen. Sogar Klein-Filip hat gekämpft und gedrückt. Chapeau. Und Gomez hat, nachdem endlich mal ein paar Flanken kamen, die Abwehr von Real in der 2. Hz schwer unter Druck gesetzt.
Kurzum: Bayerns bestes Spiel – weil: variabel – seit Langem! Ob es reicht, hängt davon ab, ob Schweinsteiger weiterhin eine Schwächung sein wird – oder innerhalb einer Woche auf sein Niveau kommen kann. Es könnte reichen im Rückspiel…
Mittwoch, 18. April 2012 um 12:31
Auge-Libero, man sieht nur, was man sehen will, oder? „Mourinho-Mannschaften sind da anders, da sind alle ständig unter Strom.“ Grundsätzlich richtig, aber genau gestern eben kaum zu merken, da sie für ihre Verhältnisse sehr passiv, nur mit Raum-Zustellen statt Pressing spielten.
Oder:“Man hätte das für dosierte Effenberg-Ballack-Härten gegen CR7 nutzen können“ Wozu denn, wenn Ronaldo so gut abgemeldet war, wie im ganzen Jahr nicht?
Mittwoch, 18. April 2012 um 14:24
@augelibero:
Boateng bei vollem Bewusstsein? Das sah beim Gegentor nicht so aus. Wer sich in einer Situation, in der zweieinhalb Spieler den Ballführenden angreifen noch als zusätzliche Absicherung zwischen Ball und Torhüter stellt und dabei zwei(!) Gegenspieler auf der eigenen Abwehrseite vernachlässigt, hat entweder die Übersicht verloren oder taktische Defizite. Ich tippe auf beides.
Zugegeben: Damit ist Boateng in der Situation nicht allein. Auch das Verhalten von Lahm und Gustavo ist äußerst fragwürdig, abgesehen davon, dass man sich fragt, wo den eigentlich der zweite Innenverteidiger ist.
Diese Innenverteidigung in München ist mir eh ein Rätsel. Mir erscheint sie immer wieder als überhaupt nicht sattelfest. Das Interesse an Dante kann ich da gut verstehen, auch wenn es mir als Gladbacher leid täte.
Richtig ist aber auf jeden Fall, dass das Defensivspiel gestern nach meiner (zugegeben unregelmäßigen) Beobachtung eher eins der besseren war.
Mittwoch, 18. April 2012 um 15:44
U. Hoeneß tritt nach
Zugegeben, es fällt mir schwer, nach den vorherigen Expertenmeinungen auch noch dieses Spiel in Sachen Taktik zu bewerten. Unabhängig von dem zwischenzeitlichen zum Schluss noch erfolgreichen ersten Teil des gestrigen Halbfinal-Gipfelkampfes gegen die Madrider Könige sorgte der Münchener Präsident des FC Bayern als eine der Reizfiguren des Deutschen Fußballs, der allerdings auf der anderen Seite auch gern mal mit dem Wirken der Mutter Courage verglichen wird, nach einer längeren Phase der Zurückhaltung nach den Spielen des vergangenen Wochenendes in der Bundesliga für negative Schlagzeilen und damit auch für Aufmerksamkeit.
Dazu folgende Bemerkungen meinerseits:
Ein anderer Club, erkennbar mit schwarz/gelber Kleidung, hat diese, doch im positiven Sinne, eigentlich längst verdient und dürfte schon jetzt die Strahlen der Sonne und des Erfolges absorbieren.
Wie fast immer nach eigenen Niederlagen suchte dabei der immer wieder polarisierende Hoeneß nach Gründen, warum sein Verein im direkten nationalen Spitzentreffen erneut unterlegen war. Er gibt natürlich wieder den Medien die Schuld, weil sie z.B. die mit teuren Spielern besetzte Münchener Ersatzbank in ihren Berichten immer anders bewerten, als die mit jungen, unerfahrenen Akteuren in Dortmund. Der dortige Nachwuchs sollte sich seiner Meinung nach erst über Jahre festigen, um auch internationale Erfolge einfahren zu können. Erst dann könne man von gleicher Augenhöhe sprechen, obwohl diese Buben die Meisterschaftsschale bereits unmittelbar schon zum zweiten Male hintereinander vor der Nase haben.
In der Realität übersieht der allerdings zu Unrecht auch oft als „Würstchenverkäufer“ genannte Unruheherd aber, dass diese Dortmunder Jungs unter der Regie eines völlig lockeren Übungsleiters bereits seit zwei Jahren einen herzergreifenden Angriffsfußball präsentieren, der überall im Land, überraschenderweise auch im unweit entfernten Gebiet mit blau/weißen Farben (!), außer von „Mister Attacke“ aus München , der an seiner Geschäftstüre in der Sebener Straße gern die Bezeichnung „Abteilung Wahrheit“ hätte, Anerkennung findet. Umgekehrt geht es doch auch, weil es ein fairer Sport sein soll.!
Wie aber „Langfinger“ im von muskelbepackten Monstern schwerbewachten Münchener Sicherheitstrakt der Arena gleich mehrere Paar Fußballschuhe und Trikots der Gäste (u.a. von Ronaldo und Özil) vor dem Spiel klauen konnten, wird wohl auch nicht von Herrn Hoeneß aufgeklärt werden können, der weiter hoffen darf, dass er den einheimischen Rathausbalkon doch noch für wenigstens eine Feier seines FC B mieten kann.
Scheinbar erst dann würde der Druck seines Blutes wieder Normalwerte haben und der jeweilige Gegner von ihm mit Ritterschlag gelobt werden….
Donnerstag, 19. April 2012 um 11:59
@Armin: In der nächsten Woche gibt es ein Rückspiel. Da kann nur auflaufen, wer nicht verletzt ist. Das haben sich die Real-Verteididiger in den Schlußminuten erkennbar gedacht, als sie den Konterspieler Müller mit zwei brutalen Fouls von hinten absichtlich verletzen wollten. So läuft das manchmal…
@Henk: Das kann man alles so unterschreiben! Mehr geärgert habe ich mich aber über Schweinsteiger, der nach dem Ballverlust am gegnerischen Strafraum einfach ein kleines Foul hätte machen müssen. Das ist der Unterschied zur absoluten Weltklasse. Darüber hinaus ist richtig, dass die Abwehr nicht organisiert und nicht stabil ist. Unter anderem, weil Boateng oft nicht weiß, (1.) was um ihn geschieht, (2) ob ein Gegner da ist und (3.) wo der Ball ist (siehe Dortmunds Tor beim 1:0 in München).
@Hukl: Natürlich ist die Absicht von Hoeneß, antizyklisch auf die Kacke zu hauen und die Mannschaft vor dem Madrid-Spiel zu entlasten, klar erkennbar. Ebenso ist IM GANZEN unbestreitbar, dass Dortmund
-in der Bundesliga die dominierende Mannschaft ist,
- zu recht ganz oben stehe,
- das Team den besten Fußball spielt und
- der Trainer unzweifelhaft auf nationaler Ebene die Nummer 1 ist.
International ist das naxhweislich anders, die Kritik von Hoeneß stimmt AN DIESER STELLE zu 100 Prozent. Der BVB hat letztes Jahr in der EL und dieses Jahr in der CL auf kompletter Linie dilettantisch versagt. Das liegt an
- der Unerfahrenheit von Trainer und Mannschagt und
- an der nicht-übertragbarkeit des Dortmunder Stils auf Englische Wochen und
-die die Erfahrung und Qualität der internationalen Gegner (sorry, aber in der Bundesliga spielt viel Fallobst mit)
Klopp und Team müssen das über Jahre hinweg lernen und verfeiern.
Und da hat ihnen Hoeneß mit der Kritik einen Gefallen getan. Denn: Ohne die interationalen Erfolge der Bayern wäre doch der deutsche Vereinsfußball in CL und EL auf dem Niveau zwischen Portugal und Rußland (bitte nicht Eintagsfliegen wie Schalke oder Leverkusen anführen, die Wertung geht über fünf Jahre).
Aber: Gerne schaue ich international zu, wie das Dortmunder Modell reift. Und, wenn Bayern national nachzieht und die Meisterschaft ernster nimmt (man vergleiche mal die bayrische Laufleistung gegen Real und BVB), können wir uns auf einen echten Zweikampf in der Budnesliga freuen. Hoffentlich lernt Bayern dabei von den Dortmundern!
Donnerstag, 19. April 2012 um 12:39
Auge-libero: „In der nächsten Woche gibt es ein Rückspiel. Da kann nur auflaufen, wer nicht verletzt ist. Das haben sich die Real-Verteididiger in den Schlußminuten erkennbar gedacht, als sie den Konterspieler Müller mit zwei brutalen Fouls von hinten absichtlich verletzen wollten.“
Mit Verschwörungstheorien bist Du schon ganz auf Mourinhos Niveau! 🙂
Donnerstag, 19. April 2012 um 12:50
@ augelibero:
„Mehr geärgert habe ich mich aber über Schweinsteiger, der nach dem Ballverlust am gegnerischen Strafraum einfach ein kleines Foul hätte machen müssen. Das ist der Unterschied zur absoluten Weltklasse.“
Die Situation habe ich nicht mehr vor Augen. Grundsätzlich bin ich absoluter Schweinsteiger-Fan, da ich Spielweise und Ausstrahlung auf dem Platz regelmäßig sensationell finde. Dass es da auch Ausnahmen gibt, ist aber klar.
„Und, wenn Bayern (…) die Meisterschaft ernster nimmt (man vergleiche mal die bayrische Laufleistung gegen Real und BVB), (…)“
Das hat mich in der Tat überrascht. Ich habe die Bayern-Spiele in Mönchengladbach und in Dortmund live im Stadion beobachtet. In keinem der beiden Spiele wurde so viel Dampf gemacht wie im Spiel gegen Madrid. In finde es nicht all zu verwegen anzunehmen, dass die Ergebnisse in beiden Spielen mit der Madrid-Leistung besser ausgefallen wären. Das wären in der Abrechung mindestens zwei Punkte mehr für München und zwei Punkte weniger für Dortmund, evtl. noch mehr. Ich glaube nicht, dass die Taktik der Gegner hier den Unterschied gemacht hat, sondern dass – genau wie du es sagst – die Meisterschaft in diesem Jahr bewusst oder eher unbewusst nicht ernst genug genommen wurde. Erstaunlich dafür, dass man einem Konkurrenten in der Liga eigentlich um fast jeden Preis hätte die Grenzen aufzeigen müssen, um den eigenen Nimbus zu wahren und sich für die Champions League nicht zu sehr unter Druck zu setzen.
Oder spielt hier vielleicht Politik eine Rolle? Ist den Münchenern das Aufkommen eines (aus meiner Sicht eher Pseudo-)Rivalen ganz recht, um die Attraktivität der Liga zu erhöhen, im Rechtepoker mehr Geld zu erlösen und damit international konkurrenzfähiger zu werden?
Jedenfalls scheint mir die Meisterschaft dieses Jahr – nur leicht übertrieben formuliert – weniger verloren als fast schon hingeschenkt zu sein. Mit mehr eigenem Willen wäre mehr drin gewesen.
Donnerstag, 19. April 2012 um 13:00
@ Armin Gibis: Um den Mourinho-Preis für Verschwörungstheorien im Fußball habe ich mich mit meinem vorletzten Absatz nachdrücklicher beworben als Augelibero 😉 Falls das noch nicht reicht, um am Ende die Trophäe einzuheimsen, lege ich hiermit nach:
Es ist doch kein Geheimnis, dass das gezielte aus-dem-Spiel-Nehmen eines gegnerischen Spielers durchaus zur Taktik gehören kann, mindestens billigend in Kauf genommen wird (vgl. z.B. Lell vs. Reus vor wenigen Wochen). Aus dem Spiel heraus hat sich – zumindest nach meiner verblassenden Erinnerung an das Spiel am Dienstag – keine dringende Notwendigkeit für Marcelos Foul an Müller ergeben. Es war doch irgendwo im Mittelfeld, wo man sich normalerweise mit dem Abdrängen des Gegners begnügt, oder?
Donnerstag, 19. April 2012 um 13:15
Die SZ trägt heute die Vermutung der spanischen Presse weiter, dass sich Marcelo eine Rote Karte abholen wollte, um Mourinho im Rückspiel den Dienst zu verweigern. Aus Frust über mehrfache Nichtberücksichtigung.
Weiß nicht, wie plausibel das ist. Wenn das sein Plan gewesen sein sollte, hätte er sich viel Zeit damit gelassen.
Donnerstag, 19. April 2012 um 13:57
Tippe – selbstverständlich, ohne es zu wissen: Marcelo war richtig sauer, weil ihn Mourinho als Stammspieler wie so oft in großen Spielen für den defensiveren Contrao draußen gelassen hat. Da entlud sich der Frust am unschuldigen Müller, der ihm gerade dummerweise über dem Weg lief.
Im Fernsehen sah man übrigens sehr deutlich, dass sich Marcelo seiner Übeltat sehr bewusst war und sich mehrmals – vergeblich angesichts des wütenden Müllers – versuchte bei Müller zu entschuldigen.
Donnerstag, 19. April 2012 um 13:58
Sorry für die Tippfehler!
Donnerstag, 19. April 2012 um 14:41
Weil ich nicht spiele, nehme ich mich bei einer der Gelegenheiten zu spielen selbst aus dem Spiel? Hmmm…
Donnerstag, 19. April 2012 um 17:29
@ Henk:“Jedenfalls scheint mir die Meisterschaft dieses Jahr – nur leicht übertrieben formuliert – weniger verloren als fast schon hingeschenkt zu sein. Mit mehr eigenem Willen wäre mehr drin gewesen.“
Sollte Dortmund am Ende der Saison 81 Punkte geholt haben (noch möglich), dann wäre das Bundesligarekord. Dies ändert aber selbstverständlich nichts daran, dass die Bayern trotzdem wie immer Meister geworden wären, wenn sie sich nur ein Klitzekleines Bißchen angestrengt hätten. Denn Bayerns wahre Stärke sieht man ja daran, dass sie zu Hause gegen Real drei Tage vor dem Clasico 2:1 gewonnen haben. Zum Niederknien.
Montag, 23. April 2012 um 11:28
Der IF ist irgendwie tot. Da passiert so viel in der Fußballwelt und hier lohnt es sich kaum noch, reinzuschauen, weil es immer weniger Freistöße gibt. Früher war das hier meine Fußballseite Nr. 1, weil hier super aktuell die interessantesten Artikel aus der Medienlandschaft zusammengetragen wurden.
Nicht nur die Quantität hat nachgelassen, sondern auch die Qualität, weil die beobachteten Seiten auch größtenteils nur Schund produzieren.
Eine Ausrichtung auf innovativere Seiten, wie z.B. Spielverlagerung wäre mal modern und interessant. Als langjähriger Leser hier tut mir das weh, aber was in dieser Saison sich sowieso schon ergeben hat, nämlich dass ich nicht als eines der ersten Dinge am Laptop Eure seite aufrufe, wird sich wohl weiter so entwickeln, dass die Seite ganz aus meine, Bewusstsein fliegt.