EM 2012
Boykott oder Teilnahme?
| Freitag, 4. Mai 2012Der Boykott der EURO 2012 durch die EU-Kommission markiert die neuste Eskalationsstufe in der Diskussion um die EM in der Ukraine. Absage der Turniers? Teilnahme unter Protest? Sport als Politik freier Raum? Die Presse streitet fleißig mit
Jürgen Kaube (FAZ) zeichnet ein erschreckendes, aber wohl wahres Bild: „Als der Autorennfahrer Vettel neulich die Aufstände in Bahrain unwirsch damit kommentierte, er könne sich dort zum Glück auf das konzentrieren, was wirklich wichtig sei, ‚Reifentemperaturen‘, war das so dumm und geschmacklos wie ehrlich. Die Fußballlobbyisten sollten diese Äußerung zugrunde legen, wenn sie das nächste Mal über die moralische Aufgabenverteilung in ihrer Welt nachdenken. Sofern sie es jemals tun.“
Frank Nienhuysen (SZ) analysiert: „Wer ein Regime in die Enge drängen will, muss auch sehen, welche Fluchtwege diesem noch offenstehen. Die Regierungen in Minsk und Kiew könnten durchaus ihr Heil in einer engeren Anbindung an Moskau suchen. Und für das jeweilige Volk wäre wenig gewonnen.“
Uli Räther (taz) kritisiert: „Wie in Deutschland also auch in Polen: Was wie ein leidenschaftliches Plädoyer für die Menschenrechte daherkommt, ist in Wahrheit ein innenpolitischer Schachzug.“
Matthias Thibaut, Hans Monath, Christian Tretbar und Thomas Kuchenbecker (Tagesspiegel) krönen die Deutschen: „In einem Punkt ist Deutschland bereits Europameister: in der Formulierung des politischen Protests.“
Michael Thumann (Zeit) erinnert „Es bieten sich zwei Modelle an: Argentinien 1978 und Moskau 1980. In Argentinien lief die Fußballweltmeisterschaft trotz vieler Proteste ungehindert ab, während Tausende Oppositionelle in den Blutkerkern der Junta verschwanden. Die Olympischen Spiele in Moskau wurden von 64 Staaten boykottiert, darunter die USA und die Bundesrepublik, nachdem die Sowjetunion in Afghanistan einmarschiert war. Der Umgang mit den EM-Spielen in der Ukraine muss wahrscheinlich irgendwo dazwischen liegen.“
Kommentare
5 Kommentare zu “Boykott oder Teilnahme?”
Freitag, 4. Mai 2012 um 11:39
Schöne Auswahl heute. Korrekturhinweis: Der Mann heißt Thumann, nicht Thurmann.
Freitag, 4. Mai 2012 um 17:57
Ups, ist verbessert. Keine Fehler bei Namen lautet ja nicht umsonst eine journalistische Grundregel.
Da haben mir meine Augen einen Streich gespielt. Entweder lags an der Typo der ZEIT, am Monitor, an meiner Sehfähigkeit oder einfach nur an der Müdigkeit. Wie auch immer, Fehler erkannt, dank Geert H, und Fehler gebannt.
Freitag, 4. Mai 2012 um 20:50
Einem coolen Herrn Thumann fällt das wahrscheinlich nicht mal auf. Der würde es wohl einfach amüsant finden, hier zitiert zu werden.
Sonntag, 6. Mai 2012 um 20:47
Politiker sollten einen Boykott vermeiden und ihre Meinung vor Ort vertreten, um auf die politischen Misstände aufmerksam zu machen.
Der Fussball sollte nicht für die Politik instrumentalisiert werden.
Gerhard Häusler
Montag, 7. Mai 2012 um 17:11
Unsere Vaterlandsverräter sollten sich lieber um unsere Leute kümmern da gibt es für Sie genug zu tun. Und gegen ein Boykott hätte ich nichts einzuwenden, so hätte ich vor unseren Mafiosis wenigsten beim Fussball meine Ruhe.