Am Grünen Tisch | EM 2012
Manipulationen für Millionen
| Mittwoch, 9. Mai 2012Geldwäsche, Bilanztricks und Sponsorenkalküle: Geht es in vielen Fällen doch nur ums Geld?
Unser gestern via Twitter verbreiteter #freistossdestages war der Hinweis auf den Arte-Themenabend „Sport, Mafia und Korruption“. In der FAZ.NET-Frühkritik resümiert Christoph Becker die Dokumentation und anschließende Diskussion: „Natürlich kann die Fifa nicht verhindern, dass das von ihr, ihren Mitgliedsverbänden, deren Ligen und deren Klubs in jahrzehntelanger Entamateurisierung durchkommerzialisierte Spiel vom internationalen Verbrechen gekapert wird. Es ist schlicht ein zu leichtes Opfer. Und Geldwäsche per Live-Wette funktioniert, ob ein Spiel manipuliert ist oder nicht.“
Mit Manipulationen anderer Art beschäftigen sich Stefan Hermanns und Michael Rosentritt (Tagesspiegel) am Beispiel von Hertha BSC. Sie legen vor dem Hintergrund eines möglichen Abstiegs eine ausführliche Analyse vor und bilanzieren die prinzipielle Problematik des Finanzgebarens: „Auch Hertha hat sich auf ein Spiel eingelassen, das in gewisser Weise ohne Bilanztricks nicht auskommt. Die sind für Laien schwer zu durchschauen und rechtlich kaum zu beanstanden. (…) Die Berliner haben bereits Geld bekommen (und ausgegeben), für das sie die entsprechenden Leistungen erst noch erbringen müssen.“
Die erste Seite des Sportteils in der SZ ist heute insgesamt empfehlenswert: Thomas Kistner kommentiert den Plan von Uefa-Chef Michel Platini, die Europa League 2016 abzuschaffen und die Champions League auf 64 Klubs aufzustocken, kritisch. Javier Cáceres liefert unter dem Titel „Der Verrückte streitet beim Bäcker“ ein Porträt von Marcelo Bielsa, dem argentinischen Trainer des Europa-League-Finalisten Athletic Bilbao. Und schließlich erkennt Christof Kneer auf der Position der Außenverteidiger in der deutschen Nationalelf eine „Unwucht im EM-Kader“, die er so deutet: „An dieser traditionellen Kader-Engstelle lässt sich anschaulich erkennen, wie der Bundestrainer Löw tickt. Er ist nicht blind, er sieht genau, dass sein Aufgebot hier an die Grenze der Betriebssicherheit geraten ist. Aber er nimmt das in Kauf. Er geht dieses Risiko sehenden Auges ein. Mit einem sehr soliden Selbstbewusstsein leistet er sich die Luxusmeinung, dass er lieber gar niemanden holt, bevor er jemanden holt, der seinen höchsten Ansprüche nicht genügt.“
Doch zurück zum Geld: Für Thomas Magenheim (FR) gehorcht die Zurückhaltung der EM-Sponsoren bei der Menschenrechtsdiskussion folgendem Kalkül: „Wenn diese Geldgeber von der Uefa-Linie abweichen, sei die künftige Zusammenarbeit in Gefahr. Firmen wie Adidas oder Coca Cola sponsern die Fußball-EM seit Jahrzehnten. Machen sie sich bei der Uefa unbeliebt, könnten Nike oder Pepsi künftig ihren Platz einnehmen.“
Kommentare
3 Kommentare zu “Manipulationen für Millionen”
Mittwoch, 9. Mai 2012 um 14:59
Der Kommentar zu Löw und den Aussenverteidigern ist mittlerweile auch online verfügbar.
http://www.sueddeutsche.de/sport/problemstelle-im-deutschen-em-kader-sehnsucht-nach-alaba-1.1352518
Donnerstag, 10. Mai 2012 um 08:58
Danke für den Tipp! Nach Redaktionsschluss ist noch ein Beitrag erschienen, der bestens zur Überschrift passt: Oliver Fritsch zum Thema „Hopp bezahlt Hoffenheim“ (http://www.zeit.de/sport/2012-05/hopp-hoffenheim-leipzig-dfl).
Donnerstag, 10. Mai 2012 um 22:43
Dietmar Hopp – er agiert nicht allein
Besonders die 2. Seite des oben stehenden Links „Dietmar Hopp und der Regelbruch“ widerspiegelt die grausame Realität des Profifußballs allgemein.
Die Juristen des DFB und der DFL sind doch bei diesem Thema eigentlich angehalten, z.B. bei der Verletzung dieser „50 + 1“ -Regel rechtzeitig hart einzuschreiten. Das gilt auch, wenn bemerkt wird, dass bestimmte Vereine ihre angegebenen Bilanzen gegenüber der Realität gefälscht haben. Es kommt aber meist erst heraus, wenn die Pleite wirklich nicht mehr zu verheimlichen ist. Immer, wenn die Schulden oder ein Konkurs eines bestimmten Vereines in Millionen angegeben werden, muss ich stutzen, weil das doch gar nicht so weit hätte kommen dürfen!! Mindestens eine jeweils geschätzte Hälfte aller Mannschaften und den Ligen 1-5 in Deutschland dürften völlig schuldenfrei sein.
Der Fall Hoffenheim, wo der Name des Gründerdatums eigentlich nur als Täuschung erfolgte (der Fußballverein wurde erst Ende der 50-er Jahre gegründet), ist bis heute beibehalten worden, um von dem späteren knallharten Kommerzialisierungskurs des reichen Herrn Hopp abzulenken. Seine ständigen Einmischungen in den Spielbetrieb sorgten bereits auch mehrfach zu vorzeitigen Verabschiedungen seiner Angestellten.
Auch ein paar Klassen tiefer gibt es solche Leute, wie Herrn Hopp, die den vermeintlichen sportlichen Erfolg etappenweise eigentlich vordergründig nur für sich nutzen wollen. Das zeigt der folgende Fall:
Die Appelle des Red Bull-Besitzers Mateschitz an alle Medien,nach Sachsen zu schauen, wo er(selbst fast unsichtbar) das Fußball-Nest in Leipzig behutsam aufzubaut, damit in ein paar Jahren darin Mannschaften der 1. Bundesliga landen und wieder starten können, werden mittlerweile auch deutschlandweit nur noch lächelnd registriert.
Dieser stinkreiche Mann soll bereits ca. 500 Millionen €uro (!) weltweit in seine nach seinen Namen umbenannten Sportobjekte gesteckt haben, um besonders für einen steigenden Absatz, wie er selbst zugibt, seiner Getränkedosen zu werben.
Alle Versuche, das erwartete sportpolitische Erdbeben seit der Gründung des ersten deutschen Marketing- und Retortenclubs in der Leipziger Innenstadt endlich erleben zu können, sind – so sieht es jetzt aus – in einem weiteren Anlauf , trotz finanzieller haushoher Überlegenheit gegenüber den Mitbewerbern, kläglich gescheitert.
Dabei hat die Salzburger Zentrale für seine Jungs aus Sachsen, die wie „Red Bulls“ klingen, in den Medien “versehentlich” auch meistens so genannt werden, doch aus rechtlichen Gründen eigentlich nur „Rasenball-Sportler“ heißen dürften, alle möglichen Grundlagen geschaffen, um ganz offiziell in das Profigeschäft aufgenommen zu werden.
So warb man talentierte Nachwuchsleute oder fertige Spieler von anderen Vereinen ab, die auch schon international ihr Land vertraten oder in Mannschaften der höheren Bundesligen Geld verdienten, schickten viele davon zwischenzeitlich wieder weg, tauschten Trainer, sportliche Leiter und andere Angestellte nach Belieben aus, ohne erstmals endlich wenigstens den einen einzigen Schritt höher klettern zu können.
Hinzu kommt das förmliche Geschenk, zuhause im größten und modernsten Stadion des ostdeutschen Gebietes (in DDR- Zeiten hieß es bekanntlich „Zentralstadion“, mit einer Fassungsmenge von 100.000 Zuschauern, das für rund 100 Millionen €uro vor der WM 2006 in Deutschland umgebaut wurde) spielen zu können, das der umsichtige, aber auch einigen Staatsanwaltschaften und Insolvenzverwaltern sowie in Schulden befindlichen Traditionsvereinen in Ost und West gut bekannte Kinowelt- und Rechtehändler M. Kölmel, nach eigenem zwischenzeitlich geschäftlichen Absturz, preiswert erworben hat. Den ab Juli 2010 umgenannten Namen trat er aber für viele Jahre an Red Bull gleich wieder ab. Dadurch klingelte es auch in seiner Kasse wieder.
Auch das in verschiedenen Abschnitten gerade entstehende Trainingszentrum, das „Express-Objekt“, gleich nebenan, wird nach geplanter Fertigstellung im nächsten Jahr ca, 90.000 m² groß sein und mind. 30 Millionen €uro kosten. Kaum ein Erstbundesligist hat diese Traum-Bedingungen aufzuweisen!
Eine geringe Hoffnung für RB, die vierte Klasse nach oben doch noch verlassen zu können, ist der „grüne Tisch“, da die ihm bereits gewährte Lizenz für die 3. Bundesliga der eventuelle Staffelsieger , der HFC Chemie, noch nicht erhielt, weil die dortigen Funktionäre aufgrund ihrer bisher ehrenamtlichen Tätigkeiten einige Dinge nachbessern müssten. Das wäre aber eine schlimme Entscheidung!
Bleibt abzuwarten, wann der Geldhahn von dieser „höheren Macht“ hinter den entfernten steilen Bergen an einem schönen See vom Alpenland aus wieder zugedreht wird. Dann wäre RB Leipzig kein zukünftiges sportliches Märchen mehr, sondern nur eine gescheiterte Episode der Vergangenheit!