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Ball und Buchstabe

Ein Leben mit der Bundesliga – Gerhard Delling und seine Welt

Matthias Nedoklan | Mittwoch, 19. September 2012 3 Kommentare

Sein Leben hat Gerhard Delling mit der Bundesliga verknüpft: privat und beruflich. Aufgewachsen mit dem Start der Eliteklasse, sein Karriereziel als Sportjournalist früh vor Augen – was liegt da näher als seine Erinnerung zum Jubiläum zu veröffentlichen

Die Bundesliga geht in ihre 50. Saison, ein halbes Jahrhundert wird das liebste Kind aller Deutschen,
noch vor Wirtschaftswunder und Wiedervereinigung alt. Da wird gefeiert und natürlich auch abkassiert. Da werden DVD’s und natürlich Bücher auf den Markt geworfen was die Druckerpresse hergeben.

Fehlen darf da natürlich nicht Gerhard Delling, selbst ernanntes Kind der Bundesliga, besser bekannt als schnöder Waldorf zu Günter Netzers Statler – der Vor-Anstoß Muppetshow, die mindestens 5 Jahre zu lange auf Sendung war.

Eine Zeitreise durch die Fußball-Geschichte der Bundesrepublik

Auch Gerhard Delling bringt also seine Erinnerungen zu Papier: die erste Begegnung mit Uwe Seeler, Otto Rehhagel, Charly Körbel, Jean-Marc Bosman, Jürgen Klopp, der Niedergang des Ost-Fußballs. An seinen besten Stellen ist das Buch wie eine Zeitreise, durch die Bundesrepublik, die eigenen Erinnerungen und nostalgisches ‚früher haben wir noch barfuß mit Dosen auf der Hundewiese gepölt‘.

An seinen schlechten Stellen ist das Buch wie Gerhard Delling: langweilig, spießig und teilweise makaber ignorant. (Straßenkampf, Schahbesuch, Benno Ohnesorg… ‚‘Nur einen Tag nach dem tödlichen Schuss auf Benno Ohnesorg gingen auch in Braunschweig Zehntausende auf die Straße. Aber diesmal nicht aus politischen Gründen. Hier feierte man die Meisterschaft der Eintracht.'‘)

Mit dem Bundesliga-Skandal wollte der Sportjournalist nichts zu tun haben

Auch das Selbstverständnis als Sportjournalist ist fraglich, wenn man von sich selbst behauptet (im Kontext des Bundesligaskandals 1971): „Ich empfand mich als Sportler, ich wollte damit nichts zu tun haben…“ Delling trifft Feststellungen ala wenig Gegentore bedeuten gute Abwehrarbeit, nutzt Worte wie Betzebuben und Schlachtenbummler, die 1992 schon ausgestorben waren.

Wer diese Stellen wohlwollend überliest, findet allerlei Wissenswertes – etwa wie Uli Hoeneß seine Spielerkarriere mit 4 Treffern begann, oder dass Bayern München erst 1987 den 1. FC Nürnberg als Rekordmeister entthronte. Und wer genau mitliest, entdeckt auch die unfreiwillig komischste Aussage in dem Buch (Seite 255): „Herr Prengel blieb hart“ – denn der Unparteiische mit diesem Namen hat Charly Körbel mit einer Gelben Karte eine Sperre für das letzte Saisonspiel eingebrockt, damit dem treuen Charly das Karriereende und der Eintracht die Meisterschaft versaut. Günter Netzer hätte dennoch gelacht.

Gerhard Delling: 50 Jahre Bundesliga – Wie sie erlebte. Die Werkstatt, 479 Seiten.

Kommentare

3 Kommentare zu “Ein Leben mit der Bundesliga – Gerhard Delling und seine Welt”

  1. Steffi
    Mittwoch, 19. September 2012 um 09:48

    Toller Artikel! Auch wenn ich sagen muss, dass mich Gerhard Delling in Kombination mit Günther Netzer immer noch am meisten amüsiert hat. Schade, dass die Zeiten vorbei sind!

  2. Die Blog- & Presseschau für Donnerstag, den 20.September 2012 | Fokus Fussball
    Donnerstag, 20. September 2012 um 10:24

    […] – Wie ich sie erlebte” geschrieben. Matthias Nedoklan hat das Buch für den  ”Indirekten Freistoss” hat das Buch […]

  3. tz
    Donnerstag, 20. September 2012 um 18:03

    Redigiert hier eigentlich keiner die Texte?

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