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Bundesliga

Klaus Allofs wechselt zum VfL Wolfsburg – alles nur eine Frage des Geldes?

Kai Butterweck | Freitag, 16. November 2012 1 Kommentar

Die Presse beschäftigt sich intensiv mit dem Wechsel von Klaus Allofs zum VfL Wolfsburg

Christian Kamp (FAZ) blickt gespannt in die Zukunft: „Die finanzielle Potenz des Volkswagen-Konzerns verleiht ihm eine Gestaltungsmacht, wie er sie in Bremen wohl auch zu besten Zeiten nicht hatte. Das ist zunächst einmal eine komfortable Situation, die Allofs’ Schritt verständlich macht. Aber auch eine Aufgabe, die erst einmal bewältigt sein will. Manchmal erweist es sich, das lehrt auch der Fußball, als viel schwieriger, viel Geld sinnvoll anzulegen, als mit kleinem Geldbeutel vernünftig zu wirtschaften.“

Eine gewachsene Ungerechtigkeit

Boris Herrmann (SZ) fordert Gerechtigkeit: „Das deutsche Fußballvolk hat sich ein Sondergesetz gegeben. Es trägt den Namen 50+1 und besagt, dass kein Investor eine Anteilsmehrheit an einem Profi-Klub haben darf. Alle Vereine müssen sich daran halten – abgesehen von Bayer Leverkusen und dem VfL Wolfsburg. Nicht nur der HSV-Boss Carl Jarchow sieht darin eine „gewachsene Ungerechtigkeit“. Fest steht: Wäre der VfL der Regel unterworfen, hätte er seit dem Erstliga-Aufstieg 1997 nicht rund 285 Millionen Euro für Spielertransfers ausgeben können. Und einer der besten Manager der Bundesliga würde vermutlich seinen Vertrag in Bremen erfüllen.“

Nils Lehnebach (Spiegel Online) legt die Stirn in Sorgenfalten: „Eine Meisterschaft, zwei Pokalsiege und sechs Champions-League-Teilnahmen feierte der Club. Erfolge, die durch Allofs guten Blick für Talente und Schaafs Fähigkeiten, diese zu formen, ermöglicht wurden. Bremen schaffte es, das Modell eines Spieler-Entwicklungs-Clubs auf hohem Niveau zu perfektionen. Profis wie Torsten Frings, Tim Borowski, Miroslav Klose, Per Mertesacker und Mesut Özil reiften in Bremen zu gestandenen Nationalspielern. Für Bremen bedeutet der Abgang von Klaus Allofs einen massiven Einschnitt, es drohen triste Jahre an der Weser.“

Eine Portion Gelassenheit

Sven Brehmer und Christian Otto (Tagesspiegel) beglückwünschen die Wolfsburger: „In jenen 13 Jahren, in denen Allofs mit Schaaf bodenständigen Erfolg für Werder Bremen möglich gemacht hat, sind in Wolfsburg acht Manager verschlissen worden. Mit der Hauruck-Verpflichtung des 55-Jährigen kaufen sich die Wolfsburger jetzt nicht nur ein Stück Fußball-Kompetenz, sondern vor allem eine Portion Gelassenheit ein, an der es bei ihnen seit geraumer Zeit mangelt.“

Für Michael Helms (fnp.de) hinterlässt der Wechsel einen faden Beigeschmack: „Allofs, der 13 Jahre lang das Gesicht von Werder Bremen war, stand auch immer für Charaktereigenschaften, die in dieser Branche nicht gerade mehr üblich sind: zum Beispiel für Seriosität und Ehrlichkeit. Als aber das Werben aus Wolfsburg begann, war die Versuchung für den früheren Nationalspieler offensichtlich zu groß, trotz seines noch bis 2015 datierten Vertrages vorzeitig bei Werder auszusteigen und tagelang die Öffentlichkeit an der Nase herumzuführen.“

Unprofessionell und naiv

Wilfried Spenger (wn.de) verteilt gelbe und rote Karten: „Allofs hat 13 Jahre bei Werder in verantwortlicher Position gearbeitet. Und dabei oft ein ehrliches Miteinander eingefordert. Nun hat er offenbar selbst mit falschen Karten gespielt. Es war unprofessionell und naiv, zu glauben, der Wechsel könnte unter einem Deckmäntelchen vollzogen werden. Das funktioniert nicht in dieser manchmal hinterhältigen Branche. Möglicherweise stand der „Feind“ diesmal sogar in den eigenen Reihen. Jedenfalls gibt es Gerüchte, dass Werders Aufsichtsratsboss Willi Lemke derjenige war, der das Interesse des VfL an Allofs in der vergangenen Woche öffentlich gemacht hat und damit den Stein ins Rollen brachte. Seit einiger Zeit schon gilt das Verhältnis zwischen Allofs und Lemke als belastet.“

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Kommentare

1 Kommentar zu “Klaus Allofs wechselt zum VfL Wolfsburg – alles nur eine Frage des Geldes?”

  1. HUKL
    Freitag, 16. November 2012 um 22:25

    „Früher war alles besser!“

    Dieser Spruch wird heute oft belächelt, doch hat er wirklich auch einen Sinn. Der Inhalt der unterschiedlichen Kommentare, die primär nur das Geld in den Vordergrund rücken, bestätig doch eindrucksvoll, dass der Fußballsport als solcher schon längst in den Hintergrund gerückt ist.

    Die Geschehnisse in Wolfsburg, wo nicht nur das größte Kaufhaus mit Profispielern bestückt ist, sondern auch fast unbemerkt in den letzten Jahren die meisten Manager „verbraten“ wurden, sind eigentlich unnormal!

    Jeder Vorstand einer Fußballmannschaft – egal welcher Klassenzugehörigkeit – muss sich doch rechtzeitig vor jeder Saison Gedanken machen, mit welchem Personal er in den jährlichen Kampf zieht. Klappt es nach ein paar Spielen nicht so richtig mit dem Trainer, Manager oder verschiedenen Spielern, wie eigentlich erhofft, muss die Saison abgehakt werden! In der Automobilstadt geht es einfacher. Hier werden nach einem lächelnden Blick in die Portokasse Veränderungen am laufenden Band vorgenommen. Mit Hilfe einer gut funktionierenden Scoutabteilung, die auf allen möglichen Plätzen ihre Stieraugen auf Talente, gerade unzufriedene Spieler oder Sportdirektoren anderer Vereine richtet, wie z.B. nach Bremen, werden diese geködert, um sie schnell und ohne Sperrfrist bei sich integrieren zu können.

    Hatte bereits vor ein paar Monaten Trainer Magath fast innerhalb von Stunden seinen Verein Schalke 04 verlassen können, um erneut während der Punktspiele(!) in Wolfsburg anzuheuern, war plötzlich nun auch dort seine zweite und dritte von ihm auszufüllende Funktion, nämlich die des Managers, nicht mehr gefragt. Der Verein hatte ihn bekanntlich bereits als Trainer verabschiedet und sich vorübergehend die Notdienste“ des überaus beliebten Amateurübungsleiter im eigenen Verein, L.G. Köstner, gesichert.

    Die Multi-Finanzkraft des dortigen Automobilkonzernes hat es allerdings ermöglicht, diesen langjährig bei Werder Bremen agierenden und vertraglich noch fest gebundenen Sportdirektor K.Allofs für eine große Summe einfach herauszukaufen, um ihn auch innerhalb von nur ein paar Tagen als sportliche Führungsperson im dortigen Fußballclub begrüßen zu können. Wer dafür die Lücke in Bremen so schnell schließen kann, interessiert natürlich die VW- Leute nun nicht mehr.

    Der neue Mann, der plötzlich statt Schulden eine überquellende Vereinskasse zu verwalten hat, wird sich trotzdem zuerst für den Verkauf der blindlinks angehäuften Spieler bemühen müssen, die sich förmlich in gleich zwei Kabinen umkleiden und sich dann um einen Platz auf der Ersatzbank regelrecht streiten.

    Die beiden Vorgänger von K.Allofs übertrafen sich mit Spielereinkäufen. Er hat nun bei einer ersten Inventur feststellen müssen, dass plötzlich gleich 45 Akteure im VFL-Einkaufskorb liegen.

    Die richtige Trainerwahl wird bei weiteren Siegen allerdings die erste große Bewährungsprobe für den neuen Sportdirektor sein!

    Mit einer ähnlichen Posse warteten bekanntlich kürzlich bereits die Bayern aus München auf, die „notgedrungen“ den bestimmt nicht sehr billigen Sammer aus der „heiligen“ DFB-Zentrale auch während der laufenden Saison ganz schnell abwarben, weil der gute „Ziehsohn“, Nerlinger, zwei Jahre hintereinander nicht wenigstens einen Titel geholt hat…

    Auch in den Breiten von Sachsen müssen z. B. die alljährlichen Mannschaftsfotos des vier Klassen tiefer spielenden RB Leipzig, fremdgeführt aus Oesterreich, möglichst gut aufgehoben werden, weil das dortige „Rundum-Personal“, einschließlich der angemeldeten Spieler, einige Monate später bereits in völlig anderen Gegenden, dann allerdings nur noch einzeln, anzutreffen sein wird. Die Mitbewerber, die sich eigentlich aufgrund ihrer jeweils schmalen Finanzlage sportlich und wirtschaftlich bereits freuen, halbwegs erfolgreich durchs Ziel zu schlittern, können dann eben , wie in der 1. Bundesliga, bei dieser angewandten Praxis nur noch staunen…

    Geld kann allerdings auch gleich mehreren Vereinen Freude bereiten, denn die Politik hat jetzt vorgeschlagen, die jährliche Zuwendung
    für Anti-Gewaltprojekte durch die Verbände auf 10 Millionen € zu erhöhen. Das wäre die dreifache Summe der bisherigen Zuwendung!

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