Bundesliga
Revierderby – Königsblau obenauf
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| Montag, 11. März 2013Der FC Schalke 04 geht in der 142. Auflage des Ruhrpott-Klassikers als Sieger vom Platz. Außerdem: Fürth im Dunkeln und gelesene Messen
Felix Meininghaus (SZ) schummelt sich zur Halbzeit des Revierderbys in die Schalker Kabine und klatscht begeistert in die Hände: „Draxler und seine Kollegen wirbelten vor mehr als 60.000 begeisterten Besuchern in der Schalker Arena, dass es allen warm ums Herz wurde, sofern sie ihr Herz an blau und weiß verschenkt hatten. Es war toll zu sehen, wie viel Überzeugung und Leidenschaft die Gastgeber ins Spiel einbrachten. Dabei sind das doch eigentlich Tugenden, die Borussia Dortmund normalerweise für sich in Anspruch nehmen kann. Noch nie in den so erfolgreichen letzten beiden Jahren ist der Doublesieger aus Dortmund dermaßen an die Wand gespielt worden, mit nur zwei Gegentreffern war der BVB bis zur Pause noch gut bedient.“
Der Spieler der Stunde
Eike Kühl (Zeit Online) berauscht sich am Auftritt des jüngsten Schalker Spielers: „Julian Draxler ist vielleicht der Spieler der Stunde. Nicht nur auf Schalke, sondern auch in der Bundesliga. Vergangene Woche traf Draxler zweimal gegen Wolfsburg und legte ein Tor vor, schon die Wochen zuvor spielte er immer stärker. Das Spiel gegen Dortmund war gleichzeitig sein 100. Pflichtspiel. Mit 19 Jahren und 170 Tagen ist er damit der jüngste Bundesligaspieler, der diese Marke knackt.“
Daniel Theweleit (taz) reibt sich verwundert die Augen: „Manches deutet darauf hin, dass in diesem Derby jene beeindruckende Schalker Erfolgself auferstanden ist, die sich im Herbst urplötzlich und unter bis heute ungeklärten Umständen selbst beerdigt hatte. Joel Matip spielte sich in eine Art Rausch, praktisch jeden Zweikampf entschied der Innenverteidiger für sich, Roman Neustädter erinnerte in der ersten Halbzeit an jenen großartigen Strategen, der er zu Saisonbeginn war, Atsuto Uchida beherrschte gemeinsam mit Jefferson Farfan den rechten Flügel und bereitete die Tore von Julian Draxler und Klaas-Jan Huntelaar vor, und Timo Hildebrand wird immer mehr zu einem Rückhalt.“
Was war da los?
Stefan Osterhaus (NZZ Online) nimmt sich die BVB-Verantwortlichen zur Brust: „Nach der Niederlage gegen den Ruhrpott-Rivalen ist die Frage legitim, ob die Mannschaft genug Substanz hat, um in beiden Wettbewerben zu bestehen: Angesichts der Performances in der Rückrunde ist ein Platz in der Champions League trotz Rang 2 noch nicht gesichert. Bei einem sonst so engagiert auftretenden Team wie den Dortmundern darf man sich fragen, was da ausgerechnet in einen Derby los war, wo Niederlagen als ehrenrührig empfunden werden. Dortmund zeigte nichts von dem, was das Team sonst auszeichnet. Stattdessen waren es die Schalker, die sich die Eigenschaften des Gegners zu eigen machten – und so zum Albtraum der Dortmunder wurden.“
Daniel Berg (derwesten.de) macht sich Sorgen: „Der BVB und seine Fans haben bereits früh in der Saison zu akzeptieren gelernt, dass die internationalen Anstrengungen nicht mit dem Maximum in der Liga zu kombinieren sind. Die Folge ist eine bewusste oder unbewusste Werteverschiebung, welche Duldung im Anhang findet, so lange es sich um Punktverluste gegen Hannover, Wolfsburg oder Düsseldorf handelt und der BVB auf einem Champions-League-Platz residiert. Das ist der Fall. Aber Niederlagen im Derby wiegen eben schwerer, da kann die Stimmung schnell kippen. Zusammen mit den exorbitanten 20 Punkten Rückstand auf Bayern München und der Derby-Niederlage aus der Hinrunde ergibt sich in diesen Stunden in Dortmund ein veritabler Stimmungskater, den es schleunigst zu bekämpfen gilt.“
Bitte, liebe Braunschweiger, seht genau hin
In Fürth gehen so langsam auch die letzten Lichter aus. Christian Kamp (FAZ) sendet flehende Worte nach Braunschweig: „Es gab gute Gründe, einen Klub wie Fürth mit Sympathie in der Beletage willkommen zu heißen: als Erinnerung daran, dass es immer ein nächstes Freiburg oder Mainz – oder Augsburg? – geben kann. Umso ärgerlicher ist es, wie diese Chance verspielt wurde. So, wie sich die Situation am Samstag im Stadion darstellte, ist aus Fürther Sicht sogar zu befürchten, dass von einer eigentlich wunderbaren Sache vor allem Frust und Narben bleiben. Ein Aufstieg als Fluch? Bitte, liebe Braunschweiger, seht genau hin, wie man es im Fall der Fälle besser nicht macht.“
Frank Hellman (FR) stellt sich schmunzelnd vor den Fürther Fanblock: „Kein Sieg und nur vier geschossene Tore am Ronhof haben zu einem Riss zwischen Spielern und Anhängern geführt, der tief wie eine Gletscherspalte wirkt. Anfangs grölte die Fankurve noch: „Wir haben die Schnauze voll!“ Doch dann folgten kübelweise Hohn und Spott. Erst wurden imaginäre Tore bejubelt, dann frenetisch „Sieg, Sieg“ gerufen und „So ein Tag, so wunderschön wie heute“ geträllert. Schlussendlich gab es auch noch zu hören: „Deutscher Meister wird nur das Kleeblatt Fürth“. Slapstick beim Schlusslicht.“
Es dürften wohl alle Messen dieser Saison gelesen sein
Marcel Reif (Tagesspiegel) klappt das Buch bereits vorzeitig zu: „Es dürften wohl alle Messen dieser Saison gelesen sein nach der Niederlage der Augsburger am Freitag gegen Nürnberg. Meister ist, wer will das bezweifeln, auch wenn er sich lange schwer tat gegen die ruhmreichen Fortunen aus Düsseldorf, der FC Bayern München. Und absteigen wird die SpVgg Greuther Fürth, und die TSG Hoffenheim und der FC Augsburg kabbeln noch ein wenig um den Relegationsplatz. Mehr ist wohl nicht mehr drin. Und bevor der FC Augsburg sich aufregt, ich wollte ihnen Böses, nein, es sind die Verhältnisse im Fußball inzwischen, die Überraschungen nicht mehr möglich machen, die die Schere immer weiter aufklappen.“