DFB-Pokal
DFB-Pokal – Aus die Maus
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| Montag, 5. August 2013Vier Bundesligisten verabschieden sich in der ersten Runde des DFB-Pokals. Dabei macht sich der SV Werder Bremen bereits zum dritten Mal nacheinander zum Gespött der Fußball-Nation
Werder Bremen scheitert zum dritten Mal nacheinander an einem Drittligisten. Ulrich Hartmann (SZ) kann sich ein Grinsen nicht verkneifen: „Die besten Witze sind jene mit gleich mehreren Pointen. Als Werder Bremen 2011 sein Erstrunden-Pokalspiel beim Drittligisten 1. FC Heidenheim verloren hatte, war das schon mal eine gute Basis für eine Pointe, die Werder ein Jahr später mit dem Erstrunden-Aus beim Drittligisten Preußen Münster lieferte. Am Sonntag nun, ein weiteres Jahr darauf, spielte Bremen sein Erstrunden-Pokalspiel beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken – und trieb seinen bitteren Pokalwitz mit einer noch famoseren Pointe auf die Spitze.“
Benjamin Knaack (Spiegel Online) winkt ab: „Bremens neuer Coach Robin Dutt blies die Wangen auf, ging ein paar Schritte aufs Feld und sah dort etwas, das man bei Werder doch eigentlich nicht mehr sehen wollte: geknickte Spieler, die Hände in die Hüften gestemmt, enttäuscht über eine Erstrundenniederlage im DFB-Pokal. Der Wechsel an der Seitenlinie sollte in Bremen eigentlich Aufbruchstimmung erzeugen, nach zuletzt durchwachsenen Spielzeiten. Doch bereits die Vorbereitung hatte viele Anhänger ernüchtert. Viermal hintereinander hatte Werder zunächst verloren, darunter gegen Drittliga-Aufsteiger RB Leipzig.“
Folgsame Südhessen
Darmstadt 98 zwingt die Borussia aus Mönchengladbach in die Knie. Alex Westhoff (FAZ) gratuliert vor allem Lilien-Coach Dirk Schuster: „Der Trainer hatte seinen Profis Mut, Elan und die Abwesenheit von Übermotivation verordnet. Die Südhessen zeigten sich folgsam und machten dem Bundesligaklub von Beginn an mit disziplinierter Abwehrarbeit und forschen Vorstößen das Leben schwer. Die Gladbacher ließen den Ball angestrengt, aber uninspiriert in der Darmstädter Hälfte kreiseln. Gelegenheiten für die Favre-Elf ergaben sich nur, wenn die für 7,5 Millionen Euro erworbenen Neuzugänge Max Kruse und Raffael eine der seltenen Ideen in klare Aktionen umsetzen.“
Sebastian Rieth (FR) zittert hinter dem Tor vom Darmstädter Schlussmann eifrig mit: „Kurz fuhr Jan Zimmermann der Schock in die Glieder. Der Mann mit dem schwarzen Sweater lag auf dem Boden, hörte den Ball an die Unterkante der Latte klatschen, sein Blick ging zurück. Es waren Millisekunden des Bangens, des Flehens und Hoffens, ehe der Torhüter des SV Darmstadt 98 und mit ihm ein ganzes Stadion erlöst wurde. Der Ball tippte auf die Linie, es staubte. Kein Tor. Die Sensation in der ersten Runde des DFB-Pokals war perfekt – und Zimmermann der umjubelte Held, obwohl er diesen letzten, ziemlich arrogant gelupften Versuch des Gladbachers Branimir Hrgota bestenfalls mit seiner Aura an die Latte gelenkt hatte.“
Christoph Ruf (Spiegel Online) kritisiert den Auftritt der Gladbacher: „Pomadig und ohne Körperspannung begann die Borussia und blieb diesem Leitmotiv bis zum Ende einer Partie treu, die nur deswegen in die Verlängerung und schließlich ins Elfmeterschießen ging, weil die bravourös aufspielenden Darmstädter ein wenig „unkonzentriert mit den Kontermöglichkeiten umgingen“, wie 98-Coach Dirk Schuster sagte. Kaum denkbar, dass die Gladbacher nach einer Darmstädter Führung wieder in die Partie zurückgefunden hätten. Der Bundesligist hatte zwar mehr Ballbesitz, gegen die energischen Darmstädter gelang aber keine inspirierte Aktion. Schlimmer: Meist hatten die 3000 Borussen-Fans unter den 16.500 Zuschauern den Eindruck, ihr Team suche nicht einmal danach.“
Unter schummrigem Flutlicht
Frank Hellmann (FR) beschäftigt sich mit der Vergangenheit des BSV Rehden, dem Erstrundengegner des FC Bayern München: „Es ist nicht lange her, da war dieser Klub in der Kreisliga und auf einem Sportplatz unter altem Baumbestand und schummrigem Flutlicht beheimatet. Der Aufstieg der „Schwarz-Weißen“ begann 1995, als ein gewisser Marc Schilling das Tor der ersten Mannschaft hütete – denn damals stieg auch Vater Friedrich ein, eine schillernde, weil geschäftige Persönlichkeit in dieser sonst vor Bodenständigkeit strotzenden Region. Heute hilft der Sohn als Jurist dabei, Verträge mit ausländischen Fußballern auszuhandeln, die sich neben ehemaligen Werder-Talenten wie Kevin Artmann oder Francis Banecki in die Provinz locken lassen, wenn sie in Schillings Firmen eine Anstellung finden. Nur noch ein Einheimischer ist unter dem kroatischen Trainer Predrag Uzelac beim BSV am Ball: Linksverteidiger Christin Hegerfeld, dessen Bruder Marco beim Pokalspiel 2003 noch als Kapitän fungierte.“
Die erste Runde ist ein Gradmesser
Falk Blesken (derwesten.de) hat schlechte Nachrichten für die Fans der gescheiterten Erstligisten: „Das neutrale Zuschauer-Herz lacht mit, wenn die Außenseiter jubeln, wenn sie ihren Triumph feiern und ganze Dörfer in kollektive Euphorie verfallen. Das ist der Reiz des DFB-Pokals. Für die Bundesligisten stellt diese erste Runde derweil mehr dar. Sie ist ein Gradmesser. Wer eine Woche vor dem Saisonstart souverän oder mühsam weiterkommt, okay, der darf froh in die Meisterschaft gehen. Wer jedoch wie Borussia Mönchengladbach oder Werder Bremen gegen Drittligisten ausscheidet, der sollte von der Saison wenig erwarten.“
Tom Vaagt (sport1.de) hebt den Zeigefinger: „Gern wird der DFB-Pokal als kürzester Weg in den Europacup beschrieben. Er kann aber auch der kürzeste Weg in die Krise sein. Der neue Werder-Trainer Robin Dutt steht schon jetzt unter Druck. Ein ruhiger Aufbau nach Jahren voller Turbulenzen ist nur noch eine Illusion. Es werden Fragen gestellt und vieles infrage gestellt. Die Krise war schneller als der Start in die Liga. Aber nicht nur in Bremen.“