Bundesliga
Bayer Leverkusen – So nah und doch so fern
| Montag, 16. Dezember 2013Bayer Leverkusen lässt sich ausgerechnet gegen die zuletzt so desaströs auftretenden Frankfurter vorerst ausbremsen. Außerdem: Spektakulärer Schlagabtausch in Hoffenheim und ernüchternde Aussichten in Bremen
Bayer Leverkusen verliert zuhause gegen Eintracht Frankfurt. Frank Nägele (ksta.de) reibt sich auf der Tribüne verwundert die Augen: „Man kann nicht behaupten, dass die Werkself elektrisiert von den Folgen eines möglichen Sieges in dieses Spiel gegangen wäre. In aller Ruhe stellte sie ihr bewährtes Gerüst mit dem defensiven Dreiermittelfeld aufs Spielfeld und dachte sich, der Gegner werde sich, wie viele zuvor schon in dieser Saison, darin verfangen und verheddern. Die Eintracht tat das aber nicht, sondern nutzte die Passivität des Tabellenzweiten zu einer Spielüberlegenheit, die ein wenig verblüffte.“
Hartnäckiger klebt kaum ein Image
Klaus Wille (derwesten.de) winkt hoffnungslos ab: „Leverkusen ist auf seine Art ein Phänomen. Es ist gut geführt, es bietet ein ruhiges Umfeld – Qualitäten, die auf Schalke jede zweite Woche herbei gemahnt werden. Bayer bezieht einerseits seine Stärke aus seiner Unaufgeregtheit – zugleich liegt darin das große Problem: In der öffentlichen Wahrnehmung gilt Bayer als Team, dem niemand einen großen Wurf zutraut. Sich das Wort „Vizekusen“ patentiert haben zu lassen, kommt zurück wie ein Bumerang. Wenn’s drauf ankommt, wird Leverkusen es vermasseln – hartnäckiger klebt kaum ein Image. Kurz vor Halbzeit also schon wieder alles gelaufen für Bayern? Sieht so aus. Ein Jäger nach dem anderen hat sein Pulver verschossen. Gestern Bayer. Vorher der BVB.“
Stefan Klüttermann (RP Online) vermisst bei den Werks-Kickern den letzten Biss: „Sami Hyypiä hätte wohl liebend gerne drauf verzichtet, aber letztlich war die 0:1-Niederlage gegen Eintracht Frankfurt ein schmerzhaft plastischer Beweis für sein allwöchentlich vorgetragenes Mantra, dass seine Mannschaft in jedem Spiel ans Limit gehen muss, um als Sieger vom Platz zu gehen. Genau das war gestern nun nicht der Fall, und genau deswegen verlor die Werkself eine Partie, die sie nicht hätte verlieren müssen.“
Gestern hat Veh wieder einmal alles richtig gemacht
Auf der anderen Seite freuen sich die Frankfurter über drei wichtige Punkte im Abstiegskampf. Holger Appel (op-online) ballt die Fäuste: „Gestern hat Veh wieder einmal alles richtig gemacht. Er lag mit seinen personellen Wechseln richtig. Mit dem Sieg beim Champions-League-Anwärter Bayer 04 Leverkusen war jedenfalls nicht zu rechnen. Zum ersten Mal in dieser Saison hat die Eintracht gegen einen vermeintlich „Großen“ der Liga gewonnen und gezeigt, dass sie trotz der Mehrfachbelastung mit Bundesliga, Pokal und Europacup nicht in den Tabellenkeller gehört. Das muss sie nun bestätigen.“
Auch die beiden Eintracht-Insider Ingo Durstewitz und Thomas Kilchenstein (FR) liegen sich nach wochenlangem Frustschieben endlich mal wieder feierwütig in den Armen: „Die Eintracht spielte mutig, kein bisschen war von der Verunsicherung der letzten Zeit zu merken. Die Frankfurter nahmen ihr Herz in beide Hände und ließen sich von der scheinbar turmhohen Hürde Leverkusen keineswegs beeindrucken. Die Hessen, die zunächst ohne die Stammkräfte Bastian Oczipka, Vaclav Kadlec, Takashi Inui und Tranquillo Barnetta begannen, spielten von Anfang an hochkonzentriert, sie kämpften und bissen und waren ausgesprochen aggressiv.“
Wie ein wilder Boxkampf
In einem Rauf-und-runter-Spiel teilen sich Hoffenheim und Dortmund am Ende die Punkte. Johannes Knuth (SZ) geht in Deckung: „Am Ende erinnerte die Partie an einen wilden Boxkampf in der zwölften Runde zwischen einem schwer getroffenen Weltmeister und einem starken Herausforderer: Beide rannten, schufteten, ohne Deckung, sie ballerten drüber, daneben – nur eben nicht ins Tor.“
Christoph Ruf (Spiegel Online) applaudiert den Mannen aus Hoffenheim: „Die TSG hat in den vergangenen Wochen und Monaten nicht nur spielerisch, sondern auch in Sachen Cleverness zugelegt. Vor dem zweiten Treffer hätte Sebastian Rudy selbst abziehen können, doch er legte auf den Kollegen Volland ab, der noch einen Tick besser stand. Ganz anders die Halbzeit-Bilanz des BVB, in dessen Aufbauspiel sich im ersten Durchgang ungewohnt viele Unkonzentriertheiten schlichen. Wer weiß, wie das Spiel ausgegangen wäre, wenn sich die Hoffenheimer Defensive nicht kurz vor der Halbzeitpause einen Lapsus geleistet hätte, der zum Anschlusstreffer durch Pierre-Emerik Aubameyang führte.“
Kaum Möglichkeiten für eine umfangreiche Rotation
Oliver Müller (Welt Online)blickt ernüchtert in Richtung Dortmunder Reservebank: „Bereits in den vergangenen Wochen mussten die Dortmunder der angespannten Personalsituation Tribut zollen. Die nur vier Punkte, die das Team aus den vergangenen fünf Bundesligaspielen holte, sind für die Ansprüche des BVB eindeutig zu wenig. Allerdings sind die Probleme, die die Borussen speziell bei Auftritten in der Liga im Anschluss an Champions-League-Spiele haben, auch damit zu erklären, dass Klopp wegen der vielen Verletzten nicht genügend Möglichkeiten für eine umfangreiche Rotation hat.“
Frank Lamers (derwesten.de) sehnt die Winterpause herbei: „Dass die Mannschaft von Trainer Jürgen Klopp, der als einziger zugetraut worden war, mit den Bayern vielleicht Schritt halten zu können, so weit hinterher hinkt: Das hat ja Gründe. In Hoffenheim reichte es noch zu einem Remis, nachdem der BVB 0:2 zurückgelegen hatte. Und diese Energieleistung, die rausgepresst werden musste, sie war aller Ehren wert. Klar ist allerdings auch: In einer Maladenmisere wie dieser, mit diesem schweren Stamm an Verletzten, ist an mehr als Schadensbegrenzung bis in die Weihnachtspause hinein nicht zu denken. An mehr als Schadensbegrenzung ist beim BVB bis zur Winterpause nicht zu denken.“
Mittelmäßigkeit ist das Ziel
Nach der bösen Heimschlappe gegen die Bayern gibt es für die Bremer auch in Berlin nichts zu holen. Marcel Reif (Tagesspiegel) blickt sorgenvoll in die Zukunft: „Sie werden sich verabschieden müssen von großen Träumen, sie werden versuchen müssen, wieder in die Mittelmäßigkeit zu kommen. Das wird schwer genug, sollte aber möglich sein, weil sie doch eigentlich wissen in Bremen, wie es geht. Mittelmäßigkeit ist das Ziel. Die Fleischtöpfe aber, die sind besetzt, an die wird Werder lange nicht mehr dürfen. Und das ist das Bitterste für eine ehemals gesetzte europäische Größe: nicht mal mehr deutsches Mittelmaß zu verkörpern.“
Kommentare
2 Kommentare zu “Bayer Leverkusen – So nah und doch so fern”
Dienstag, 17. Dezember 2013 um 12:19
[…] Günter Herkel (Deutschlandradio Kultur) stellt diese Frage in einem Radio-Feature. Kai Butterweck (Indirekter Freistoß) sammelt Links zu der Frage, wieso Leverkusen ein so wichtiges Spiel verloren […]
Mittwoch, 18. Dezember 2013 um 13:49
Erstaunlich, dass Marcel Reif, der – gewiss nicht zu unrecht – als wortgewandter Fernsehkommentator gilt, als Printjournalist so viele Worthülsen und abgedroschenen Fußball-Journalisten-Wörter verwendet: „verabschieden von großen Träumen“, „Fleischtöpfe“.
Heraus kommt eine nichtssagende Analyse der Oberflächlichkeit.