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WM der Frauen – Eine verpasste Chance
| Dienstag, 7. Juli 2015Die WM der Frauen ist vorbei. Die Mannschaft der USA holt sich den Titel. Und Deutschland? Mehr als der vierte Platz war nicht drin. Wie geht’s jetzt weiter, Frau Neid?
Nach dem enttäuschenden Abschneiden der deutschen Fußballfrauen bei der WM in Kanada sucht die Presse nach Schuldigen. Peter Ahrens (Spiegel Online) steht mit verschränkten Armen und zornigem Blick vor der DFB-Trainerbank: „Die Bundestrainerin ist nicht unbedingt bekannt dafür, dass sie im Fall eines Misserfolgs die Verantwortung zuallererst bei sich sucht. Schon 2011 irritierte sie nach dem überraschenden Viertelfinal-Aus gegen die Japanerinnen im eigenen Land mit einer jegliche Kritik abblockenden, geradezu patzigen Haltung. Es dauerte damals Monate, bis sie bereit war, auch eigene Fehler einzugestehen. Fehler, die sie vier Jahre später wiederholte. Wieder gab es zögerliche Spielerwechsel, wenige Impulse von der Seitenlinie, die Mannschaft fiel nicht unbedingt durch taktische Kreativität auf. Aufgaben, die in die Verantwortung des Trainerstabs fallen.“
Daniel Meuren (FAZ) zerrt an jahrelang festgezogenen Ketten: „Silvia Neid könnte ihr letztes Jahr, ähnlich wie ein amerikanischer Staatspräsident am Ende seiner zweiten und letzten Amtszeit, nutzen, um auszubrechen aus dem bislang Üblichen und Dinge wagen, die ein gewisses Risiko bergen. Damit könnte sie auch ihrer Nachfolgerin Steffi Jones einen großen Dienst erweisen. Die Kritik aus der Bundesliga müsste sie dabei als Hilfe annehmen.“
Steffi Jones hat die Fachmesse leider verpasst
Kathrin Steinbichler (SZ) fordert neue Impulse: „Erfolg allein ist kein Konzept, das – einmal gefunden – auf Dauer zu halten ist. Der moderne Frauenfußball ist in seiner Entwicklung an einen Punkt gekommen, an dem Visionäre gefragt sind. Trainerinnen wie auch Spielerinnen, die in der Lage sind, ungewöhnliche Lösungen zu finden und das Spiel auf ein neues Level zu heben. Silvia Neid, die lange und oft erfolgreich war, kann da bis Rio 2016 nur den Weg bereiten, gehen muss ihn ihre designierte Nachfolgerin Steffi Jones. Die allerdings zog es vor, gar nicht erst nach Kanada zu reisen. Die Fachmesse hat sie so leider verpasst.“
Lars Wallrodt (Welt) zeigt sich enttäuscht: „Im Bundesliga-Sommerloch konnte sich die Mannschaft von Silvia Neid präsentieren, prominent übertragen von ARD und ZDF und weitgehend unbehelligt von anderen Fußballübertragungen. Die U21 der Männer tat den Frauen sogar noch den Gefallen, bei der Europameisterschaft schon im Halbfinale auszuscheiden. Die Bühne war bereitet. Genutzt hat die deutsche Nationalmannschaft sie nicht. Dabei lechzt der Frauenfußball seit Jahren nach einer Initialzündung, die ihn zumindest ansatzweise aus dem Schatten der Männer katapultiert.“
Der Frauenfußball schmort in seinem eigenen Saft
Johannes Kopp (taz) schießt das Frauenfußball-Komplettpaket auf den Mond: „Die notorisch wohlmeinenden Berichterstatter konstatierten wieder einmal, die Breite des Niveaus sei größer geworden, der Frauenfußball habe sich auch bei dieser WM weiterentwickelt. Das Gegenteil ist richtig. Es mag mehr Teams geben, die das Spiel des Gegners zerstören können, an Offensivkonzepten hat man indes nichts Neues gesehen. Der Sieg des überalterten US-Teams war ein Sieg der Gestrigen und kein Fingerzeig für die Zukunft. Der Frauenfußball schmort in seinem eigenen Saft, weil er kaum äußeren Druckverhältnissen ausgesetzt ist, vor allem aber haben sich viele der Protagonisten bequem in ihrem geschlossenen System eingerichtet.“
Kommentare
1 Kommentar zu “WM der Frauen – Eine verpasste Chance”
Dienstag, 7. Juli 2015 um 12:12
[…] Der indirekte Freistoß hat weitere Pressestimmen zur Einordnung der Arbeit von Nationaltrainerin Silvia Neid gesammelt. […]