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Bundesliga

Wenn der Fußball in den Hintergrund rückt

Kai Butterweck | Montag, 14. März 2016 Kommentare deaktiviert für Wenn der Fußball in den Hintergrund rückt

Meisterkampf, Europa-Träume, Abstiegssorgen: Das alles spielt in zwei Bundesliga-Stadien nur eine sekundäre Rolle. Während man in Darmstadt um den Verlust eines langjährigen Fans trauert, reagiert die Dortmunder Südtribüne nach Bekanntwerden des Todes eines Zuschauers mit berührenden Gesängen. Hut ab!

Beim Spiel zwischen Borussia Dortmund und dem FSV Mainz erleidet ein Zuschauer einen Herzinfarkt. Jede Hilfe kommt zu spät. Die Reaktion der Zuschauer: 80.000 Stimmen singen die Hymne „You’ll Never Walk Alone“. Falk Blesken (derwesten.de) klatscht Beifall: „Dieses Wochenende in der Bundesliga zeigte damit endgültig, wie feinfühlig Fußball-Fans, die durch die Schandtaten einiger oft nur als Krawallbrüder oder Raufbolde gesehen werden, sein können. In Darmstadt war dies bereits am Samstagnachmittag zu bewundern, als die Anhänger des SV 98 und die des FC Augsburg gemeinsam einem bekannten verstorbenen Lilien-Fan gedachten. Sie gedachten ihm auch, in dem sie zusammen „You’ll never walk alone“ sangen. So, wie beide Mannschaften im Schulterschluss mit allen Fans dies auch unmittelbar voller Würde nach dem Abpfiff in Dortmund taten. Eine Gänsehaut-Geste. Großen Respekt dafür! Sie wird den Hinterbliebenen in ihrer Trauer helfen, ganz gewiss.“

Allen Beteiligten gebührt ein herzlicher Dank!

Auch Lars Wallrodt (Welt) zeigt sich beeindruckt: „Und es fiel einem wieder ein, dass es bei diesem Sport um viel mehr geht als um Tore, Siege und Titel. Es geht vor allem um die Menschen, die den Fußball lieben, ob sie ihn nun spielen, oder ihn als Fans begleiten. Für diese Erinnerung und für das große Mitgefühl gebührt allen Beteiligten ein herzlicher Dank!“

Felix Meininghaus (SZ) kniet vor der Dortmunder Südtribüne nieder: „Was mehr als 80 000 Menschen am Sonntagabend erlebten, ist eine weitere Facette im Leben der Ruhrmetropole, die sich als Fußball-Hauptstadt Deutschlands definiert. In Dortmund werden sie nicht müde, sich ihrer Fans, ihres Stadions und ihrer einzigartigen Fußballkulisse zu rühmen, die sie am liebsten zum Weltkulturerbe ernennen würden: Größtes Stadion Deutschlands, bester Zuschauerschnitt Europas und größte Stehplatztribüne der Welt. Sonntagabend ist die Hochachtung noch ein Stück gewachsen, weil Dortmunder angesichts des Todesfalles auf den Rängen mit größtmöglicher Sensibilität reagierte.“

Auch in Darmstadt rückte der Bundesliga-Alltag in den Hintergrund. Tobias Nordmann und Christoph Wolf (n-tv.de) trauern mit: „Johnny Heimes ist tot. Vergangene Woche hat der 26-Jährige den Kampf gegen den Krebs verloren. Ausgerechnet Johnny, der in Darmstadt – und vermutlich nicht nur dort – zum Symbol des Kämpfens geworden war. Bei Spielern, Fans, Verantwortlichen und anderen Klubs sorgte die Nachricht vom Tod der Kämpfernatur für große Bestürzung – und für den zweiten (die Reihenfolge sagt nichts über die Wertigkeit aus) ganz großen Gänsehaut-Moment des 26. Spieltags: Eine bewegende Choreografie, eine Schweigeminute, Solidarität aus dem Gästeblock und „You‘ll never walk alone“ als letzte Ehre auf dem Weg zur ewigen Ruhe. Mach’s gut, Johnny!“

Würdevolle Menschlichkeit

Fabian Scheler (Zeit Online): „Auch in Darmstadt gedachten Heim- und Gästefans aus Augsburg dem verstorbenen Lilien-Fan Johnny. Wieder einmal geriet der Fußball zur Parabel des Lebens. Große, intensive Momente, wenn es mehr als 100.000 Menschen schaffen, würdevolle Menschlichkeit vorzuleben.“

Ivo Hrstic (sport1.de) ist den Tränen nahe: „Heimes‘ Willen und Inspiration stehen sinnbildlich für das sportliche Wunder der Lilien, die er von der dritten in die erste LigaLive auf SPORT1.fm als Glücksbringer und Fan begleitete. Noch heute tragen Darmstadts Spieler seine blau-weißen Motivationsbänder. Vergangene Woche erlag Jonathan Heimes im Alter von nur 26 Jahren seinem Krebsleiden. Die Schweigeminute vor dem Spiel, die bewegenden Reaktionen des Klubs, aber auch die großartige Anteilnahme bei allen Fans in Deutschland sind für mich die beeindruckende Bestätigung, dass Johnnys Kampf nicht umsonst war.“

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