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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

EM 2016

EM 2016 – Sixpacks, Jongleure und Koalas

Kai Butterweck | Donnerstag, 30. Juni 2016 1 Kommentar

Kurz vor den bevorstehenden EM-Viertelfinalbegegnungen beschäftigt sich die Presse mit Turnier-Aushängeschildern und tierischen Wahrsagern

Kommenden Sonntag müssen die Jungs von Jogi Löw gegen Italien ran. Birgit Schönau (SZ) bewundert die italienische Balance: „Der Italiener lässt sich von einer Serie von Fußballniederlagen ebenso wenig schrecken, wie er sich eine Siegesserie zu Kopf steigen lässt. Nichts beengt ihn so sehr wie die Rolle des Favoriten, schon aus abergläubischer Vorsicht, vor allem aber, weil man als Favorit nur alles falsch machen kann, als Underdog aber nur gewinnen. Denn vom Underdog wird Anpassungsfähigkeit und pragmatische Problemlösung erwartet, in beidem ist Italien Dauer-Champion.“

Mal was anderes als die Shirts mit Müller oder Reus

Donnerstag, 28. Juni 2012, EM-Halbfinale in Warschau: Alwin Schröder (Spiegel Online) erinnert sich: „Und wieder bewiesen die Italiener, dass sie der Angstgegner der Deutschen sind. Womit wir wieder bei Balotelli wären, der beide Tore erzielte und stolz sein Sixpack zeigte. Die deutsche Abwehr mit Badstuber und Hummels wirkte damals recht überfordert gegen die abgebrühten Stürmer Italiens. Und ich besorgte meinem Sohn auf einem Flohmarkt in Rom ein Balotelli-Trikot. Mal was anderes als die Shirts mit Müller oder Reus.“

Andreas Bock (11Freunde) beschäftigt sich mit Italiens Sturm-Ass Graziano Pellè: „Natürlich ist der Verweis auf Pelé ehrenwert, wer wird schon nicht gerne mit „O Rei“ verglichen, dem König des Fußballs. Und ein bisschen passt der Vergleich auch, zumindest pflegt auch Pellè einen grazilen Spielstil. Er ist ein italienischer Sturmtank, der den Ball behutsam behandelt wie ein Copacabana-Jongleur.“

Christian Löer (Berliner Zeitung) geht mit einem deutschen Ausnahmekicker auf Tuchfühlung. Sein Name: Toni Kroos: Der deutsche Mittelfeld-Dirigent spielt derzeit auf einem faszinierenden Niveau. Über seine vier Auftritte hinweg brachte er 92,3 Prozent seiner Pässe zum Mitspieler. Wer nach dem Grund dafür fragt, warum die deutsche Mannschaft in Frankreich die höchste Ballbesitz-Quote des Turniers hat, landet schnell bei Toni Kroos, dem womöglich nächsten deutschen Weltstar. In Spanien ist man sich jedenfalls einig: Der letzte Blonde in Weiß, der so gepasst hat, war Bernd Schuster.“

Auf dem Platz sind das einfach gute Typen

Wie geht’s eigentlich Thomas Müller? Im Interview mit Spiegel Online outet sich der Münchner als Italien-Freund: „Ich halte mich nicht an die Italien-Klischees, sondern eher an das, was ich selbst erfahre und beobachte. Auf dem Platz sind das einfach gute Typen. Freundlich, fair, und wenn es mal gerumpelt hat, dann wird einem wieder aufgeholfen. Ich habe die gerne.“

Im ersten EM-Viertelfinale stehen sich heute Portugal und Polen gegenüber. Sven Goldmann (Tagesspiegel) widmet Cristiano Ronaldo ein paar aufbauende Zeilen: „Ronaldo ist ein perfekter Athlet und großartiger Fußballspieler, der erste auf dem Trainingsplatz und der letzte der geht, nach hunderten von Situps und Freistößen. Er hat keine Probleme mit der Steuerfahndung wie Messi und keine halbkriminelle Vergangenheit wie Ibrahimovic. Aber in der öffentlichen Wahrnehmung sind Messi und Ibrahimovic Menschen geblieben mit menschlichen Makeln. Cristiano Ronaldo ist das androgyne Kunstprodukt CR7. Einer, der bewundert wird und doch nie geliebt. Am Donnerstag in Marseille werden sie wieder „Messi!“ rufen.“

Matti Lieske (FR) fordert mehr Nahaufnahmen von Portugals Raubein Pepe: „Er ist theoretisch der zweitberühmteste Spieler im portugiesischen Team, schließlich spielt er seit neun Jahren bei Real Madrid, dennoch ist es ziemlich still um Képler Laveran Lima Ferreira, genannt Pepe. Das liegt daran, dass fast alle Geschichten über das Team Portugals von Cristiano Ronaldo handeln, und wenn mal ein anderer das Interesse hervorruft, ist es einer der Offensivkräfte und nicht der Fels in der Abwehr der Mannschaft.“

Es lockt ein glorreicher Platz im Fressnapf-Himmel

Tobias Potratz (Zeit Online) befasst sich mit dem „brutalen Geschäft der EM-Orakel“: „Pinguine, Erpel, Elefanten, Koalas, Gorillas. Hier könnte das komplette Register des Biologiebuchs aus der 5. Klasse stehen. Alle müssen sie weissagen. Dabei werden sie einer ungeheuerlichen und geschmacksnervenaufreibenden Drucksituation ausgeliefert. Sie sollen durch ihren Fressinstinkt die Sieger der EM-Partien und in Härtefällen sogar den Europameister bestimmen. Das Ziel sind Ruhm und Ehre und später ein glorreicher Platz im Fressnapf-Himmel, wo Krake Paul wartet, der 2010 die sieben deutschen Spiele und das Finale richtig voraussagte. Doch der Weg dahin ist weit.“

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Kommentare

1 Kommentar zu “EM 2016 – Sixpacks, Jongleure und Koalas”

  1. Leander
    Donnerstag, 30. Juni 2016 um 16:03

    Dieses mal wird es gegen Italien klappen. Der Weltmeister ist viel stärker als noch vor vier Jahren, wohingegen die Italiener wichtige Spieler nicht mehr im Kader haben.

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