WM 2018
WM 2018 – Feuer hinter den Kulissen
| Mittwoch, 13. Juni 2018Sponsoren, Doping und Blicke in die Zukunft: Die WM-Presse gräbt tiefer und fördert dabei Ecken und Kanten zu Tage
Die Fifa erfreut sich an einem großen Sponsorenpool. Auch während der WM in Russland werden sich wieder viele hochrangige Schlipsträger die Hände reichen. Ob das allerdings auch in Zukunft so bleiben wird? Til Knipper (Tagesspiegel) hat da so seine Zweifel: „Weltweit agierende Unternehmen müssen sich schon ernsthaft die Frage stellen, ob man auch in Zukunft auf der Seite eines Verbandes stehen will, der seine eigenen Korruptionsaffären lieber vertuscht, dessen Dopingbekämpfung ein schlechter Scherz ist und sein wertvollstes Gut die WM an autokratische Staaten wie Russland vergibt.“
Die beiden derzeit im Abseits stehenden Nationalspieler Ilkay Gündogan und Mesut Özil stehen weiterhin im Fokus der Öffentlichkeit. Jörg Winterfeldt (Berliner Zeitung) nimmt sich die DFB-Verantwortlichen zur Brust: „Ein gutorganisierter Verband mit weniger Arroganz hätte angesichts der kontinuierlich auftretenden Pannen in der Öffentlichkeitsarbeit längst seine Schlüsse gezogen und die Kommunikation professioneller aufgestellt.“
Infantinos Macht könnte wieder bröckeln
Fifa-Präsident Gianni Infantino ist für seine „Schnellschüsse“ bekannt. Das kommt nicht überall gut an. Michael Ashelm (FAZ) hebt mahnend den Zeigefinger: „Der wolkenverhangene Himmel über dem kühlen Moskau dürfte zum Gemütszustand des Fifa-Chefs gepasst haben. Der Schweizer, der im nächsten Jahr wieder an die Spitze des Weltverbandes gewählt werden will, gerät mehr und mehr unter Zugzwang. Seine Macht, die er als Blatter-Nachfolger in kürzester Zeit und mit rücksichtsloser Härte auch gegen interne Kontrolleure an sich gerafft hat, könnte wieder bröckeln.“
Die Fifa setzt bei der WM auf eigene Dopingtests. Unabhängige Agenturen bleiben außen vor. Friedhard Teuffel (Tagesspiegel) schüttelt mit dem Kopf: „Wenn es nicht so zynisch wäre und so spaßbremsend, müsste man sich eigentlich ein paar hässliche Dopingfälle bei der Fußball-WM in Russland wünschen. Nicht nur im russischen Team, das wäre ja keine Überraschung. Sondern auch in anderen Ländern, denen man es weit weniger zutraut. Das würde aufrütteln und die Konzentration auf ein ungelöstes Problem lenken: Es gibt keinen wirksamen Kampf gegen Doping. Und vor allem keinen unabhängigen.“
Erdrückende Last
Bei der WM in Russland kommen erstmals Videoassistenten zum Einsatz. Daniel Theweleits (taz.de) Begeisterung hält sich in Grenzen: „Die 13 Videoassistententeams verfügen zwar über Erfahrungen mit der Technik aus ihren heimischen Ligen, aber die Schiedsrichter auf dem Rasen kommen mehrheitlich aus Ländern, wo der Videobeweis noch nicht zum Einsatz kommt. Und für alle Unparteiischen wird die Last, in einem wichtigen WM Spiel vor einem aufgepeitschten Publikum zur Außenlinie zu laufen, um dort in der sogenannten Review-Area eine Szene zu bewerten, erdrückend sein.“
Tschetscheniens Präsident Ramzan Kadyrow verbrüdert sich mit der kompletten ägyptischen WM-Delegation. Bei Rolf Heßbrügge (11Freunde) stapeln sich die Fragezeichen: „Warum Ägypten ausgerechnet Grosny als Teambasis wählte, wo doch in der Vergangenheit immer wieder Menschen auf offener Straße erschossen oder entführt worden waren? Vielleicht weil Kadyrow, der sich so gern als guter Muslim präsentiert, darauf gedrängt hatte, ein Team aus der islamischen Welt in Tschetschenien zu beherbergen. Und weil Wladimir Putin diesen Wunsch nach Kairo getragen hatte. Oder doch eher, weil die ägyptische Delegationsleitung auf staubige Straßen mit Schlaglöchern und klotzige Plattenbauten steht? Man weiß es nicht genau.“
Dieser Tage wird entschieden, wer die WM 2026 austragen wird. Peter Ahrens (Spiegel Online) ist gespannt: „Auf dem Papier ist die Abstimmung eine klare Sache. Die United-Bewerbung verspricht der Fifa Einnahmen von 14,3 Milliarden US-Dollar – das ist doppelt so viel, als Marokko in Aussicht stellen kann. Auf der offiziellen Präsentation der Bewerber prangt nicht umsonst ein großes Dollarzeichen. Zudem sind die meisten Stadien im Sportland USA schon fertig. In Marokko müssten dagegen neun der 14 Arenen noch völlig neu gebaut werden.“
Marinierte Passagiere
Viele Fans werden in Russland um lange Bahnfahrten nicht herumkommen. Katrin Scheib (n-tv.de) hat auch schon ein paar Tickets in der Tasche: „Es gibt Alkohol, es gibt Essen dazu, das die Verdauung beschleunigt, und es gibt Passagiere, die ein, zwei Tage lang in der entsprechenden Atmosphäre marinieren. Da wird sicher auch das Bahn-Personal das ein oder andere Gläschen brauchen, um diese Fahrt durchzustehen.“
Kommentare
1 Kommentar zu “WM 2018 – Feuer hinter den Kulissen”
Mittwoch, 13. Juni 2018 um 20:05
Ich fasse zusammen:
Unsere Sportjournalisten-Creme hat schlechte Laune, wird rechtzeitig in den Urlaub fahren und sich am 16. Juli unbeschadet zurückmelden. Freue mich darauf.
Bis dahin werde ich mir die Zeit mit schnödem WM-Fußball vertreiben und mit meinen Freunden eigene Berichte verfassen. Ist das erlaubt?