Bundesliga
Schalke leidet, Hertha feiert, Frankfurt zittert
| Montag, 25. Mai 2020Die Presse beschäftigt sich mit hilflosen Schalkern, breitbrüstigen Berlinern und bibbernden Hessen
Schalke verliert auch gegen Augsburg. Patrick Berger (sportbuzzer.de) schlägt die Hände vors Gesicht: „0:3, 0:4, 1:1, 0:3, 0:5, 0:0, 1:1, 0:0, 0:5 – das liest sich wie die Resultate eines Abstiegskandidaten. Dass die Königsblauen noch im gesicherten Tabellen-Mittelfeld stehen mit Anschluss an die Europa-League-Plätze, haben sie nur ihrer starken Hinserie zu verdanken. Mit Blick auf die aktuelle Form fragt man sich allerdings: Wie konnte diese blutleere Mannschaft so tolle Leistungen zeigen? Von den Ergebnissen aus der ersten Saisonhälfte ist die Truppe aktuell fast so weit entfernt wie von der Schale.“
Morgen Abend kommt es zum ersehnten Duell Erster (Bayern) gegen Zweiter (Dortmund). Andreas Sten-Ziemons (dw.com) beschäftigt sich mit BVB-Coach Lucien Favre: „Der Schweizer – so der Eindruck, der sich verfestigt – ist zwar ein absoluter Fußball-Fachmann, er eignet sich allerdings nicht als Motivator und kann unter Druck einfach keine entscheidenden Spiele gewinnen. Oder anders formuliert: Lucien Favre ist nicht Jürgen Klopp. Wo andere die Meisterschaft als klares Ziel formulieren, wiegelt Favre eher ab, bleibt bescheiden und zurückhaltend. Das kann man sympathisch finden – aber Deutscher Meister wird man so nicht.“
Götze muss Verantwortung übernehmen
Mario Götzes Vertrag in Dortmund wird nicht mehr verlängert. Tim Jürgens (11Freunde) drückt für die Zukunft beide Daumen: „Der Welpencharme ist bei einem Profis in diesem Alter aufgebraucht. Egal, wohin er jetzt wechselt, er wird knallhart daran gemessen, dass er Verantwortung übernimmt, zu alter Stärke zurückfindet und Erfolge erzielt. Es ist keineswegs sicher, dass es klappen kann. Aber wer sich mit romantischen Empfindungen an den heißen Sommer 2014 zurückerinnert, an Maracana und an Jogis Flüstern bei der Einwechslung im Finale, der wünscht es Mario Götze am Ende schon, dass seine Achterbahnlaufbahn noch ein Happy End erlebt.“
Im Berliner Südosten ziehen nach dem Stadtderby dunkle Wolken auf. Matthias Koch (berliner-kurier.de) geht auf Union-Coach Urs Fischer los: „Offenbar war doch manch einer davon geblendet, von den Bayern nicht verprügelt worden zu sein. Für ein Derby war das viel zu wenig. Hertha ist Stadtmeister. Für Urs Fischer war das ja nicht wichtig. Was für eine kolossale Fehleinschätzung. Der Spott wird weh tun in den kommenden Monaten.“
Viel besser als sein Ruf
Weiter oben im Nordwesten der Hauptstadt reibt man sich die Augen. Frank Lüdecke (Tagesspiegel) ist begeistert: „Ich habe keinerlei Ahnung, was Bruno Labbadia mit seiner Mannschaft angestellt hat. Aber viel Falsches kann nicht dabei gewesen sein. Vielleicht haben sich hier zwei gefunden. Ein Team, von dem im Grunde genommen klar ist, dass es aufgrund seines Potenzials viel besser sein müsste. Und ein Trainer, der offensichtlich viel, viel besser ist als sein Ruf.“
Christian Spiller (Zeit Online) kommt mit interessanten Heim-Auswärts-Fakten um die Ecke: „Nur zwei Heimsiege gelangen an diesem Spieltag, dem stehen zwei Unentschieden und fünf Auswärtssiege gegenüber. Der Trend der vergangenen Woche setzt sich fort, da waren es ein Heimsieg, drei Unentschieden und fünf Auswärtssiege. Normalerweise gewannen die Teams der Bundesliga in den vergangenen Jahren zwischen 40 und 50 Prozent ihrer Heimspiele, in den beiden Geisterwochen nun sind es nur 17 Prozent. Der Heimvorteil hat Husten. Wir werden dazu aber zunächst einmal kein Paper in einem wissenschaftlichen Fachmagazin veröffentlichen, weil es völlig zu Recht von den Christian Drostens dieser Welt zerrissen würde.“
Martin Schneider (SZ) befasst sich mit leeren Rängen, feinen Technikern und malochenden Arbeitern: „Gerade beäugen in deutschen Stadien nur 239 Personen die Spieler, mehr lässt das berühmte Hygienekonzept nicht zu. Es pusht also keiner die Spieler, es bejubelt niemand die Spieler – es pfeift aber auch niemand die Spieler aus, wenn etwas schiefgeht. Es ist natürlich Quatsch, wenn jetzt jemand behaupten würde, dass Geisterspiele in irgendeinem Aspekt besser sein sollten als Spiele mit Zuschauern. Aber es ist vielleicht kein Quatsch, wenn man sagt, dass Techniker mit der Situation besser zurechtkommen als Arbeiter.“
Um abzuschalten, ist noch zu viel Saison übrig
Die Frankfurter kommen in München ziemlich unter die Räder. Marco Fuchs (spiegel.de) sendet mahnende Worte nach Hessen: „Auch eine erwartete Niederlage beim Spitzenreiter kann schmerzen. Fünfmal in Folge null Punkte für die Frankfurter Eintracht bringen Trainer Adi Hütter in die Bredouille. Vier Wechsel hatte er gegenüber dem 1:3 gegen Mönchengladbach am vergangenen Spieltag vorgenommen. Es half dem schlechtesten Auswärtsteam der aktuellen Bundesligaspielzeit nichts. Um abzuschalten, ist bei 28 Punkten noch zu viel Saison übrig, aktuell liegt man fünf Punkte vor dem Relegationsplatz.“
Kommentare
1 Kommentar zu “Schalke leidet, Hertha feiert, Frankfurt zittert”
Montag, 25. Mai 2020 um 19:20
Ich liebe unsere Fußball-Journalisten.
An Mr.Berger: S04 zeigte zuvor keine toll
en Leistungen (siehe xG-Werte), man hatte Schwein. Kenner verfolgten das 😉
An Mr.Sten-Ziemons: In den letzten 20 Jahren gab nur unser aller FCB die Meisterschaft als Ziel aus, sonst niemand, auch kein Kloppo. Favre-Bashing vom Dünnsten.
An Mr.Jürgens: Götze muss keine Verantwortung übernehmen, nur gesund bleiben, Vertrauen erhalten und bei seinem neuen Verein seine vorhandenen Qualitäten abrufen.
An Mr.Koch: Weder die Ursianische Fehleinschätzung noch die Spottgefahr ist nachzuvollziehen. Man verlor nur das Derby, can happen. Viel Lärm um nix.
An Mr.Lüdecke: Starcoach Labbadia hatte im ersten Spiel Glück, im zweiten das bessere Team. So what? Bitte nach der Packung bei RBL nicht die Bruno-Säge ansetzen 😉
An Mr.Spiller: Die Anzahl der saisonalen Auswärtssiege lief bereits vor der C-Krise auf einen neuen Rekord hinaus. Fachleute wissen sowas. Aber Sie haben das ja garnicht so gemeint 😉
An Mr.Schneider: Es ist vielleicht doch Quatsch, was Sie vielleicht voreilig bewerten. Zeilenhonorar?
An Mr.Fuchs: Mahnende Journalisten-Worte an Bobic und Hütter, die beide längst im Bilde sind, haben einen gewissen Stil, ich meine einen unguten sowie wichtigtuerischen 😉
Gern wiederholt:
Ich liebe unsere Fußball-Journalisten …
… und bin froh, dass u.a. Leute wie Mr.Selldorf, Mr.Fritsch und Mr.Röckenhaus noch aktiv sind. Man muss nicht notwendigerweise mit ihnen kongruent sein, aber sie verzichten auf jede Form von ernsthaftem Bashing, auf publikumswirksame Schnellschüsse und auf simples Gebrodel. Natürlich müssen auch sie auf Clickbaits hinzielen, keine Frage 😉