Bundesliga
Bundesliga-Titelkampf – War’s das schon?
| Donnerstag, 28. Mai 2020Sechs Spieltage vor Schluss führen die Bayern die Tabelle mit sieben Punkten Vorsprung an. Ist der Meisterschaftsdrops bereits gelutscht?
Im Spitzenspiel der Liga zieht der BVB daheim gegen den Rekordmeister aus München den Kürzeren. Stefan Nestler (dw.com) fasst zusammen: „Beide Mannschaften spielten auf hohem technischem Niveau, aber die Münchener einen Tick genauer. Bei den Dortmundern kamen viele der Pässe ins Sturmzentrum nicht an, sodass sich Supertalent Erling Haaland im Strafraum gegen Bayerns Abwehrroutinier Jerome Boateng aufrieb. Der einzige Treffer des Abends resultierte aus einem Geniestreich. Nationalspieler Joshua Kimmich nutzte mit einem gefühlvollen Lupfer gnadenlos aus, dass BVB-Torwart Roman Bürki etwas zu weit vor seinem Kasten stand. Klasse gemacht. Und diese individuelle Klasse machte den Unterschied.“
Leonard Brandbeck (Tagesspiegel) ist ernüchtert: „Die Geisterspiele wirken auf viele immer noch fremd, kalt und bisweilen gar irrelevant. Da hätte zumindest ein dramatisches Titelduell noch einmal ein bisschen Pfeffer in die Sache gebracht. Aber nicht mal das wird es nun wohl noch geben. Der Rest dieser Saison dürfte jetzt für die meisten Fans noch langweiliger werden, als sie es ohnehin schon war.“
Die Bayern sind einfach zu gut
Nils Kaben (zdf.de) schließt sich an: „Ein packendes Meisterschaftsduell zwischen Borussia Dortmund und Bayern München, den beiden besten deutschen Klubs – was wäre das für eine Werbung gewesen für die gute alte Bundesliga. Daraus wird leider nun nichts, weil die Bayern einfach zu gut sind.“
Patrick Strasser (AZ) adelt Joshua Kimmich: „Der 25-Jährige bestach in Dortmund als umtriebiger, aggressiver Sechser, „als Spielmacher nach vorne und nach hinten“ wie Trainer Hansi Flick seine Rolle bezeichnete. Der einstige Rechtsverteidiger füllt seine Lieblingsposition im Zentrum mit Leben, im Maschinenraum des Aufbauspiels hat er das Sagen. Wer das Sagen hat, bekommt den Ball. Wer den Ball hat, hat die Macht.“
Claudio Catuogno (SZ) vergleicht die Kontoauszüge der beiden Liga-Topteams: „750 Millionen Euro Umsatz haben die Münchner im vergangenen Geschäftsjahr verbucht, die Dortmunder etwa 500 Millionen. Schon möglich, dass Favres Zaudern die Meisterschaft mitentschied. Den Ausschlag geben aber 250 Millionen Euro Unterschied. Geld, das die Münchner übrigens niemandem gestohlen haben, sondern das sie am globalen Markt mit ihrer Dominanz verdienen – und das diese Dominanz wiederum festigt bis wohl in alle Ewigkeit. Die Bayern sind der einzige deutsche Klub, den kein Spieler als „Durchgangsstation“ braucht, kein Lewandowski, kein Kimmich, das Team muss immer nur schlau ergänzt werden. Die Dortmunder hingegen müssen auch jetzt wieder hoffen, dass Könner wie Haaland oder Sancho wenigstens noch ein Jahr bleiben, ehe sie weiterziehen – und der nächste Neuaufbau nötig wird.“
Schon kurz nach Spielende spekuliert so manch Experte über mögliche Favre-Nachfolger. Oliver Fritsch (Zeit Online) weiß warum: „Favre steht nun auch deswegen wohl vor dem Aus in Dortmund, weil er mit der Aufstellung irritierte. Emre Can und Axel Witsel wurden erst in der zweiten Hälfte eingewechselt. Tomas Delaney und Mahmoud Dahoud, denen beide lange keine große Rolle zukam, bildeten das Zentrum. Und Julian Brandt und Jadon Sancho, neben Haaland die zwei besten Offensiven in dieser Saison, kombinierten im wichtigsten Spiel der Saison wie zuletzt nicht gemeinsam, sondern jeder nur eine Halbzeit.“
Viel Platz für Spekulationen
Sky Sport Reporter Jesco von Eichmann hält große Stücke auf den BVB-Coach. Nur abseits des Rasens müsse hier und da noch nachjustiert werden, so der Journalist: „Fehler macht Favre nur in der Kommunikation auf Deutsch – was merklich nicht seine Muttersprache ist. Da verliert er sich entweder in nichtssagenden Floskeln – oder lässt mit unpräzisen Äußerungen viel Platz für Spekulationen. Für einen Titelgewinn muss er sich da verbessern, denn einen Klub wie den BVB muss ein Trainer nicht nur trainieren, sondern auch moderieren um die gesamte Schlagkraft dieses Vereins zu entfalten. Schafft er das besser, kann er ein besonderer Trainer werden, der auch einen Titel gewinnt.“
Tobias Schrader (express.de) vermisst etwas: „Favre ist sehr analytisch, trainiert mit seinem Team sehr detailliert. Laufwege, Pässe, Kombinationen – alles soll optimiert werden. Das ist schön und gut, aber man vermisst bei Schwarz-Gelb die Emotionalität. Gerade in großen Spielen wie am Dienstag gegen die Bayern (0:1), auch wenn das kein schlechtes Spiel vom BVB war. Als Zuschauer hat man immer das Gefühl, dass die Mannschaft den Plan von Favre einhalten will. Und nicht mal in irgendeiner Weise auf das Spiel reagiert.“
Kommentare
1 Kommentar zu “Bundesliga-Titelkampf – War’s das schon?”
Montag, 1. Juni 2020 um 14:38
Unter den aktuellen Top-5-Teams machen nicht mehr die Trainer den Unterschied, sondern die Spieler, ausgewählt nach Klasse, also mit Spielgeld 😉
Die Herren von Eichmann und besonders Catuogno wissen das.
Spötter meinen gar, beide, Favre sowie Flick, bedienen sich nichtssagender Floskeln, nur haben die Bayern den teureren, somit besseren Kader. Ein Erfolgspunkt für den Hansi 😉