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Presseschau für den kritischen Fußballfreund

EM 2020

Euro 2020 – The show must go on

Kai Butterweck | Montag, 14. Juni 2021 1 Kommentar

Auf die Frage, ob man das Spiel zwischen Dänemark und Finnland nach dem Drama um Christian Eriksen hätte abbrechen sollen, hat die Presse eine klare Antwort

Im Spiel zwischen Dänemark und Finnland bricht der Däne Christian Eriksen plötzlich auf dem Platz zusammen und muss noch auf dem Rasen wiederbelebt werden. Nach einer langen Unterbrechung wird das Spiel „auf Wunsch beider Mannschaften“ fortgesetzt. Chaled Nahar (sportschau.de) schüttelt mit dem Kopf: „Nach diesem Schock waren die Spieler voller Emotionen. Sie haben mit ansehen müssen, wie einer von ihnen dieses Spiel möglicherweise nicht überlebt. Auf den „Wunsch der Spieler“ zu verweisen, ist zu einfach. Diese Entscheidung muss den Spielern jemand abnehmen. Die Verbände aus Dänemark sowie die UEFA hätten die Verantwortung übernehmen und das Spiel abbrechen müssen.“

Im Profi-Fußball ist einiges aus den Fugen geraten

Thomas Krause (stern.de) ist schockiert: “ Ein Spieler kollabiert auf dem Rasen, muss reanimiert werden und ist erst nach einer halben Stunde wieder bei Bewusstsein. Die Teamkollegen erleben alles aus nächster Nähe mit. Und 107 Minuten später stehen sie wieder auf dem Platz, um die Partie zu Ende zu spielen? Die dramatischen Ereignisse um den dänischen Nationalspieler Christian Eriksen zeigen, dass im Profi-Fußball einiges aus den Fugen geraten ist. Offenbar müssen die Spiele um jeden Preis weitergehen – selbst, wenn gerade ein Mensch fast gestorben ist.“

Auch Tobias Nordmann (n-tv.de) ist fassungslos: „Es ist eben so, dass der Verband eine emotionale Kälte – und das ist nur der niedlichste Ausdruck, dessen was gemeint ist – ausstrahlt, wenn größtmögliche Sensibilität angebracht wäre. Knallharte ökonomische Gedanken weichen da gesellschaftlicher Verantwortung. Die Kritik, das Unverständnis, die Wut, sie waren entsprechend groß.“

Forderung nach klaren Regeln

Jochen Tittmar (spox.com) fordert ein Umdenken: „Es darf kein weiteres Mal passieren, dass Fußballspieler nach einem schrecklichen Vorfall wie nun dem um Eriksen noch am selben Tag aus Mangel an sinnvollen Alternativen ihren Beruf ausüben. Stattdessen muss es für derartige Ereignisse eine klare Regel geben, die sich die Verbände FIFA und UEFA selbst auferlegen und dann stringent beachten.“

Thomas Kilchenstein (FR) bringt es auf den Punkt: „In solch einer Extremsituation gibt es keine einfache Antwort, es gibt ein richtig oder falsch. Es gibt dafür auch kein Pflichtenheft, in dem man schnell blättern könnte, es gibt keine Blaupause. Die Überforderung aller Beteiligten ist offensichtlich, man steht sprachlos vor dem Unfassbaren, weil jeder an Grenzen stößt – außer den Ärzten, die ein Leben retteten. Am sinnvollsten wäre gewesen, das Spiel nach 43 Minuten zu beenden und es mit 0:0 zu werten. Hinterher weiß man es besser.“

Julian Graeber (Tagesspiegel) erinnert sich: „Es ist nicht das erste Mal, dass der Verband derart unsensibel und verantwortungslos handelt. Im April 2017 musste Borussia Dortmund einen Tag nach einem Sprengstoffanschlag auf den voll besetzten Mannschaftsbus ein Champions-League-Spiel bestreiten. Ansonsten wäre die Partie mit 0:3 gewertet worden. Auch am Samstag in Kopenhagen war die Entscheidung nicht so frei, wie die Uefa das darstellt.“

Glückstränen

Christoph Dieckmann (Zeit Online) übermannen die Emotionen: „Nach einer Stunde nutzten die Finnen ihre einzige Torchance. Pohjanpalo köpfte das 0:1. Er jubelte nicht. Die Dänen mühten sich danach so redlich wie vergebens. Poulsen ergaunerte noch einen Fallelfmeter, den Hrádecký nach ritterlich laschem Schuss von Højbjerg parierte. Dann war Schluss. „Heute wurden wir daran erinnert, was wichtig im Leben ist“, sagte Trainer Hjulmand. Er könne nicht stolzer auf seine Mannschaft sein. Was sie geleistet habe, sei unglaublich. Christian Eriksen wurde zum Spieler der Partie gewählt. Ich heule vor Glück, weil er lebt.“

Die letzten Zeilen gehören Claudio Catuogno (SZ): „Die dänische Mannschaft wird mit einer Niederlage gegen Finnland leben können angesichts der viel wichtigeren Nachricht, dass Christian Eriksen die Notsituation überstanden hat. Aber so komplex der Sachverhalt ist und so sehr am Ende immer die Einzelfallprüfung nötig sein wird: Die Uefa als Veranstalter sollte sich klarere Regeln geben. Damit beim nächsten Mal niemand im Schockzustand weiterspielen muss, selbst wenn er in diesem Moment der irrigen Meinung ist, dass es schon gehen wird.“

freistoss des tages

 

Kommentare

1 Kommentar zu “Euro 2020 – The show must go on”

  1. wowiki
    Montag, 14. Juni 2021 um 11:39

    Moin

    wie man -auch- lesen durfte
    hat die UEFA eine Klausel im „Programm“
    dass:
    auf jeden Fall man hätte unterbrechen können
    auf nächsten – bzw.- in möglichst nahem Termin
    das Spiel neu ansetzen – KÖNNEN .

    DASS man nicht hätte weiterspielen sollen,d‘accord !

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