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Bundesliga

Müde Adler und ein verunsicherter Künstler

Kai Butterweck | Dienstag, 24. August 2021 Kommentare deaktiviert für Müde Adler und ein verunsicherter Künstler

Nach dem zweiten Spieltag im Pressefokus: Der holprige Saisonstart von Eintracht Frankfurt und die umstrittene Personalie Leroy Sané

Jonas Wengert (Zeit Online) beschäftigt sich mit dem Fehlstart der Eintracht aus Frankfurt: „Es läuft nicht bei den Adlern und ihrem neuen Trainer Oliver Glasner. Aus im Pokal, Klatsche zum Saisonauftakt gegen Dortmund und auch gegen gewohnt destruktive Augsburger reichte es nur zu einem 0:0. Ziemlich sicher bedauerten viele Eintracht-Fans besonders an diesem Samstagnachmittag, dass sich André Silva im Sommer dazu entschied, statt in Frankfurt lieber in Leipzig zu kicken. Der portugiesische Mittelstürmer hätte eine der vielen Torchancen höchstwahrscheinlich genutzt. Seine Erben scheiterten jedoch entweder am eigenen Unvermögen oder an Rafał Gikiewicz.“

Eklatante Abschlussschwäche

Ralf Weitbrecht (FAZ) fordert neue Offensivkräfte: „Automatismen funktionieren noch nicht wie gewünscht, Neuzugänge brauchen Zeit. Glasner gibt sie ihnen. Der Frankfurter Fußballlehrer will nichts überstürzen. Dass sich seine Mannschaft taktisch in neuem Korsett präsentiert, bedeutet nicht, dass alles sofort auf Anhieb harmoniert. Aber die ersten drei Pflichtspiele in der Liga und dem schon beendeten Pokal haben vor allem ein Defizit schonungslos vor Augen geführt: die eklatante Abschlussschwäche. Das torlose Remis gegen Augsburg hat nochmals verdeutlicht, dass die Eintracht dringend weitere stürmische Hilfe benötigt.“

Frankfurt-Coach Glasner stellt auf eine Vierer-Abwehrkette um. Ingo Durstewitz (FR Online) sorgt sich Filip Kostic: „Aus dieser Taktik heraus ergibt sich eine gravierende Umstellung für den besten Frankfurter Spieler Filip Kostic. Durch Hintermann Lenz muss der Serbe sein Spiel modifizieren und kann nicht mehr so oft außen am Flügel zu seinen Soli aufbrechen. Das war jedoch seine größte Stärke: mit Anlauf zu seinen gefürchteten Sprints ansetzen und seine berüchtigten Flanken schlagen. Nun ist der Platz oft verstellt, nicht nur von Lenz, sondern auch von Jesper Lindström, der sich ebenfalls ab und an links tummelt. Wird somit also nicht Kostic seiner größten Stärke aus den eigenen Reihen beraubt?“

Wieder einmal selbst geschlagen

Nach dem furiosen Auftaktsieg zieht der BVB im Spiel gegen Freiburg überraschend den Kürzeren. Kerry Hau (spox.com) vermisst schwarzgelbe Konstanz: „Sicher, die Breisgauer sind traditionell unangenehm zu bespielen und bereiten im eigenen Stadion sogar dem Branchenprimus FC Bayern immer wieder gerne Probleme, doch der BVB hat sich am Samstag in erster Linie wieder einmal auf unnötige Art und Weise selbst geschlagen. Wie schon in den vergangenen Jahren regelmäßig, besonders gerne bei vermeintlichen Pflichtaufgaben wie gegen Augsburg, Mainz oder eben Freiburg.“

Viele Hertha-Fans erhoffen sich von Rückkehrer Kevin-Prince Boateng sportliche Wunderdinge Stefan Hermanns (Tagesspiegel) dämpft die Erwartungen: „Weil Cunha aus disziplinarischen Gründen nicht im Kader stand, besetzte Dardai die Zehnerposition mit Kevin-Prince Boateng. Doch dessen erster Heimspielauftritt im Olympiastadion noch 5216 Tagen nährte eher die Zweifel, dass Herthas Plan mit dem inzwischen 34-Jährigen tatsächlich aufgeht. Boateng konnte nur dank der Einnahme von Schmerzmitteln überhaupt spielen und musste trotzdem schon vor der Pause wegen Rückenbeschwerden ausgewechselt werden. Bis dahin war sein Einfluss auf Herthas Spiel recht überschaubar gewesen.“

Der Ball macht was er will

Der FC Bayern München tut sich gegen aufopferungsvoll kämpfenden Kölner erstaunlich schwer. Klaus Bergmann (Berliner Zeitung) reibt sich die Augen: „Der Rückenwind des Supercup-Gewinns gegen Dortmund stellte sich lange nicht ein. Ungewöhnlich viele Fehlpässe schlichen sich gerade in der ersten Hälfte ins Münchner Spiel ein. Es gipfelte in Pfiffen nach dem x-ten Ballverlust von Nationalspieler Sané. Der Flügelstürmer war aber nicht der einzige Münchner, dem der Ball einfach nicht gehorchen wollte.“

Nach einer durchwachsenen Leistung wird Leroy Sané von den eigenen Fans ausgepfiffen. Martin Einsiedler (Tagesspiegel) stellt sich schützend vor den Dribbelkünstler: „Der frühere Nationalspieler Mesut Özil war von einem Tag auf den anderen nicht mehr der technisch hochveranlagte Weltmeister, sondern nur noch ein schlampiges Genie, das sich gern mit Autokraten umgibt. Leroy Sané ist von einer solchen öffentlichen Vernichtung noch entfernt. Doch der Druck auf ihn nimmt mit jedem misslungenen Dribbling, jedem Fehlschuss zu. Dabei ist es genau das, was Sané in noch jüngeren Jahren zu einem der spannendsten Außenspieler Europas gemacht hatte. Auf ein, zwei verkorkste Aktionen folgte oft eine geniale. Sollte die Angst vor Fehlern künftig sein Spiel beherrschen, würde er sich seiner größten Stärke berauben.“

Wachsende Ungeduld

David Digili (t-online.de) macht Sané-Fans nur wenig Hoffnung: „Die ganz große Rolle, die ihm nach seiner Verpflichtung bei den Bayern zugedacht war, Sané konnte sie noch nicht erfüllen. Zehn Tore und zwölf Vorlagen in 44 Spielen der vergangenen Saison lesen sich zwar ordentlich, aber nicht überragend, auch nicht in einem ausgeglichenen Kader wie dem der Bayern. Zu oft spielte Sané nur mit. Nun muss er mit wachsender Ungeduld kämpfen.“

Gegen Mainz 05 trifft Bochums Spieler Gerrit Holtmann in Messi-Manier. Ulrich Hartmann (SZ) applaudiert: „Holtmann sagte, er vertraue seinem rechten Fuß nicht so uneingeschränkt. Also lief er weiter, legte sich den Ball zurecht, tunnelte mit dem linken Fuß den Mainzer Torwart Robin Zentner zum 1:0 und löste in der 370 000-Einwohner-Stadt Bochum im Herzen des Ruhrgebiets Fußballgefühle aus, die man dort lange nicht mehr verspürt hatte. Es muss ungefähr so gewesen sein, als fände ein Rentner auf dem Dachboden zufällig das heißgeliebte Spielzeug aus der Kindheit wieder.“

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