indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Donnerstag, 25. März 2004

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Dieser Malteser schlug den Verantwortlichen des VfL Wolfsburg auf den Magen

FAZ (12.5.). „Dieser Malteser schlug den Verantwortlichen des VfL Wolfsburg auf den Magen. Der kleinste Spieler auf dem Feld macht nach einer Ecke ein Kopfballtor, lamentierte VfL-Trainer Jürgen Röber nach dem Treffer zum 2:2-Ausgleich des 1. FC Kaiserslautern in der Volkswagen Arena, das kann nicht sein. Konnte aber doch, weil der nur unwesentlich längere Wolfsburger Roy Präger nicht aufgepaßt hatte – und damit erkämpften sich die Pfälzer dank des Treffers des eingewechselten Michael Mifsud den vielleicht schon ausreichenden letzten Punkt zum Klassenverbleib in der Fußball-Bundesliga. So richtig aber wußten beide Seiten am Samstag nichts mit der Punkteteilung anzufangen.“

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Themen

Themen: Dortmunder Klubführung setzt Spieler unter Druck – Rechtsstreit zwischen alter und neuer Klubführung Kaiserslauterns

Führung spielt geschickt mit dem Druck, den die Öffentlichkeit erzeugt

Freddie Röckenhaus (SZ 2.9.) erläutert die Strategie der Dortmunder Führung. „Die dramatischen Einnahmeverluste, die der BVB durch die unerwartete Nicht-Qualifikation für die Millionen-Liga erleidet, möchten Manager Michael Meier und Präsident Gerd Niebaum an die Mannschaft weitergeben. „Es geht nur um eine Gehaltsumwandlung“, sagt Meier, der Erfinder des revolutionären Modells: „Wir appellieren an das Verantwortungsgefühl, 20 Prozent des Festgehalts freiwillig in eine leistungsabhängige Zahlung umzuwandeln. Das ist kein unfaires Angebot.“ Die Dortmunder Spieler würden praktisch eine Wette auf die eigenen Leistungen abschließen, was der derzeit verletzte Kapitän Christoph Metzelder, staatsmännisch kommentiert: „Die Mannschaft ist auf keinen Fall unsensibel für die ganze Problematik.“ Dortmunds Mannschaft kostet über 60Millionen Euro pro Saison. Es ist der vermutlich teuerste Kader der Bundesliga. Die meisten Verträge datieren noch aus Zeiten der Kirch-Euphorie, als die Klub-Präsidenten meinten, das Wachstum sei nicht aufzuhalten. Seit dem Kirch-Crash und dem Zusammenbruch der Werbe- und Fernsehmärkte sitzen vor allem Klubs wie Dortmund auf hohen Festgehältern. Denn in der Hysterie, die vor einigen Jahren Europas Fußball-Szene beherrschte, konnten Stars wie Amoroso, Koller, Rosicky, Kehl oder Frings Verträge fast ohne leistungsbezogenen Anteil durchsetzen. Nun knarzt und ächzt das „Gebilde Borussia Dortmund“, wie Manager Meier den Traditionsklub unlängst bezeichnete. „Wir haben auf keinen Fall irgendein Liquiditätsproblem“, sagt Meier, „wir werden aber in diesem Geschäftsjahr hohe Verluste machen, wenn sich nichts ändert.“ (…) Doch die Führung spielt offensichtlich geschickt mit dem Druck, den die Öffentlichkeit erzeugen wird. Absichtsvoll hat Meier in einem Interview geschätzt, die Mannschaft sei „dreimal so teuer wie die des VfB Stuttgart“. Wer als Verzichts-Verweigerer geoutet wird, darf sich im Westfalenstadion deshalb sicher auf gezielte Pfeifkonzerte gefasst machen. Zorc hat bereits burschikos angekündigt, wer weg wolle, könne gehen. Angesichts des „toten Transfermarktes“, so Zorc, könne er Spielern nur Glück wünschen, einen neuen Verein zu finden, der auch nur die verbleibenden 80 Prozent der bisherigen Dortmunder Gehälter zu zahlen im Stande sei.“

Aus Madrid schreibt uns Gunnar Ehrke, ein sorgenvoller Dortmund-Fan. „Hi Oli! Dortmund verliert ein Elfmeterschießen und gleichzeitig seine Souveränität. Das Aus gegen Brügge bedeutet schlicht ein Jahr ohne CL, nicht ohne internationalen Wettbewerb. Die Reaktionen aus Dortmund und den Medien darauf sind jedoch erschreckend. Für einen Dortmundfan sogar Angst einflößend. Der Beobachter bekommt den Eindruck, das letzte Stündchen der Borussia hätte geschlagen. Da werden personelle Maßnahmen angekündigt; allerdings nicht aus disziplinarischen Gründen oder gemäß der Einsicht, dass einzelne Spieler der Mannschaft nicht weiterhelfen. Nein, als finanzpolitisches Instrument um die Borussia überlebensfähig zu halten. Ein möglicher Wechsel Metzelders nach Madrid (für lächerliche 9 Mio.!!!), immerhin ein Herzstück und Hoffnungsträger der jungen Dortmunder Mannschaft, wird halbherzig bis gar nicht dementiert. An die Profis wird die Forderung herangetragen, auf einen Teil des Gehalts zu verzichten. Manager Meier verkauft dies als Motivationshilfe für die Spieler. Wem es an Menschenkenntnis mangelt und psychologisches Basiswissen nicht zur Verfügung steht, kann sich auch einfach beim HSV erkundigen, wie sich diese innovative Idee auf die Mannschaft ausgewirkt hat. Für den Außenstehenden entsteht der Eindruck, Mannschaft und Verein fielen gleichzeitig und unwiederbringlich auseinander. Zerbrochen an einem Elfmeterschießen und dessen ökonomischen Konsequenzen. Ich vermisse das bestimmte Auftreten des Präsidenten Niebaum und des Managers Meier. Jahrelang für Seriosität und weitsichtiges Wirtschaften gerühmt. Ein Satz wie der Einnahmeverlust schmerzt, hat aber auf einen solide geführten Verein wie den unseren keinen schwerwiegenden Einfluss würde helfen, jeden Borussia-Fan mit wirtschaftlichem Basiswissen etwas ruhiger schlafen zu lassen. Im Vertrauen auf die Ehrlichkeit von Jesuitenschülern und des einzigen aufrechten Anwalts. Ich hoffe inständig, dass ich diese Aussage hier in Madrid einfach nur verpasst habe. Ich fürchte aber, dass sie gar nicht kommen wird. Ich habe Angst vor der nahen Zukunft. Täglich erwarte ich Nachrichten über einen Spielerverkauf. Natürlich keine Mitläufer, denn die bringen kein Geld. Im Wirtschaftsteil suche ich nach Neuigkeiten über weitere Leasingmodelle (Stadion) und bei den Sponsoren (z.B. Nike) droht die Meldung einer Vorabzahlung an Dortmund. Natürlich im Vertrauen auf die gute beidseitige Zusammenarbeit. Ich habe Angst, und Uli Hoeneß hat es vermutlich schon lange gewusst. Ganz Deutschland sollte einen Kloß im Hals haben, wenn der letzte dauerhafte nationale Konkurrent der Bayern aufgeben und von nun an kleinere Brötchen backen muss. Und alles wegen eines verlorenen Elfmeterschießens.“

Vermeintliche Fussballexperten

Martin Hägele (NZZ 2.9.) schildert den (rechtlichen) Streit zwischen der alten und der neuen Führung des 1. FC Kaiserslautern. „Es ist gerade ein Jahr und zwei Monate her, seit Robert Wieschemann am DSF-Stammtisch lächerlich gemacht wurde. Wohl noch nie hat sich ein hoher Klubfunktionär öffentlich so entblödet wie der damalige Aufsichtsratsvorsitzende des 1.FC Kaiserslautern. Als Folge seines vereinsschädigenden TV-Auftritts legte er ein paar Tage später sein Amt nieder. Wenn es um die „roten Teufel“ und die Vergangenheitsbewältigung geht, verwandelt sich der in der ganzen Pfalz als Insolvenzverwalter geschätzte Wieschemann in einen cholerischen Fussballrechthaber. In dieser Jetzt-rede-ich-Stimmung hat er seine legendäre Fernsehnummer nun in einem Interview mit Sport-Bild noch an Peinlichkeit übertroffen. Unter anderem warf er dem Vorstandsvorsitzenden René C.Jäggi „Untreue am Vereinsvermögen“ vor. Natürlich kann sich Jäggi, der bisher als der grosse Sanierer und Retter im Fritz-Walter-Verein gegolten hat, solche Vorwürfe nicht gefallen lassen. Erst recht nicht von einem, den die meisten Leute in der Stadt für den Totengräber des Traditionsklubs halten, zusammen mit seinen ehemaligen Präsiden Friedrich und Herzog. Mit zwei Anwälten und Experten der Steuerprüfungsgesellschaft PWC wehrte sich der Unternehmer aus Basel bei einer eigens zu diesem Zweck einberufenen Pressekonferenz in Frankfurt. Selbstverständlich hat der FCK Strafanzeige gegen seine alten Bosse gestellt (…) Unglücklicherweise beginnt gerade jetzt das Image von Klubchef Jäggi und dessen Trainer Gerets zu bröckeln. Die vom belgischen Altinternationalen zusammengestellte Gruppe erweist sich von Spiel zu Spiel mehr als Ensemble von Duckmäusern, die sich beim leisesten Widerstand freiwillig ergeben. In dieser Fremdenlegion aus 17 Herren Ländern lässt sich kaum ein Kerl mit Charakter entdecken. Alle fragen sich, wie lange Jäggi seinem Partner die Stange hält. Wieder einmal zeigt sich, wie schnell in dieser Branche der Lorbeer welkt. Wie ein Volksheld war Gerets nach der glückhaften Aufholjagd in der Rückrunde der vergangenen Saison gefeiert worden, in der Südwestregion galt der alte Haudegen aus erfolgreichen belgischen Fussballzeiten als Trainer des Jahres. Wie lange aber hält dieser Kredit an der Basis? Obwohl man eines mit Sicherheit behaupten kann: Wenn Jäggi nicht nur die Symptome des Niedergangs der „roten Teufel“, sondern dessen Wurzeln bereinigen will, dann steht ihm noch ein langer Kampf bevor – denn er muss weit zurück zu den Ursachen. In jene Zeiten, als sich der ganze Klub dem Trainer Otto Rehhagel an die Brust warf, über dessen Freundeskreis und in dessen Sog Leute wie Wieschemann, Herzog und Friedrich zu vermeintlichen Fussballexperten aufstiegen – obwohl dieses Spiel für sie ein paar Nummern zu gross war.“

FR-Spielbericht Kickers Offenbach – Eintracht Frankfurt 4:5 n.E.

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Die Arbeitsteilung im englischen Trainerteam

Die Arbeitsteilung im englischen Trainerteam beschreibt Ronald Reng (FR 21.6.). „Noch vor ein paar Jahren, als Eriksson beim italienischen Erstligisten Sampdoria Genua arbeitete, machte er alles selber, sogar das Konditionstraining. Bei Lazio Rom, einer seiner folgenden Stationen, „hatte er dann erstmals einen Fitnessspezialisten, so einen Volleyballer“, sagt Grip. Heute konzentriert sich Eriksson auf die entscheidenden Entscheidungen: Wer spielt, in welchem System und auf welche Weise gespielt wird. Richtlinienkompetenz könnte man dazuanalog der Politik sagen. In ausländischen Zeitungen wird noch immer so getan, als habe Eriksson wie ein Magier den englischen Fußball aus der Steinzeit geholt. Eine lächerliche Annahme für alle, die ein bisschen näher hinschauen. An Englands defensiver Stärke bei dieser WM etwa hat Coach Steve McClaren einen größeren Anteil. McClaren, im Hauptberuf Cheftrainer beim Erstligisten FC Middlesbrough, hat quasi im Ferienjob das Stellungsspiel des englischen Teams in Defensivsituationen, von den Stürmern rückwärts, enorm verbessert. „Er macht das viel besser, als ich es jemals könnte“, gibt Eriksson gerne zu.“

Zur Situation des englischen Fußballs meint Peter Heß (FAZ 20.6.). „Ein paar hoffnungslose Romantiker sehen sich immer noch nach den guten alten Zeiten. Damals, als englische Nationalmannschaften rannten, ackerten und kämpften, bis ihnen das Blut in den Fußballstiefeln stand. Immer mit vollem Einsatz das Spielfeld rauf und runter – und doch nie am Ziel. Diesen Nostalgikern kommt gar nicht der Gedanke, dass der typisch britische Stil vielleicht der Grund für die anhaltende Erfolglosigkeit ist (…) Von den Ewiggestrigen zu den Fortschrittsgläubigen: Die meisten englischen Fußballbegeisterten sind von Sven-Göran Eriksson ganz hingerissen. Nicht, weil die Engländer seinen Fußball vom Reißbrett so sehr liebten. Sie lieben es zu siegen (…) Eriksson verhehlt nicht, Sohn eines schwedischen Bauern, dass die Zeit in Italien ihn taktisch geprägt habe. Dort führte er Sampdoria sowie die AS Roma und Lazio zu nationalen Meister- und Pokalehren, auf eine Art und Weise, wie sie die meisten italienischen Trainer pflegen: kein Risiko eingehen, Torchancen des Gegners vermeiden, auf den rechten Moment der eigenen Attacke warten.”

Peter B. Birrer (NZZ 13.6.) schreibt über den Support englischer Fans. „Jene Stadien, in welche die englischen Fußballer einlaufen, werden von zwei Farben in Besitz genommen, von der roten und der weißen, denjenigen Englands eben. Jede Stelle, die per Diktat des Weltfußballverbands Fifa nicht schon mit irgendwelchen Werbebotschaften zugekleistert oder sonst zur Sperrzone erklärt worden ist, wird mit Hunderten von Transparenten ausgestattet. Die Engländer lobpreisen ihre Fußballstars, sie intonieren auch die Nationalhymne wie niemand sonst, während des Rituals vor Beginn des Spiels – oder auch während dessen (…) Die Dankbarkeit kennt wenig Grenzen. Auch wenn sich England und Nigeria außerordentlich belanglos 0:0 trennen und während mehr als 90 Minuten keine Anstalten machen, mehr Tempo und auch nur ein bisschen mehr Unterhaltung zu bieten, sind in den Sektoren der Engländer keine Unmutskundgebungen auszumachen (…) Sie klatschen, wenn der Ball nur schon in die Richtung von Michael Owen fliegt; oder wenn Teddy Sheringham für Emile Heskey eingewechselt wird; oder wenn Paul Scholes im Mittelkreis einen harmlosen Zweikampf gewinnt; oder wenn Beckham temporär von der rechten auf die linke Seite hinüberrennt; oder wenn Torhüter David Seaman den Ball erst beim zweiten Mal fest in seinen Händen hält“

Die Anteilnahme der englischen Öffentlichkeit beim Erfolg gegen Argentinien beschreibt Christian Eichler (FAS 9.6.). „Am Morgen danach strahlte David Beckham von allen Kiosken ein Volk an, das einen solchen Feiertag lange nicht mehr erlebt hatte. Auch sein Vorgänger als Charismatiker des englischen Fußballs, Paul Gascoigne, trug das Trikot mit den drei Löwen – er hatte sich unter Tausende feiernde Fans auf dem Londoner Trafalgar Square gemischt. Am Freitag Mittag war England praktisch zum Erliegen gekommen, hatten sich zwanzig Prozent der Arbeitnehmer frei genommen, siebzig Prozent das Spiel während der Arbeitszeit angeschaut und die meisten anderen sich krank gemeldet. Volkswirte befürchteten bis zu vier Milliarden Mark (sic!) an Produktivitätsverlust, aber das wäre nichts gegen den nationalen Gefühlsgewinn, den das 1:0 gegen Argentinien bedeutete.“

Über die Methoden von Englands Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson berichtet Christian Eichler (FAZ 23.5.). „Konsequent ließ er alle Spieler zu Hause, die disziplinarische Probleme hatten, und davon gibt es in England genug; so verzichtete er auf Graeme Le Saux, obwohl der die Probleme auf der linken Abwehrseite hätte lösen können. Das Resultat ist, dass zum ersten Mal seit Jahrzehnten von einer englischen Auswahl keine größere Gefahr für die Hotel- und Flugzeugeinrichtungen ausgeht als von einer Pilgergruppe auf dem Weg nach Lourdes. So konnte Eriksson es sogar wagen, beim Trainingslager in Dubai sieben Spielern Ausgang nach dem Abendessen zu gewähren. „Mindestens zwei“ davon seien Antialkoholiker, rechnete der „Daily Telegraph“ aus, „die höchste Quote der englischen WM-Geschichte“. Selbst Elfmeter lässt Eriksson üben, anders als Glenn Hoddle bei der letzten WM, der meinte, der Ernstfall lasse sich nicht trainieren. Aus dem Scheitern im Elfmeterschießen 1990 und 1998, dazu bei der EM 1996 ist in der Fußball-Folklore so etwas wie ein Aberglaube des unabwendbaren Penalty-Schicksals entstanden – Teil zwei des englischen Fußball. Teil eins hieß: Gegen Deutschland kann man nicht gewinnen. Das ist seit dem 5:1 von München vorbei.“

Martin Pütter (NZZ 14.5.) hat in Englands Öffentlichkeit eine eigenartige und zugleich typische Erwartungshaltung beobachtet. “In England herrscht wieder Hochbetrieb der ganz besonderen, alle vier Jahre wiederkehrenden Art – und es ist ein Hochbetrieb wie fast nur im Mutterland des Fußballs. In den teilweise vehement geführten Diskussionen unter den Fans geht es dabei nicht darum, die Selektion von Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson für die WM in Japan und Südkorea als gut oder schlecht zu bezeichnen. Es wird auch nicht darüber gestritten, wie weit Englands Team, das in der so genannten “Todesgruppe” (Eriksson) mit Argentinien, Schweden und Nigeria ist, an diesem Turnier kommt. Es wird vielmehr, in Zusammenarbeit mit den Medien, nach der besten Entschuldigung dafür gesucht, dass es weiterhin nur bei einem Gewinn eines WM-Titels bleibt (…) Eriksson lieferte zuletzt auch Punkte, welche Fans und Medien als Entschuldigungen bei einem Scheitern anführen können. Seine Mannschaft sei nur Außenseiter, selbst wenn das in England viele anderes sehen mögen, sagte der Schwede im vertrauten Kreis. Er habe eine der jüngsten Mannschaften des Turniers, und seine Spieler seien noch viel zu jung, eine WM zu gewinnen. Doch dann fügte Eriksson als geschickter Psychologe noch einen kurzen Nachsatz hinzu, der in England Optimismus bringen kann: “Diesmal.” In vier Jahren dann, an der WM in Deutschland, kann dann allerdings die Suche nach Entschuldigungen vor Turnierbeginn wieder von neuem losgehen.”

Heinz Stadler (NZZ 24.4.) über die Vorbereitungen der englischen Öffentlichkeit auf die christlichen Anstoßzeiten der Fußball-WM. “Am 2. Juni, am Sonntagmorgen um 10 Uhr 30 GMT, spielt England in der fernöstlichen Stadt Urawa gegen Schweden sein erstes WM-Spiel. Die englischen Brauereien raten den Wirten, sich darauf einzustellen und die Pubs schon morgens um sieben Uhr zu öffnen. Nach vorsichtigen Schätzungen wird mit einer Umsatzsteigerung in der Höhe von neun Millionen Pfund gerechnet. Die anglikanische Kirche, die den Kampf gegen die Ersatzreligion Fußball schon verloren glaubte, macht sich die Zeitverschiebung zunutze und will nicht nur das erste Englandspiel in die Gotteshäuser übertragen lassen, sondern sogar erlauben, Bier mitzubringen. Das Rauchen, Fluchen und die verbale Beschimpfung der Gegner Englands sind dagegen untersagt. Ob die Pfarrherren für den Fall durchaus möglicher Verstösse mit roten und gelben Karten ausgerüstet werden, ist bisher nicht bekannt.”

Schweden

Ronald Reng (SZ 14.6.) über schweidsche Tugenden. “Geradezu besessen sind die Schweden als Nation davon, bodenständig zu sein. An niemandem lässt sich das besser festmachen als an ihren Sportlern. Dass sie sich in einer Vorrundengruppe mit England, Argentinien und Nigeria als Tabellenerster für das Achtelfinale gegen Senegal qualifizierten, bewegte Trainer Tommy Söderberg allerdings doch; wenngleich auf andere Art, als man hätte annehmen können. Er entschuldigte sich: „In meinem Herzen fühle ich mit Argentinien.“ Gefragt nach den Qualitäten seiner Elf antwortete Olof Mellberg, rechter Verteidiger: „Wir hatten Glück.“ Doch das schwedische Glück hat schon seit Jahren System. Schweden ist die Mutter all dieser kleinen Teams wie Dänemark, Irland oder USA, die bei der WM die Favoriten entzauberten. Es sind keine Siegermannschaften. Bloß Teams, die hart zu schlagen sind.”

Die NZZ (3.6.) portraitiert den schwedischen Trainer Englands. „Eriksson ist auch auf der Insel und während der Weltmeisterschaft derjenige geblieben, der er schon immer war: der kühle Schwede, der Anständige und nie Ausfällige, der Korrekte, leise und kontrolliert Sprechende, der auch im größten Trubel nicht aus der Fassung zu bringen ist. Eriksson ist der Diplomat im Scheinwerferlicht, er entspricht dem Klischee des kühlen Nordländers in geradezu perfekter Art und Weise.“

Christian Eichler (FAZ 1.6.) über “die Schweden, gegen die England seit 33 Jahren nicht mehr gewonnen hat. Sie beschäftigen gleich zwei Trainer. Beide haben gerade ihre Verträge verlängert und tragen Namen, die nach Knäckebrot klingen: Söderberg und Lagerbäck. Bei ihnen weiß man immer, was kommt: disziplinierte Langeweile und eine Abwehr aus Schwedenstahl. Ein vergleichsweise bunter Vogel ist noch Torwart Magnus Hedman, der schon mit 23 mit seiner eigenen Textilfirma die erste Million verdiente, mit einer der hübschesten und erfolgreichsten Popsängerinnen Schwedens verheiratet ist und offenbar nur zum Spaß Fußball spielt. Seit Jahren ist Hedman der am schwersten zu schlagende Schlussmann der Welt: Von den letzten 50 Länderspielen blieb Schweden 29 Mal ohne Gegentor; die Durchschnittsquote von 0,6 Gegentreffern seit 1998 bedeutet Platz eins der Hinten-dicht-Weltrangliste.”

Argentinien

Romeo Rey (FR 13.6.) über den Stellenwert des Fußballs in der argentinischen Bevölkerung. „Fußball: für Millionen Argentinier das einzige, was ihnen in dem Jammertal des politischen, sozialen und ökonomischen Zerfalls noch Glücksgefühle vermitteln konnte (…) Mitten in der schwersten wirtschaftlichen und sozialen Krise der Geschichte Argentiniens hatte in diesen ersten 13 WM-Tagen ein kurzer, aber heftiger Boom eingesetzt. Das Nachtleben von Buenos Aires, das die jahrelange Rezession gnadenlos ausgelöscht hatte, flackerte zur Geisterstunde plötzlich wieder auf. Der Lärm in den Kneipen wollte bis in den Morgengrauen nicht verstummen. Schlaftrunken trollten sich die Unverwüstlichen nach den Spielen der Vorrunde vom Morgenkaffee in der Bar geradewegs zur Arbeit. Nach Monaten, gar Jahren der Dürre hatte mancher Gastwirt beim Kassensturz endlich wieder einmal Grund, sich die Hände zu reiben. Dank der WM (…) Fußball ist für den Südamerikaner eine ungleich demokratischere Angelegenheit als alle zivile Politik. Die Regeln sind für jedermann gleich. An Sieg und Niederlage haben alle gleichermaßen teil. Die Reichen können den Armen, wie ansonsten immer und überall in dieser ungerechten Welt, den schönsten Happen nicht wegschnappen. Und auch die Frustration wird gleichmäßig verteilt. Demokratisch auch, weil ihre Länder auf dem Rasen wie nirgendwo sonst mithalten können: auf gleicher Höhe mit der Ersten Welt (…) Das Stückchen Stoff verkörperte bis Mittwoch früh die Hoffnung, dass die Nation, die wirtschaftlich und finanziell am Ende ist, der ganzen Welt ein weiteres Mal den Meister zeigen würde.“

Die argentinische Tageszeitung Clarín (13.6.) zum selben Thema. „Die Tränen von Batistuta berührten sogar die Großmütter, die sich um ihre Rente sorgen. Die Familienväter fragten sich, wie sich die nationale wirtschaftliche Situation verändern soll, wenn noch nicht mal der Kopfball von Sorín den Weg ins Tor findet. Die Mütter bemerkten, dass die Nationalmannschaft – wie ihr Haushalt – nicht bis zum Ende des Monats ausreichen wird. Die Jugendlichen, in Zeiten, in denen sie von der Furcht vor der Unsicherheit und Geldmangel geprägt sind, verstanden, dass sie ab jetzt noch nicht mal die Illusion der Weltmeisterschaft haben werden.“

Cesar Luis Menotti (FR 25.5.). “Die Kassen des Staates sind so leer wie die der Vereine. Schuld tragen die Leute, die die Macht an sich gerissen haben, die Klubvorstände und die regierenden Politiker. Diese herrschende Klasse hat nicht das geringste Empfinden für die Wünsche und Hoffnungen der Menschen und wittert überall nur einträgliche Geschäfte – natürlich nur solche, von denen allein sie profitiert und bei dem die wichtigsten Sektoren der Gesellschaft an den Rand gedrängt werden. Diese Machthaber haben den Fußball pervertiert, von einem Fest zu einer kriegerischen Handlung. Fast überall in Lateinamerika werden neuerdings die Austragungsorte in militarisierte Zonen verwandelt. Es kommt immer häufiger zu Gewaltexzessen auf den Tribünen und rund um die Stadien. Für uns Lateinamerikaner ist das ein sinnfälliger Ausdruck unserer tragischen Realität. Aber die politische Klasse und die Präsidien der Vereine leugnen die Ursachen dieser Gewalt. Sie machen alle Fußballanhänger dafür verantwortlich, obwohl jeder weiß, dass der Radau von kleinen Randgruppen ausgeht, deren Drahtzieher bekannt sind. In Lateinamerika erleben wir das, was man Globalisierung nennt, anhand solcher Entwicklungen: Wir erleben in einer von ökonomischen Machtinteressen diktierten Welt eine unfassbare Abwesenheit des Staates. Er kommt seiner Funktion nicht mehr nach, den gesellschaftlichen Institutionen – wie etwa Fußballvereinen – einen Rahmen zu schaffen, innerhalb dessen sie sich entwickeln können. Und er organisiert nicht mehr die lebenswichtigen Bereiche wie Erziehung, Gesundheit und Sicherheit. Der Staat überlässt das Feld jenen, die sich an keine Regeln mehr halten. Das zerstört die Gesellschaft – und den Fußball. So erweist sich die Großartigkeit des Fußballs auf beklemmende Weise: Indem wir seinen Niedergang beobachten, erinnert uns der Fußball daran, dass wir, geblendet vom Glanz einer WM, nicht den Zustand der Welt aus den Augen verlieren dürfen.“

Delikates offenbarte der argentinische Internationale Diego Simeone der englischen Tageszeitung Observer (19.5.), indem er nun zugab, die Rote Karte für David Beckham beim WM-Match 1998 absichtlich provoziert zu haben: „Ich verwickelte ihn in einen Zweikampf, und wir gingen beide zu Boden. Als ich versuchte aufzustehen, trat ihr mich von hinten. Und ich denke jeder hätte versucht, in diesem Spiel daraus Kapital zu schlagen. Wenn man nicht jede Gelegenheit nutzt, die sich einem bietet, hat man verloren. Abgesehen von der politischen Geschichte, ist es das Verlangen aller Länder, England zu schlagen. Das Spiel ist ein Klassiker. Und wir spielen es auch als Klassiker, da wir uns alle bewusst sind, wie glücklich wir unser Land mit einem Sieg machen können.“

Uwe Marx (FAS 12.5.) portraitiert den Stürmerstar Gabriel Batistuta: “Dieser unersättlich witternde Torjäger hat auch in den Einsätzen für sein Land nachzählbat Maßstäbe gesetzt. Batistuta hängte in den vergangenen Jahren jeden anderen Spieler, von Mario Kempes bis Diego Maradona, in der Torstatistik locker ab. Und das, obwohl er unter Nationaltrainer Daniel Passarella mal ein ganzes Jahr nicht spielen durfte. Passarella wollte, dass er sich die Haare schneiden lässt. “No!”, sagte Batistuta empört. Das würde er nur tun, wenn ihn seine Frau Irina darum bitten würde. Tat sie aber nicht, also wartete Batistuta, bis Passarella gehen musste. Danach spielte und traf er wieder. Bis heute 56mal in 75 Partien.”

Jorge Valdano (FAZ 8.5.) – argentinischer Ex-Nationalspieler, Weltmeister 1986 sowie heutiger Generaldirektor von Real Madrid – über den Stil der argentinischen Mannschaft: “Argentinien ist keine typisch südamerikanische Mannschaft, vielmehr eine europäische Mannschaft mit südamerikanischen Spielern. Diese haben sich in den besten europäischen Mannschaften weiter ausgebildet und werden in der Nationalelf eine europäische Mannschaftsdisziplin haben. Es ist eine sehr kompakte Gruppe von Spielern, die schon in der Angriffsreihe starke Pression auf den Gegner ausüben. Außerdem fühlen sie sich ihrem Land sehr verpflichtet. Sie wollen ihren Landsleuten in deren schwieriger Situation jetzt eine Freude machen.”

Markus Deggerich (Spiegel Online 19.4.) hat in Argentinien hautnah Fußballeuphorie erlebt. “Nach dem Sieg über Deutschland kann Argentinien die WM kaum erwarten”. Doch hat dieser Sport auch eine politsche Bedeutung: “Gerade jetzt in der Krise gilt Deutschland vielen Argentiniern als ein Vorbild. Ihr seid doch auch wieder hochgekommen ist eine Standardformel und dass das sogenannte deutsche Wirtschaftswunder einherging mit dem ersten deutschen WM-Sieg 1954 in Bern gilt den Argentiniern als Symbol. Der vorsichtige Hinweis, dass der Vergleich mit dem von den westlichen Siegermächten politisch und ökonomisch gewollten (west-)deutschen Kraftwerk im Kalten Krieg mit dem zur Zeit ziemlich nackt und allein dastehenden Argentinien etwas hinken könnte, wird hier weggewischt. Für das geschundene Selbstbewusstsein kommt die WM gerade recht. Der Favorit Argentinien soll den Menschen Zuhause das Gefühl zurückgeben: Wir sind noch wer (…) Am Tag des Spiels demonstrierten wieder Tausende in der Innenstadt vor den Banken lautstark gegen ihre Regierung. Eine halbe Stunde vor Spielbeginn löste sich der Zug auf, sie tauschten ihre Protestplakate gegen die Nationalfahne (…) Am Tag des Spiels saßen, egal ob im Büro oder in der Kneipe, arm und reich und rechts und links gemeinsam vor dem Fernseher (…) Argentinien sehnt sich nach der WM. Bereits in der Vorrunde erwartet die Südamerikaner eine besonders pikante Auseinandersetzung mit England, seit dem Falkland-Krieg von 1982 mit Großbritannien ein Reizwort im Pampa-Staat. Die geschundene nationale Seele erhofft sich beim Kreuzweg durch die aktuelle Krise Linderung durch ihre Lieblingsdroge.“

Till Schwertfeger (Spiegel Online 17.4.) über den öffentlichen Erwartungsdruck in Argentinien: “Durch den souveränen Durchmarsch in der südamerikanischen WM-Qualifikation – nur eine Niederlage in 18 Spielen (gegen Brasilien) – ist die Erwartungshaltung auf den Straßen von Buenos Aires und Mar del Plata für die Titelkämpfe in Japan und Südkorea aber jetzt erst recht wieder enorm hoch. In dem Land, in dem das Wirtschafts- und Finanzsystem zusammengebrochen und die politischen Verhältnisse wacklig sind, ist der Fußball das Opium fürs Volk und das Spiel der Seleccion der größte Kick.”

Michael Horeni (FAZ 17.4.) über Leverkusener Dominanz in der deutschen Nationalelf: “Die bayerische Dominanz, die noch bei der vergangenen und vollständig missratenen Europameisterschaft vorherrschte, hat sich vor dem letzten und wichtigsten Testspiel vor der Nominierung des WM-Kaders jedenfalls verflüchtigt. Wir Leverkusener haben dieselbe Rolle wie die Spieler von Bayern, Dortmund und Bremen, sagt Nowotny in über Jahre erlernter Bayer-Bescheidenheit. Tatsächlich steht aber allein Kapitän Kahn noch für den Münchner Machtanspruch, der in der Nationalelf über Jahre hinweg ganz selbstverständlich erschien. Der unauffällige Verteidiger Thomas Linke, der nach neunmonatiger Verletzungspause noch nicht recht in Tritt gekommene Mittelfeldspieler Jens Jeremies sowie der Null-Tore-Stürmer Jancker sind gegen Argentinien die letzten Vertreter des erfolgreichsten deutschen Klubs, der noch vor einem Jahr als FC Deutschland gefeiert wurde – und ob der zuletzt verletzte Mehmet Scholl, die kreative Bayern-Kraft, bis zur WM in Form kommt, ist die Frage.”

Christoph Kieslich (taz 17.4.) erläutert den argentinischen Stil am Beispiel des Matches gegen Kamerun: “Der 2:1-Führungstreffer gegen Kamerun steht stellvertretend für den Hochgeschwindigkeitsfußball der Südamerikaner. Keine zehn Sekunden benötigte der Ball von der eigenen Strafraumgrenze über Veron, Claudio Lopez und Caniggia bis zum Torschützen Pablo Aimar (…) Gleichzeitig blieb beim Spiel gegen den Afrika-Cup-Sieger nicht verborgen, wo der Kern der Probleme liegt: Fast traditionell geben die Torhüter keine überzeugende Figur ab. Bielsa testete in der Qualifikation nicht weniger als vier Schlussmänner. Derzeit besitzt German Burgos von Atlético Madrid die besten Karten im Trauerspiel.”

Diego Placente, argentinischer Nationalspieler in Diensten Bayer Leverkusens, in einem Interview mit der FAZ (17.4.) über Fußball-”Festtage” in Argentinien: “Manchmal mussten wir vor den Abendspielen einen Mittagsschlaf halten. Die Zimmer waren in meinem damaligen Verein River Plate im Stadiontrakt, und man konnte keine Auge zumachen. Die Fans waren teilweise vier Stunden vor dem Anpfiff da und machten so einen Lärm, dass die Wände in den Zimmern wackelten. Diese Stimmung nahmen wir ins Spiel mit. Wenn wir dann auch noch drei oder vier zu null führten, begannen wir mit Beinschüssen bei den gegnerischen Spielern. Wenn die meisten gelangen, war man für die restliche Woche der Champion.”

Christian Bahr (FR 16.4.) über das Gewaltproblem: “In den Knochen steckt der Fußballnation noch immer der Schrecken des blutigen Wochenendes zu Beginn der Liga-Rückrunde. Drei Tote am Rande von drei Spielen in Buenos Aires, durch Kopfschüsse oder Flaschenwürfe getötet, alarmierten den argentinischen Präsidenten Eduardo Duhalde. Die Regierung drohte, die Saison abzubrechen, falls der nationale Fußballverband Afa nicht die Gewaltexzesse an den Wochenenden in Griff bekomme. Auflagen für die Sicherheit wurden verschärft, Eintrittspreise schließlich drastisch gesenkt. Doch erst als der 14-jährige Sebastían Garibaldi, Anhänger des Clubs Estudiantes in La Plata, nicht mehr aus dem Koma erwachte und an den Folgen einer Schlägerei starb, vollbrachten die argentinischen Fußballprofis ein nationales Wunder. Die Kicker der beiden Erzrivalen aus Buenos Aires, Boca Juniors und River Plate, ließen sich vor ihrem Lokalderby gemeinsam fotografieren. Die weltberühmte Mannschaft des Armenviertels Boca und die Meisterelf der Millionäre aus dem wohlhabenden Norden riefen vereint zum Frieden in den Stadien auf, Arm in Arm, auf einem Plakat vereint. Seitdem ist es ruhiger geworden in den Stadien.”

Martín E. Hiller (Tsp 16.4.) über die wirtschaftlichen Probleme der Klubs: “Im Sport ist es nicht anders als in der Politik: Die Klubs erzielen zwar hohe Einnahmen aus TV-Geldern und vor allem Spielertransfers. Aber auch bei den Vereinen fließt das Geld in erster Linie in die Taschen der Drahtzieher. Und das sind Entdecker, Vermittler und Vereinsbosse.”

Michael Wulzinger (Spiegel 15.4.) über den Ausverkauf argentinischer Fußballer nach Europa: “Wie kein anderer Club im Land lebt River Plate vom Verkauf seiner unzähligen Talente – allein seit Anfang 1999 flossen auf diese Weise mehr als 160 Millionen Dollar. Freilich: Auch für die anderen Vereine hat sich der Export begabter Kicker nach Europa zu einem profitablen Geschäftszweig entwickelt. Eine große Nachwuchsabteilung zu unterhalten kann in Zeiten des globalisierten Fußballs so einträglich sein wie eine Diamantenmine (…) Besonders bei den Spitzenclubs in England, Italien und Spanien gelten die Edelkräfte vom Río de la Plata als erste Wahl. Denn einerseits bestechen die Spieler durch Ballfertigkeit, körperliche Robustheit und einen ausgeprägten Sinn für taktische Finessen. Andererseits finden sie sich, im Gegensatz zu den oft kapriziösen Brasilianern, weit weg von Südamerika leicht zurecht – viele der Fußball-Emigranten haben europäische Wurzeln. Dass die Clubs aus Buenos Aires, Córdoba, Rosario oder Mendoza ihre Spieler selbst bei durchschnittlichen Angeboten aus dem Ausland nicht halten können, ist in vielen Fällen selbst verschuldet. Denn Misswirtschaft, Korruption und Durchstechereien in den Vorstandsetagen haben viele Vereine an den Rand der Zahlungsunfähigkeit gebracht (…) Vermittler führen schwarze Konten in Uruguay, fälschen für ihre Kicker EU-Pässe, lassen die Eltern Minderjähriger sittenwidrige Knebelverträge unterzeichnen und unterhalten enge Verbindungen in die Politik. Die Schattenwelt des argentinischen Fußballmarktes hat zahlreiche Facetten. In vielen Fällen besitzen nicht die Clubs die Transferrechte an den Spielern, sondern windige Berater oder private Investoren – meist haben sie die Spieler mit läppischen Beträgen geködert.“

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Themen: Gerüchte um Mauscheleien im Abstiegskampf – Staunen über großen Zuschauerzuspruch in der Liga – unzufriedener Magath ? – was macht eigentlich Dietmar Jakobs?

Fränkisch-rheinländisches Austauschprogramm

Vor dem Abstiegsduell zwischen Bielefeld und Leverkusen berichtet Andreas Morbach (FTD 22.5.) Unschönes. „Die Gerüchte, die aus den Chefetagen des 1. FC Nürnberg und von Bayer 04 Leverkusen in den vergangenen Wochen aufgestiegen sind, behagen den Bielefeldern gar nicht. Am Samstag spielen die beiden Vereine im Frankenstadion gegeneinander. Holt Absteiger Nürnberg dabei einen Punkt, und gewinnt Bielefeld zeitgleich gegen Hannover – beide Resultate keinesfalls verdächtig, später als achtes Weltwunder ausgerufen zu werden –, bleibt die Arminia in der Liga. Und Vizemeister Leverkusen, das vor einem Jahr im Frankenstadion schon verlor, als man noch Meister werden und nicht bloß Bundesligist bleiben wollte, würde den Klub und Cottbus in die zweite Liga begleiten. Im Normalfall müssten die Bielefelder bei so einer Konstellation toben vor Vorfreude. Aber von Heesen tobt nicht. „Alles, was in Nürnberg passiert“, sagt er gelassen, „liegt nicht in unserer Hand.“ Über das fränkisch-rheinländische Austauschprogramm ist der Ex-Profi aber natürlich im Bilde: Der Tscheche David Jarolim, einer von Nürnbergs Besten, steht vor einem Vereinswechsel – nach Leverkusen. „Wenn Bayer drin bleibt, geht Jarolim zu Klaus Augenthaler.“ Das hat FCN-Präsident Michael A. Roth dem Kölner „Express“ erzählt und damit bewiesen, dass er bisweilen vielleicht seltsam daherkommen mag, aber ein ehrlicher und offener Mensch ist. Roth hat im Zusammenhang mit dem möglichen Jarolim-Transfer noch mehr gesagt. Bayer, kündigte der Teppichhändler mit der roten Gesichtsfarbe und dem weißen Vollbart eine Nürnberger Niederlage fast schon an, „hat bei uns noch was gut. Sie haben uns Paulo Rink gegeben, der hat uns dann vor dem Abstieg gerettet“. Nicht zu vergessen die Geschichte mit Augenthaler, vor drei Wochen in Nürnberg entlassen. „Da kann man sich ja vorstellen, was Roth da für einen Zirkus veranstalten würde“, plapperte Bayer-Geschäftsführer Reiner Calmund vor einer Woche angesichts des pikanten Duells am letzten Spieltag. Einen Tag später präsentierte er Augenthaler als neuen Trainer. Die reichen, bedrängten Leverkusener, die den klammen Absteigern aus Franken das Leben leichter machen, indem sie zum Beispiel Augenthalers Abfindung hinfällig machen?“

Das Fernsehen ist der große Verlierer

Gerd Schneider (FAZ 22.5.) ist erstaunt über den Zuschauerzuspruch in deutschen Bundesliga.-Stadien. „Die Serie verbreitete, mal abgesehen vom Fall Bayer Leverkusens, sportlich nicht viel Aufregung und Spektakel. Da wirkt es paradox, daß die höchste Klasse ausgerechnet in dieser Saison bei der Kundschaft so gut ankam wie noch nie. Erstmals in ihrer vierzigjährigen Geschichte wird die Bundesliga am Wochenende bei den Zuschauerzahlen die Zehnmillionengrenze überschreiten. Dabei ist der Bundesliga-Boom nur die auffälligste Erscheinung einer Entwicklung, die sich auch in anderen Sportarten beobachten läßt: Es geht eben doch nichts über das sinnliche Erleben. Die Zeiten, in denen sich das öffentliche Interesse bei Sportveranstaltungen allein an den Einschaltquoten der Fernsehsender ablesen ließ, scheinen vorerst jedenfalls vorbei zu sein (…) Die Botschaft, die hinter dem Zuschauerboom zum Vorschein kommt, ist deutlich: Der zahlende Kunde ist eben doch der König. Womöglich wird sich auch die Wirtschaft bald neu orientieren. Denn im Spiel um Werbekraft und Einschaltquoten darf sich der Zuschauer in diesem sportlichen Frühjahr als Sieger fühlen. Und das Fernsehen ist der große Verlierer.“

Sportlichen Erfolgen zum Trotz kursieren immer wieder Gerüchte um eine vorzeitige Vertragsauflösung Felix Magaths in Stuttgart. Roland Zorn (FAZ 22.5.) schreibt dazu. „Bis zum Auftakt des neuen Spieljahrs müßten aus Magaths Sicht jedoch einige Dinge in seinem Sinne geklärt sein, soll der Meister in spe in Zukunft voller Überzeugung zu seinem jetzigen Verein stehen. Für mich als Trainer ist es hier wunderbar, verweist Magath auf sein aus der Not gewachsenes sportliches Aufbauwerk beim VfB. Als Teammanager, der sich um die Verpflichtung neuer Spieler kümmern soll, verkündet Magath eine ganz andere, traurige Zwischenbilanz: Meine Handlungsfähigkeit ist beschränkt. Ich kann zwar Spieler ansprechen, aber reden allein ist ein bißchen dürftig, wenn man kein konkretes Angebot machen kann. Der noch immer mit rund 16 Millionen Euro verschuldete Klub, den demnächst Erwin Staudt, der Aufsichtsratsvorsitzende von IBM Deutschland, anstelle von Manfred Haas hauptamtlich anführen wird, wartet vielleicht etwas zu lange, wohin die sportliche Reise geht. So lange aber will Magath sich nicht gedulden. Der Mann, der schon ein Meisterszenario 2005 mit dem VfB Stuttgart auf dem deutschen Fußballgipfel entworfen hat, sieht voraus, was ihm droht. Meisterschaft? Das geht nur, wenn wir in der Lage sind, den einen oder anderen Spieler zu holen. Klappt das nicht, erübrigt sich das Thema.“

Großes Theater

Josef Kelnberger (SZ 22.5.). „Das Bier spielt eine elementare Rolle im Fußballprofigeschäft. Das Trinken aus überdimensionalen Biergläsern zählt zum Repertoire bei Meisterfeiern, auch Bierduschen sind gern gesehen. Der Fußball wird damit seinem Image als Proletariersport recht, und befriedigt nebenbei die Ansprüche von Sponsoren aus der Bierbranche. Auch nach Niederlagen wird Bier gern in Anspruch genommen. Reiner Calmund, Bayer Leverkusens Manager und damit Repräsentant eines Weltkonzerns, forderte den Einsatz von Alkohol als Mittel zur Frustbewältigung, nachdem die Mannschaft vergangenes Jahr das Pokalfinale verloren hatte. Auch auf der Heimreise nach der 1:4-Niederlage vor zwei Wochen in Hamburg sei die Bayer-Führung nicht mehr nüchtern gewesen – außer ihm selbst, weil krank –, so zitiert ihn Bild. Es war eine Erwiderung auf neuerliche Andeutungen des Nürnberger Präsidenten Roth, wonach Trainer Augenthaler, jetzt Leverkusen, durchaus dem Weißbier zugesprochen habe. Bier, lernen wir, eignet sich im Fußball für jeden Zweck: zum Feiern vonSiegen, Verarbeiten von Niederlagen, und, im Fall Roth, sogar zur Personalpolitik: um einen Trainer nachträglich vor den Fans zu diskreditieren und von eigenen Fehlern abzulenken. Zwischendurch bleibt genügend Zeit, um zum Beispiel für Keine Macht den Drogen zu werben. Großes Theater.“

Ein Leben ohne Grätsche

Anlässlich des 20. Jahrestags des HSV-Europokalsiegs erinnert Jan Christian Müller (FR 22.5.) an das Schicksal Dietmar Jakobs´. „Er kann noch nicht mal joggen, nicht einen Meter. Schwere Arthrosen in den Sprunggelenken, vor allem aber die leidige linke Hüfte, die schon dreimal operiert werden musste, zuletzt im Januar, weil die Hüftpfanne immer wieder rausgesprungen ist, gar beim Duschen. Und dann die Sache mit dem Dings, wie Jakobs sagt, seit dem Dings geht nichts mehr. Er spricht viel von Glück. Wahrscheinlich hat er es so geschafft, jenen 20. September 1989 zu verarbeiten, den Tag, als ein Karabinerhaken sich in seinen Rücken bohrte, einen Nervenstrang zerquetschte und zwei Wirbelfortsätze wegknackte, wie Jakobs es mit einem schrägen Lächeln formuliert. Und dann wieder von Glück redet: Wenn ich Pech gehabt hätte, wäre meine Wirbelsäule weg gewesen. Ich hatte Glück, denn ich konnte auf 18 Jahre Profifußball zurückblicken. Das Ende war für ihn, den nimmermüden Kämpfer, der noch zwei Jahre einen Vertrag hatte, gleichzeitig auch ein Anfang. Der Anfang für ein neues Leben. Ein Leben ohne Grätsche. Fast eine halbe Stunde hing Jakobs an diesem nass-kalten Abend im zugigen Volksparkstadion wie ein Fisch im Netz. Es war das Nordderby gegen Werder Bremen, der Neuseeländer Wynton Rufer hatte Mitte der ersten Halbzeit den langen Torwart Richard Golz überlupft, der Ball wäre ins Tor getrudelt, hätte Jakobs nicht den feuchten Rasen zu Hilfe genommen, wie er es zuvor schon zehntausend Mal getan hatte, wäre er nicht hinter dem Ball hergerutscht und hätte ihn von der Linie gekratzt. Dann gab es dieses dumpfe Geräusch. Jakobs hing fest: Ich hatte keine Schmerzen, aber ich merkte, dass ich nicht mehr weg kam. Der Arzt hat mich dann rausgeschnitten. Solche Karabiner als Torbefestigungen gab es schon damals nur noch in Hamburg. Der HSV gewann 4:0. Jakobs erfuhr davon im Krankenhaus. Aber er ist, kaum war die Wunde vernäht, noch in derselben Nacht wieder nach Hause gekommen. Er hat noch nicht ahnen können, dass er nie wieder Fußball würde spielen dürfen. Ein Jahr lang hat er sich gequält. Aber die neurologischen Ausfälle im rechten Bein machten ein Comeback unmöglich. Irgendwie, erzählt der dreifache Familienvater in einem seltenen Anflug von Melancholie, habe ich gewusst, dass ich den Fußballplatz nicht normal verlasse. Dafür hatte ich vorher zu viel Glück. Er sagt, er habe niemals eine Muskelzerrung erlebt. So was gab es bei uns nicht, außer bei Ivan Buljan. Er selbst sei so gut wie nie verletzt gewesen, sagt er. Was auch daran liegt, dass der Fußballprofi Ditmar Jakobs die Bezeichnung Verletzung sehr eng auszulegen pflegte.”

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100. Geburtstag des Fußballklubs Real Madrid

„Wenn irgendwann Historiker den 100. Geburtstag des Fußballklubs Real Madrid studieren, dann werden sie auf mehrere Spielverderber treffen. Die hartnäckigsten wohnen in der hintersten Ecke der Halbinsel, an der stürmischen, verregneten Küste Galiciens. Ihr schlimmster Hausfriedensbruch ereignete sich am 6. März, dem Termin des Centenario, mitten in der Festung der Jubilare, dem Stadion Santiago Bernabeu: Dort stahlen die Männer in den weißblauen Hemden den Königspokal, indem sie das Endspiel ohne Rücksicht auf die Inszenierung 2:1 gewannen. Die nächste Frechheit folgte am 10. Mai im heimischen Stadion Riazor, wo die weißgekleideten Ehrengäste 3:0 abgewatscht und auf Platz drei der Abschlusstabelle verbannt wurden. So ähnlich müssen die Römer unter Asterix’ Galliern gelitten haben.“ (Volltext)

Ronald Reng (SZ 10.05.02) beschreibt die schwierige Aufgabe für Jupp Heynckes – Trainer von Athletic Bilbao – die öffentlichen Erwartungen zu erfüllen, nachdem der zwischenzeitliche Titelkandidat mittlerweile auf Platz 8 abgerutscht ist:

„Dabei wäre man in Bilbao vor Saisonbeginn über solch eine Ausgangslage erfreut gewesen: Letzter Spieltag, und noch Optionen, in den Europacup zu kommen. Die Aufgabe für Rückkehrer Heynckes, der vor zehn Jahren schon einmal da war, ehe er weiterzog und mit Real Madrid 1998 die Champions League gewann, hieß, Athletic nach zwei mageren Jahren erst einmal wieder im Mittelmaß der Liga unterzubringen. Das hat er erreicht – doch was objektiv gesehen eine erfolgreiche Saison ist, betrachten Fans und Medien nun als Enttäuschung. Denn der Fußball hat ein Kurzzeitgedächtnis (…) Es ist Jupp Heynckes’ schwerster Kampf in Bilbao: um ein bisschen mehr Realismus. Athletic hält auch im 21. Jahrhundert an seinem Dekret fest, ausschließlich Basken spielen zu lassen. In einer Zeit, in der Bayern München ohne einen Bayern spielt, erscheint das einerseits nobel, andererseits irritierend, schließlich ist es ein – wenngleich harmloses – Tribut an denselben Nationalismus, für den die baskische Terroristengruppe ETA bombt. So oder so ist solch eine Personalpolitik anachronistisch. Mit seiner Regionalauswahl wird Athletic immer im Nachteil gegenüber Wettbewerbern sein, die bei Verletzungen schnell einen Verteidiger aus Argentinien nachkaufen.“ (Volltext)

Peter Burghardt (SZ 07.05.02) berichtet über den neuen Meister CF Valencia und über die zunächst umstrittenen Methoden seines Trainers:

„Zwischenzeitlich hielten die Profis Benitez’ Methoden keineswegs für die geeignete Art, ihnen Beine zu machen. Sie kamen sich vor wie Kleinkinder. Er schickte sie um elf ins Bett und verordnete auch sonst seltsamste Enthaltung: keine Paella, Eis nur aus entrahmter Milch, außerdem ließ er stur verteidigen, denn er liebt Italiens Catenaccio, sein Vorbild heißt Arrigo Sacchi. Zwischen allerlei Unentschieden gab es eine Meuterei, zu den Rädelsführern gehörte der Argentinier Kily Gonzalez, und Mitte Dezember wäre Ernährungsberater Benitez beinahe entlassen worden, als sein Team nach fünf Spielen ohne Sieg 0:2 bei Espanyol Barcelona zurück lag. Dann schickte er drei Stürmer aufs Feld, und es begann die große Wende.“ (Volltext)

Georg Bucher (NZZ 07.05.02) widmet sich dem Meisterkader:

„Mangels eines herausragenden Goalgetters ist das Team schwer auszurechnen, das ausgewogene Kader erlaubt Benítez verwirrende personelle Umbesetzungen. Im Blick auf die nächste Champions League ist allerdings ein Stürmer gefragt, der Garantien für das Toreschiessen gibt (…) So hoch wie den Titel schätzt man am Rio Turia die Überwindung des „Final-Traumas“ ein. Zweimal war unter Héctor Cúpers Leitung die Champions-League-Trophäe in Griffnähe, doch Real Madrid und Bayern München (nach Penaltyschießen) vereitelten den Exploit. Schon damals war den Levantinos ihre Abschlussschwäche zum Verhängnis geworden. Salva hätte sie beheben sollen, allerdings glückten dem einstigen Topskorer von Racing Santander und Atlético Madrid nur fünf Tore; meistens drückte er die Ersatzbank.“ (Volltext)

Walter Haubrich (FAZ 07.05.02) über das überregionale Image des Klubs:

„Im übrigen Spanien hat der CF Valencia nicht besonders viele Freunde, aber auch kaum Feinde. Es ist eine Mannschaft, welche die meisten spanischen Fußballfans eher gleichgültig lässt. Doch alle sind sich einig, dass der CF Valencia nach 31 Jahren mal wieder eine spanische Meisterschaft – es ist die fünfte in der Geschichte – verdient hat.“

Ronald Reng (SZ 30.04.02) über die Gemeinsamkeiten der beiden Trainer von Real Madrid und CF Barcelona, die sich morgen zum Rückspiel des Champions-League-Halbfinales treffen:

„Im Spitzenfußball bildete sich jüngst eine Elite von Trainern, die wie die Manager multiinternationaler Firmen ohne Grenzen zwischen den Klubs hin- und herwechseln. Mobile Führungskräfte wie der Schwede Sven-Göran Eriksson, momentan englischer Nationaltrainer, oder der Italiener Fabio Capello, zurzeit AS Rom. Es sind nicht unbedingt die innovativsten Fachmänner; wichtiger scheint offenbar, dass sie die starke Persönlichkeit sind. Doch ausgerechnet Real und Barca, zwei der führenden Global Player im Fußball, halten sich mit del Bosque und Rexach Trainer, die in ihrer Karriere nie über Madrid bzw. Barcelona hinausgeschaut haben und die man sich auch bei keinem anderen Spitzenklub vorstellen kann; Trainer, die nach außen schwächer wirken als ihre berühmten Spieler. Tatsächlich waren weder del Bosque noch Rexach ursprünglich dafür vorgesehen, ihre heutigen prominenten Positionen auszufüllen. Sie sind da so reingeraten. Beide arbeiteten, bis auf kurze Episoden, nie für einen anderen Klub als den ihren, erst als Profis, später als treue Jugend- oder Assistenztrainer. Sie sollten nur kurzzeitig einspringen, als 1999 in Madrid und vor einem Jahr in Barcelona der Cheftrainer gefeuert wurde und die gewünschten Capellos oder Erikssons nicht zu haben waren.“ (Volltext)

Georg Bucher (NZZ 23.04.02) über den „Gegenwind“ für Jupp Heynckes, Trainer von Athletic Bilbao:

„Nach der Vorrunde schien es durchaus möglich, den Exploit von 1998, Platz zwei und Teilnahme an der Champions League, zu wiederholen. Die „Rotweißen“ hatten auf fremden Plätzen eine Erfolgsserie hingelegt, was sich im neuen Jahr schlagartig änderte. Nur einmal noch, in Vitoria gegen Alaves, gewann man, Heynckes geriet in die Bredouille und unter Rechtfertigungsdruck. Der Anfang der 90er Jahre bereits in Bilbao engagierte Rheinländer vergleicht das Team mit einem VW in der Formel 1. Auf Spieler, die nicht im Baskenland oder in der Provinz Navarra geboren wurden, zu verzichten, um die Identität zu wahren, war ein Wettbewerbsnachteil, der sich nach dem Bosman-Urteil akzentuierte. Zudem treibt das schmale Rekrutierungsangebot Ablösesummen in die Höhe.“ (Volltext)

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WM-Auslosung

im Vorfeld der WM-Auslosung: über den Eingriff der FIFA ins neutrale Losverfahren durch die Bevorzugung Chinas

„Ausgerechnet einem WM-Neuling“ so Ludger Schulze in der SZ (30.11.) habe die FIFA „einen beträchtlichen Vorteil zugeschanzt“, indem sie dem Wunsche Chinas entsprach, dessen Gruppenspiele ausschließlich in Südkorea auszutragen. Die japanischen Medien sehen darin folgerichtig einen Verstoß gegen die Neutralität des Losverfahrens. Dabei habe die Weltfußballorganisation primär eigene Bedürfnisse im Auge gehabt. Man dürfe nämlich in Südkorea nun einen Zuschauerstrom erwarten. Schließlich gelte es als „Mallorca der Chinesen.“ Dort sind bisher – ganz im Gegensatz zu Japan – lediglich knapp 40 Prozent der Eintrittskarten verkauft worden. „Und wenn die Chinesen, woran nicht zu zweifeln ist, mit 100 000 Mann und mehr in Seoul oder Pusan einschweben, tut das nur gut. Der Kasse, weil das eine Milliarde Dollar einspielt, und der Optik, weil leere Stadien einfach scheußlich aussehen“ (Schulze). Das WM-Organisationskomitee einigte sich auf die Sprachregelung, „aus geografischen und ökonomischen Gründen“ eine Ausnahme genehmigt zu haben.

Martin Hägele (NZZ/FR 30.11.) fragt sich, ob es sich bei dieser Angelegenheit um ausgleichende Gerechtigkeit handele. Ein Blick in die Fußballgeschichte zeige, dass die Chinesen nicht immer vom Schicksal begünstigt worden seien. Die knapp verfehlte Qualifikation zur WM 1982 gelte nicht nur aus chinesischer Perspektive als Folge einer Schiebung. Die Neuseeländer erreichten damals durch zwei sensationell anmutende Auswärtsergebnisse (2:2 in Kuwait, das bereits qualifiziert war, und 5:0 in Saudi-Arabien) exakt die nötigen Ergebnisse, um ein Entscheidungsspiel gegen die Chinesen zu erzwingen. „Die Neuseeländer haben sich die Tore gekauft“ wird der damalige Nationalspieler Gu zitiert, den man aus der Bundesliga (SV Darmstadt 98) kennt. Die kurzfristige Ansetzung dieses Spiels brachte für die Chinesen extreme Nachteile, da ihre Spieler „aus der Weite des Landes nicht mehr zusammengetrommelt“ werden konnten (Schulze). So ging es 1:2 verloren, und Neuseeland durfte nach Spanien reisen. Mittlerweile jedoch seien die Einflussmöglichkeiten des chinesischen Fußballverbandes deutlich gestiegen. Dieser Emanzipationsprozess sei durch den ehemaligen Nationaltrainer Schlappner (in der Landessprache „Schla-pu-na“) eingeleitet und forciert worden. Im Gegenzug habe man dem Elektromeister aus Biblis durch die Erteilung wertvoller Handelslizenzen Dankbarkeit bewiesen. „Noch immer trinken Chinesen gerne das würzige Schlappner-Bier“ (Schulze).

Das politische Tauziehen rund um die morgige Auslosung beleuchtet Roland Zorn (FAZ 30.11.) und bezweifelt die These, wonach Fußball „ein Völker verbindendes Politikum“ sei. Hier drohe ein Affront, da der japanische Kaiser Akihito nicht zu den Feierlichkeiten zu erscheinen gedenke. Dort habe FIFA-Generalsekretär Blatter allen Ernstes die Bitte formuliert, die WM-Hymne der amerikanischen Sängerin Anastacia nicht nur wie geplant auf koreanisch, sondern auch auf japanisch zu übersetzen. Der koreanische Fußball-Präsident Chung Mong Joon hat zudem vorgeschlagen, Nordkorea sowohl als Austragungsort für ein Vorrundenspiel in Erwägung zu ziehen als auch nordkoreanische Spieler im Trikot Südkoreas spielen zu lassen. Dieses Vorhaben des übrigens staatspolitisch ambitionierten Chung erscheine naiv. „An der innerkoreanischen Grenze ist am Mittwoch seit langem erstmals wieder geschossen worden“ (Zorn).

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Zu den gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des sportlichen Erfolgs in Brasilien

Zu den gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen des sportlichen Erfolgs in Brasilien heißt es bei Nicolas Richter (SZ 2.7.). „Es gibt diese alte Genesungstheorie: Ein Sieg bei der Weltmeisterschaft kann eine ganze Region beflügeln, er wird das Volk milde stimmen, die Regierung wird in den Umfragen aufholen und im Oktober wiedergewählt, was wiederum die Investoren freut, weswegen Geld ins Land fließt, und so weiter. Was zumindest stimmt, ist, dass Brasilien in einer Krise steckt, die in erster Linie eine Vertrauenskrise ist (…) Schöner Fußball bringt kein Geld. Wenn der Titel auch an der verzwickten politischen Lage nichts ändert, wenn er auch Brasilien nicht das Vertrauen der Finanzmärkte zurückgibt, so gibt er doch wenigstens den Menschen Selbstvertrauen, weil ihre Mannschaft, die als Außenseiter antrat, mit Siegeswillen und Disziplin den Titel holte. Das Volk feiert jetzt nicht das Ende derKrise, sondern vergisst einen Augenblick, dass es sie gibt.“

Peter B. Birrer (NZZ 25.6.) über Brasilien. „Die drei R, da gibt es keinen Zweifel, haben im Verlauf des Turniers schon den einen oder anderen individuellen Glanzpunkt gesetzt. Sie sind das beste Offensiv-Trio des ganzen Anlasses. Aber die Seleção kann, o Wunder, auch ganz anders, nämlich sich zurückziehen, taktieren und dergestalt nüchtern spielen, wie dies auch andere zu tun pflegen (…) Die Abwehr steht auf solidem Fundament und band mit zunehmender Turnierdauer jene Kritiker zurück, die im Vorfeld noch das Schlimmste befürchtet hatten (…) Die neue Selbstsicherheit der brasilianischen Auswahl hat vielerlei Gründe. Einer ist sicher der, dass sie wie gewohnt auf individuell starke Spieler setzen können. Ein R wird es mit einem Kunststück in der Minute x immer wieder richten. Ein anderer Vorzug ist das Kollektiv, das aus der massiven Krise der letzten Monate hervorgegangen ist, dem Phönix aus der Asche gleich.“

Ronald Reng (FR 25.6.) porträtiert den brasilianischen Star Rivaldo. „Öfter als jubelnd in der Luft liegt er leidend am Boden; oder pseudo-leidend. Wer ihn spielen sieht, fürchtet minütlich seinen Zusammenbruch. Weil er zum einen eindeutig unfit ist, nachdem sechs Verletzungen, meist an Knie und Knöchel, sein Spieljahr beim FC Barcelona zersetzten. Und weil er zum anderen den Akt des sterbenden Schwans beim geringsten Feindkontakt auf ein neues, unerträgliches Niveau treibt (…) Umso schmerzhafter ist sein Leiden, das echte, nicht das geschauspielerte, während der WM-Spiele. Ihm fehlt die körperliche Stärke, sich regelmäßig im Zweikampf durchzusetzen, sein Vorsprung durch Technik ist nutzlos, wenn er die Bewegungen nicht kraftvoll und schnell genug ausführen kann.“

Thomas Klemm (FAS 2.6.) über Trainer Scolari. “Mit seiner Entscheidung, den bittenden und bettelnden Romario nicht zu erhören, schien der Nationaltrainer das Land in zwei Lager gespalten zu haben: einer seits er selbst, andererseits die restlichen 170 Millionen Brasilianer.”

Ronald Reng (SZ 22.5.) bezweifelt ob der Dauerverletzte Rivaldo ein großes Turnier spielen können wird. “Es bleibt fraglich, ob der o-beinigste Angriffsfußballer seit Pierre Littbarski bei der WM in die Mannschaft zurückkehren kann. Seine Saison kam nie über ein Stottern hinaus, sechs Verletzungen, meist an Knie und Knöchel, hielten ihn gefangen (…) Ist Rivaldo ein neuer Fall Ronaldo? So wie Inter Mailands Stürmer, der bis zu seiner Rückkehr in dieser Saison vier Jahre lang mit Gelenkschäden kämpfte, rieb sich auch Rivaldo auf, indem er Verletzungen nicht auskurierte, sondern regelmäßig mit Schmerzmitteln spielte.”

“Die Brasilianer lieben melodramatische Seifenopern und ihren Fußball”, erfahren wir von Michael Ashelm (FAS 19.5.). “Der Mythos Ronaldo hatte schon bei der WM 1998 in Frankreich einen Knacks bekommen. Angetreten war der schnelle Stürmer mit dem Aufsehen errgenden Offensivdrang, das Turnier als persönliche Krönungszeremonie zu gebrauchen und den WM-Torrekord des legendären Franzosen Just Fontaine von 1958 in Schweden mit 13 Treffern zu brechen. Doch “Il Fenomeno”, wie die italienischen Medien Ronaldo nannten, brachte dieses Weltfest kein Glück. Bis heute ist nicht genau geklärt, was sich vor dem Finale gegen Frankreich in der brasilianischen Kabine des Stade de France von St. Denis abspielte. “Ronaldo ist tot?” schrie Mitspieler Roberto Carlos ziemlich verstört, als sein Freund in der Umkleide wie zuvor im Hotel geschwächt zusammenbrach. War es Stress? War es der Druck? Oder ein epileptischer Anfall? Der Jungstar wurde von Trainer Mario Zagallo trotzdem hinausgeschickt. Den Rest würden die brasilianischen Fußballfans gerne aus ihrem Gedächtnis streichen.”

Brasiliens Fußball weilt in einer Krise, weswegen die Selecao im Vorfeld der WM ausnahmsweise nicht als großer Favorit gehandelt wird. Jörg Wolfrum (FAZ 8.5.) beschreibt die einheimischen Interpretationen. “Die Öffentlichkeit hat den Schuldigen längst ausgemacht: Nationaltrainer Luiz Felipe Scolari, obleich dem vierten Fußballlehrer in zwei Jahren vielfach nur die Rolle eines Nachlassverwalters zukommt. Unter dem als Disziplin- und Defensivfanatiker geltenden Scolari seien der Selecao auch die letzten Ansätze des “jogo bonito”, des schönen Spiels, abhanden gekommen, sagen seine zahlreichen Kritiker.”

Gerhard Dilger (taz 10.5.) weiß über die Vorzüge eines eventuellen brasilianischen Misserfolgs zu berichten. “Kenner der Szene gewinnen der Dauerkrise der Nationalelf ihre guten Seiten ab – sie sehen in ihr auch einen Reflex des äußerst korrupten brasilianischen Fußballbetriebs. Sollte die Seleção bei der WM scheitern, könnte es leichter fallen, die durch mehrere Parlamentsausschüsse schwer belastete Führungsclique um Verbandschef Ricardo Teixeira zu entmachten. Ein WM-Titel hingegen werde den tristen fußballpolitischen Status quo stabilisieren, unken die Skeptiker.”

Türkei

Ronald Reng (SZ 26.6.) über Team Türkei. „Der immense Sprung im vergangenem Jahrzehnt von einem fußballerischen Entwicklungsland zu einem WM-Halbfinalisten, der am heutigen Mittwoch in Saitama eine echte Herausforderung für den viermaligen Weltmeister Brasilien sein wird, ist ein Erfolg der neuen Internationalität im Fußball. Zehn der besten 15 Profis aus dem aktuellen Team arbeiten oder arbeiteten noch kürzlich in den großen vier Ligen, in Spanien, England, Italien oder Deutschland (…) Trotz ihres aggressiven, laufintensiven Spielsystems finden die Türken noch Platz für die technisch feinen, die so genannten brasilianischen Seiten des Fußballs, und es gibt gute Gründe, warum die Nachahmer am Mittwoch sogar besser als die Vorbilder sein könnten. Spätestens im Viertelfinale gegen Senegal (1:0) bewiesen sie, dass sie eine Balance zwischen Spielfreude und taktischem Pflichtbewusstsein gefunden haben. Ein wenig Ungewissheit bleibt, weil die Türkei noch nie eine Partie von solcher Bedeutung erlebt hat. Niemand weiß also, ob die Nerven, der größte Feind des Außenseiters in einem unbekannten Territorium, ihnen nicht noch dazwischen funken. Ihre Qualitäten jedoch sind offensichtlich.“

Martin Hägele (NZZ 26.6.) wohnte der türkischen Pressekonferenz vor dem Semifinale bei. “Noch kommt es den Beobachtern ungewohnt vor, diese neue Fußball-Macht auch in jenem Rahmen zu würdigen, wie es der türkische Trainer verkündet. In Zukunft müsse man die Copacabana und die Strände des Schwarzen Meers in einem Atemzug nennen, wenn darüber gesprochen werde, wo die Wiegen der größten Talente und besten Fussballspieler der Erde stünden. Und irgendwie passt auch diese Botschaft vom Bosporus an die Fußballwelt, in der so viel von Liebe und vom Frieden der Völker die Rede ist und auch davon, dass das Wort Revanche nur für Menschen mit niederen Instinkten zähle, irgendwie passt fast alles, was Senol Günes erzählt, nicht zu jener Atmosphäre, die im Halbfinal in Saitama ohne Zweifel herrschen wird. Ist dieser Trainer, der zwölf Jahre lang das Tor seiner Nationalmannschaft gehütet hat und auch deren Captain war, nicht doch nur ein Phantast, den ein Großteil der Journalisten seines Landes nicht ernst nimmt? Wohl auch wegen solcher Reden, und weil er bisher nur bei Trabzonspor gearbeitet hat. Ein Provinzpascha, der in Istanbul erst durch die Erfolge der vergangenen Wochen so richtig akzeptiert wird? Oder wie bewertet ein objektiver Beobachter die Tatsache, dass die Spieler von Senol Günes praktisch das Gegenteil von dem behaupten, was ihr Chef sagt? Die Fußballwelt ist tatsächlich aus den Fugen geraten. Und die Frage, auf wen oder auf was man sich hier noch verlassen kann, ist nach einem Besuch im türkischen Lager noch schwerer zu beantworten als zuvor.”

Die Türkei ist stolz auf ihre Mannschaft. Christiane Schlötzer (SZ 27.6.). „Das Gefühl, die Elf habe die Ehre der krisengeplagten Türkei in der Welt gerettet, durchzog in den letzten Tagen alle politischen Kommentare. Auch die türkische Wirtschaft hat profitiert. Nicht nur stieg die Nachfrage nach rot-weißem Tuch für T-Shirts und Flaggen enorm, auch Verkäufer von Blumen, Luftballons und Knallkörpern melden beste Geschäfte. Das gilt selbst für den Bierabsatz in dem mehrheitlich moslemischen Land.“

Martin Hägele (SZ 28.6.) über den Turnierauftritt der Türken. „Wenn Günes und seine Männer noch ein paar Mal geschlafen haben, dann können sie auch mit jenem grenzenlosen Stolz ans Schwarze Meer zurückkehren, den sie in den vergangenen Tagen allen Beobachtern hier vorgeführt haben. Der türkische Fußball hat sich bei diesem Turnier etabliert – er ist zu einem neuen Markenzeichen in Europa geworden.“

China

Zu den Perspektiven von Chinas Fußball heißt es bei Roland Zorn (FAZ 13.6.). „An Trostspendern für den Punktelieferanten hat es dieser Tage nicht gefehlt. So erwartet Peter Velappan, der malaysische Generalsekretär des asiatischen Fußballverbands, China innerhalb der kommenden zehn Jahre unter den Top ten der Welt. Eine Einschätzung, die noch verwegener erscheint als die Hoffnung der FDP, den kommenden Bundeskanzler zu stellen (…) Andererseits gehören die Chinesen zu den Kulturvölkern der Erde, die besonders rasch und findig dazulernen. Warum nicht auch im Fußball? (…) China muss sich der Welt öffnen, und das ist mit dem Besuch einer Weltmeisterschaft nicht getan. Milutinovic hinterlässt seinem Nachfolger, der vermutlich aufs neue irgendwo anders als in China selbst gefunden wird, einen dringenden Rat: „Ich habe schon immer gesagt, dass wir mehr Länderspiele gegen die starken Nationen brauchen.“ So haben es Japan und Südkorea geschafft, den Anschluss an die etablierten Teams zu finden. Die Früchte ernten beide Teams, ebenfalls von renommierten Trainern aus Europa betreut, dieser Tage. China aber hat sich auf dem Weg zur WM mit Begegnungen gegen drittklassige asiatische Nationalmannschaften begnügt und dabei wertlose Siege gefeiert.“

Anreas Lorenz (Spiegel 3.6.). “Sportlich zählt China, das am Dienstag sein WM-Debüt feiert, noch zu den Underdogs. Doch wirtschaftlich verheißt das Land in Fernost der westlichen Fußballindustrie einen gigantischen Markt (…) Ob das Riesenreich aber wirklich, wie von der China Daily angekündigt, alsbald eine Fußballnation wie England, Deutschland, Brasilien oder Italien wird, scheint äußerst zweifelhaft. Noch mindestens 20 Jahre brauchen die Chinesen, bis sie in der Weltspitze mitspielen können, schätzt der Australier David Mitchell, einst Profi bei Eintracht Frankfurt, der für Feyenoord Rotterdam den chinesischen Markt nach Talenten ausspäht. Fußball hat in China keine Tradition, sagt Velibor (Bora) Milutinovic, ein aus Serbien stammender Weltenbummler mit mexikanischem Pass, der für drei Millionen Dollar inklusive Werbeeinnahmen die Nationalkicker unterweist. Dem Land fehlt es an einer Vereinskultur mit Amateuren, Freizeitkicker finden sich nur in Betrieben oder Universitäten (…) Clubs wechseln sogar den Standort, wenn das Umfeld nicht mehr stimmt. Die von einem Handy-Unternehmen finanzierte Mannschaft Liaoning Bird zog jüngst nach Peking um, weil in dem von sozialer Not heimgesuchten Stahl- und Kohlerevier in der Nordostprovinz Liaoning der Absatz von Mobiltelefonen ausgereizt war. Nur acht Jahre ist es her, dass die KP eine Profiliga mit marktwirtschaftlichem Treiben erlaubte. Etliche Vereinsfunktionäre müssen in drögen Sitzungen noch die Gedanken des Genossen Generalsekretär Jiang Zemin studieren. In manchem Verein nistet gar eine Parteizelle, die Spielern wie Betreuern das richtige Bewusstsein einflößt, indem sie das Team zum Beispiel zum Mao-Geburtsort Shaoshan lotst. Sieben Aktive, jubelte der Tianjiner Profiverein kürzlich, seien dort in die KP eingetreten (…) Dabei liegen die Probleme des chinesischen Fußballs auf ganz anderen Gebieten: Der Ausgang vieler Clubspiele wird wie auf dem Viehmarkt verschachert, Schiedsrichter lassen sich bestechen, und auf den Rängen entlädt sich der Zorn der Zuschauer in Randale (…) In ihren Leistungen spiegelt sich die moderne chinesische Gesellschaft wider: stark und fleißig, aber oft egoistisch, gehemmt und ohne Witz.”

Elisabeth Schlammerl (FAZ 3.6.) über chinesische Fußballfans. „Vielleicht ist es ganz gut, dass nicht die angekündigten 100 0000 chinesischen Fußballfans ins benachbarte Südkorea reisten, wo ihre Mannschaft die drei Vorrundenspiele der Weltmeisterschaft austrägt. Denn die Manieren der Chinesen in Stadien sind nicht die besten. Gegnerische Spieler werden nicht nur, wie sonst auch üblich, verhöhnt, nein, sie werden von Anfang an wüst beschimpft und ausgepfiffen. Der Zorn kann sich aber auch gegen das eigene Team richten, wenn es nicht gewinnt. Und dass die Chinesen bei ihrer ersten WM-Teilnahme sehr oft gewinnen werden, ist unwahrscheinlich.“

Kai Strittmacher (SZ 1.6.) belegt, dass die öffentliche Stimmung von Fußball geprägt ist. “Es gibt in Peking ein Restaurant, da kann man die „Tränen von Seoul“ bestellen, das sind kalte Entenfüße in scharfem Senf, benannt nach einer vernichtenden Niederlage gegen den Angstgegner Südkorea. Wer in den letzten Jahren chinesische Fans sah, wie sie sich bei einem Spiel ihrer Nationalmannschaft an die Zäune klammerten, die Gesichter an die Gitter pressend, darin eingegraben die Züge von Angst und Verzweiflung, nur in kurzen Momenten das Aufflackern eines letztes Flehens, wider alle Vernunft, dann wieder Elend und Zorn, der fühlte sich mehr an Bilder von Flüchtlingslagern erinnert als an ein Fußballspiel (…) Fußball nämlich hat in China zu sein: ein Symbol für das Ringen einer Nation um Anerkennung, um einen Platz in der Welt – was jeden Steilpass zum patriotischen Akt macht. Eher unfreiwillig ist es ein Spiegel der Gesellschaft, mit ihrem Fortschritt, ihren Brüchen und Auswüchsen. Wo Journalisten den Wettbewerb und die Demokratie proben und einfache Fans die herrschenden Funktionäre anpinkeln, wo immer mehr Geld fließt, jeder jeden betrügt und alles käuflich zu sein scheint (…) Sie haben ihn (den Trainer Milutinovic, of) sogar gehasst am Anfang: Der neue Trainer fing plötzlich an, ihnen Fragen zu stellen, denen er auffordernde Blicke hinterher sandte, Blicke, vor denen sie panisch in Deckung gingen. Sie, die ein Leben lang nur Zuhören durften, sollten plötzlich Antworten geben?”

Eine Meldung aus der französischen Tageszeitung Le Monde (30.5.) zeigt, dass in Asien der Kommerzialisierung des Sportes doch noch Grenzen gesetzt sind. “Der serbische Cheftrainer der chinesischen Fußball-Nationalmannschaft, Bora Milutinovic, riskiert den Verlust großer Summen, nachdem Ausländern das Erscheinen im Rahmen nationaler Werbesendungen seitens der chinesischen Regierung untersagt worden ist. Milutinovic, der China zu seiner ersten WM-Teilnahme geführt hat, zeigt sich in verschiedenen Werbespots für chinesische Alkoholika und DVD-Player, die ihm nach Presseberichten mehr als 2,6 Millionen Euro einbringen. Die chinesischen Sportfunktionäre befürchten, dass die Präsenz des Trainers in den Medien, sowie weiterer Spielerpersönlichkeiten des Weltfußballs wie in Spots von Nike, dem Anliegen des chinesischen Fußballverbandes schade, der das Image der Nationalelf verbessern möchte und seine eigenen Werbeeinnahmen sichern wolle.”

Ulrich Schmid (NZZ 25.5.) berichtet über die historischen Hintergründe des Fußball-Booms in China, einem von vier WM-Neulingen. „Der bescheidene, wenn auch medienerfahrene Milutinovic kann sich so optimistisch geben, weil er weiß, dass er im Grunde bereits jetzt die Erwartungen der meisten Chinesen mehr als erfüllt hat. Nach einer Serie von Beinahe-Qualifikationen ist China erstmals an einer Endrunde mit dabei, und das allein versetzt die Fans, bescheiden geworden in den 44 Jahren des Misserfolgs, in Ekstase. „Milu“, wie er seit seiner Erfolgssträhne liebevoll genannt wird («Bora» will den Chinesen – das garstige r – nicht so recht über die Lippen), ist derzeit wohl der bekannteste und vorläufig sicher auch der beliebteste Ausländer in China. Am Fernsehen ist er omnipräsent als charmanter Werber für die Produkte seiner Sponsoren und als rhetorischer Verwalter jenes fußballerischen Tiefsinns – „man weiß nie“; „wir werden unser Bestes geben“; „die andere können auch Fußball spielen“ –, von dem die Fernsehmoderatoren seit den Zeiten Sepp Herbergers nie genug bekommen können (…)Bis jetzt hat das Reich der Mitte vor allem auf die passive Methode der Öffnung gesetzt: Man hat Spieler und Trainer aus den traditionellen Fußballländern importiert, meist abgetakelte Profis des mittleren Stärkegrads, die für gutes Geld bereit waren, die letzten drei, vier Jahre ihrer Karriere in China zu verbringen. In wirtschaftlicher Hinsicht entsprach diese Taktik der Bildung von Joint Ventures und der sporadischen Herbeiziehung westlicher Manager und Buchhaltungsmethoden für chinesische Firmen. Was fehlte, war in beiden Fällen die Konkurrenz. China hat sich jahrzehntelang vom Weltmarkt abgeschottet und schützt seine maroden Staatsbetriebe noch heute mit massiven Subventionen, und die Fußballer scheuten bis vor kurzem geradezu ängstlich die internationale Konkurrenz. Im Jahre 1999 spielte China kein einziges Freundschaftsspiel (…) Daran, dass es im Sport nicht immer mit rechten Dingen zugeht, haben sie sich längst gewöhnt. Wie im politisch-gesellschaftlichen Bereich Chinas ist auch im Fußball die Korruption praktisch zur Normalität geworden, und viele Fans sind überzeugt, dass schon vor Beginn der nationalen Meisterschaft feststeht, wer sie gewinnt (…)Die kapitalistische Revolution im chinesischen Fußball hat schon lange vor dem Auftritt Milutinovics begonnen. In Peking merkte man Anfang der neunziger Jahre, dass ein offeneres, marktwirtschaftlicheres System mit höheren Löhnen (und Preisen) nicht nur die einheimischen Spieler beflügelt, sondern auch ausländische Cracks noch auf ein kurzes Gnadenbrot nach China bringen kann, und entsprechend rasch wurde liberalisiert (…) Bis vor etwa 20 Jahren war Sport, ähnlich wie in der Sowjetunion, praktisch die einzige Möglichkeit, auf internationaler Ebene Größe zu demonstrieren. Zur Hebung des nationalen Prestiges wurden Unsummen an staatlichen Ressourcen aufgeworfen, Die Coaches avancierten in diesem Habitat zu wichtigen Identifikationsfiguren; sie waren es, die den Erfolg „garantierten“ (und die im Falle des Misserfolges sofort entlassen wurden). Auffallend war jedoch, dass es den Chinesen sehr viel leichter fiel, Siegertypen in Einzelsportarten – Kunstturnen, Leichtathletik, Schwimmen – zu produzieren und das die Teams, von den Fußballspielerinnen einmal abgesehen, weit weniger Erfolge einheimsten. Für ein Land, das nichts so sehr verehrt wie das Kollektiv, war das stets ein enormes Manko. Siege in Mannschaftssportarten, Fußball an erster Stelle, lassen das patriotische Herz auch in China höher schlagen.“

Martin Hägele (SZ 21.5.) über Vergangenheitsverarbeitung im chinesischen Fußball. “über die jüngere Fußball-Geschichte jenes Landes, das schon allein wegen der mehr als 1,2 Milliarden Einwohnern das weltweit größte Potenzial in diesem Sport besitzt, existieren keine Bücher und nur vage Daten. Man muss sich also mit den Erzählungen von Zeitzeugen behelfen, der ehemalige chinesische Nationaltrainer Klaus Schlappner hat einmal eine solche Runde zusammengestell (…) Es wurde eine lange Geschichtsstunde. Und man hat viel Tee getrunken zu den Erzählungen. Es war spannend und doch immer wieder zäh. Vor allem an jenen Punkten, wo sie nach Erklärungen suchten, nach Ausreden fürs Fußball-Schicksal. Für den Joss. Joss ist ein chinesisches Wort und bedeutet Glück, Pech, Schicksal und noch ein bisschen mehr. Und weil fast alle chinesischen Menschen abergläubisch sind, wird dieser fatalistische Begriff bis zum Geht-nicht-mehr strapaziert (…) Um den Fluch zu besiegen, hat man Bora Milutinovic gebraucht. Den serbischen Trainer-Freak, von dem manche sagen, er sei ein Clown. Und sein Zauber beziehe sich auf WM-Turniere. Andererseits hat wohl auch der asiatische Kontinentalverband bei der Auslosung ein bisschen nachgeholfen, und Boras Leuten jegliche schwere Konkurrenz aus dem Weg gelost. China ist schließlich jener Teil des Weltmarkts, auf dem auch im Fußball-Business am meisten zu akquirieren ist.”

Wie sehr Politik und Fußball zusammenhängen, sieht man an der Fußball-Historie Chinas. Martin Hägele (Tsp 18.5.) befragte zwei ehemalige Nationalspieler – Gu und Xu: „Sie seien keine Fußballspieler, sondern Marionetten des Mao-Regimes gewesen, meint Xu. Nachdem sich der eiserne Vorhang zumindest ein Stück gehoben und China der Fifa beigetreten war, merkten Chen und bald darauf auch der junge Gu, dass die herzliche Atmosphäre bei der Aufnahme in die asiatische Fußballfamilie schnell abkühlte. Sobald es um die Qualifikation für Weltmeisterschaften oder um die Tickets zu olympischen Turnieren ging, schloss sich die alte Clique, angeführt von den reichen Arabern und Koreanern, gegen den Neuen zusammen. „Das Geld der Öl-Millionäre hat aus dem Rasen heraus gestunken“, behaupten Chen und Gu. Nur aufgrund eines Komplotts zwischen Schiedsrichtern und einflussreichen Funktionären sei ihr Team in der Qualifikation zur WM 1982 und Olympia 1984 gescheitert.“

Costa Rica

NZZ (10.6.). “Keine andere WM-Mannschaft pflegt vor ihren Auftritten ein derart ausgeprägtes Ritual wie Costa Rica. Was Minuten zuvor in der Kabine beginnen soll, findet auf dem Platz seine Fortsetzung. Am Sonntag sah das im Match gegen die Türken so aus: Während sich der Gegner nach der Halbzeit längst zum Weiterspielen formiert hatte, bildeten die elf Costaricaner einen Kreis. Die gegenseitige Motivation und der Versand von Stoßgebeten Richtung Himmel sollen Inhalt der Zusammenkunft gewesen sein – eine Spezialität des Captains und Goalies Erick Lonnis, der im Klub nach einem Gegentor die Vorderleute schon einmal zwecks flammenden Appells an die Ehre versammeln lässt.”

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Stier von Dongelberg

Christian Eichler (FAZ 20.5.) porträtiert den Neu-Politiker Wilmots. „Politiker auf dem Fußballfeld, das war meist eine unglückliche Idee, seit der französische Staatspräsident Le Brun beim Anstoß der Weltmeisterschaft 1938 in den Boden trat. Für den umgekehrten Rollentausch – Fußballer in der Politik – fehlen noch die Erfahrungswerte. Abgesehen von Pelé, der eine kurze Zeit als brasilianischer Sportminister amtierte, hat es noch kein Kicker von Welt an die Hebel der Macht gebracht. So dürfte die politische Karriere von Marc Wilmots ein reizvolles Debüt werden. Auf Listenplatz vier der liberalen Partei Mouvement Réformateur (MR) war ihm ein Platz im belgischen Parlament schon vor den Wahlen am Sonntag fast sicher. Obwohl er sich wegen seiner Verpflichtungen als Interims-Teamchef bei Schalke 04 kaum im Wahlkampf hatte zeigen können, erhielt der populärste belgische Fußballer die zweithöchste Stimmenzahl bei den Wählern nach Parteichef und Außenminister Louis Michel. Stier von Dongelberg wurde der bullige Angreifer in Belgien genannt, ehe er 1996 nach Deutschland kam. Dort erhielt er bei den Schalker Fans durch seine nimmermüde Art einen anderen tierischen Ehrennamen: Willi, das Kampfschwein. Von Juni an wird den Bauernsohn nun die Anrede Herr Senator zieren. Im Senat des belgischen Parlaments, der, dem englischen Oberhaus vergleichbar, eine eher beratende, nicht tagespolitisch entscheidende Rolle einnimmt, will der sportliche Familienvater sich den vertrauten Feldern Sport und Jugend widmen. Mit Michel verbindet ihn eine alte persönliche Freundschaft. Die beiden stammen aus Nachbardörfern im wallonischen Teil Brabants. Natürlich hat der Parteichef den Fußballer nicht nur aus Freundschaft in die Politik geholt, sondern in der Hoffnung, daß er nicht nur eine Stimmungs-, sondern auch eine Stimmenkanone ist. Die Hoffnung erfüllte sich. Wilmots trug seinen Teil zum guten Ergebnis der Partei bei.“

Für Theater und Auflage zuständig

Zur Lage in Schalke heißt es bei Martin Hägele (NZZ 20.5.). „Es war ein harter Montag für Menschen, die Schalke 04 lieben. Seit zwei Jahren ist der 19.Mai im blauweissen Vereins-Kalender angestrichen. „Tag der Schalendiebe“ heisst er unter den eingefleischten Anhängern. Weil an jenem Samstag im Jahr 2001 der Schiedsrichter Merk die Partie in Hamburg drei Minuten hatte länger laufen lassen als dessen Kamerad in der Arena Auf Schalke, wo bereits der achte Meistertitel – und damit der erste seit 1958 – gefeiert wurde, ehe die Fernsehbilder aus dem Norden ein Meer von Tränen im Fussball-Westen auslösten. Der Schwede Andersson hatte in der Nachspielzeit einen Freistoss verwandelt; bis heute kann keiner der Beteiligten richtig erklären, wie der Ball den Weg durch die HSV-Mauer ins Netz gefunden hat – und der FC Bayern grüsste den Rest der Republik zum siebzehnten Mal als Champion. Auch jetzt, da sich der Volkstrauertag von Gelsenkirchen zum zweiten Mal jährt, steht von einer Meisterparty auf dem Münchner Rathausbalkon in der Zeitung. In dem Kommentar des Bayern-Managers Uli Hoeness, der damals sein tiefstes sportliches Mitgefühl für den „unglücklichen, aber ungemein sympathischen Verlierer“ übermittelt hatte, steckte am Montag purer Zynismus: Früher sei der Stellenanzeigenmarkt am Samstagmorgen in der FAZgestanden, stichelte Hoeness, nun aber finde er am Samstagabend im Sportstudio statt. Ein ziemlich deutlicher Hinweis an den Kollegen Assauer, sich nicht von der Welle Christoph Daum überrollen zu lassen. Die Rückkehr des Beinahe-Bundestrainers in die Bundesliga, verbunden mit der offiziösen Begnadigung des Kokain-Sünders, ist seit einer Woche angelaufen. Gewissermassen im Namen des Volkes fordert „Bild“ den Redaktionsfreund und ehemaligen Kolumnisten. Die Interessen des Boulevardblatts und des Meistertrainers von Stuttgart, Istanbul und Wien überschneiden sich dabei offensichtlich. Daum fehlt bei Austria Wien der internationale Glamour, Bild aber sucht nach der langweiligsten Bundesligarunde der Geschichte nach einer Figur, die Feuer spuckt. Das kann Daum, der Medientrainer, wie kein anderer. Egal, ob er den Mut seiner Professionals stählen will, indem er sie über Glasscherben laufen lässt, oder ob ein Reiher den teuersten von Daums japanischen Koi-Fischen aus dem Karpfen-Bassin fischt – der Mann ist für Theater und Auflage zuständig. Wer den „Zampano“ nicht sofort verpflichtet, wird vom Volksorgan nicht nur gemassregelt, sondern als „blauweisser Trottel“ verspottet.“

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Pädagogische Wanderschaft

Die Stimmung im Nürnberg Block schildert Roland Zorn (FAZ 12.5.). „Noch einmal Westfalenstadion. 5.000 Anhänger des 1. FC Nürnberg wollten am Samstag zum vorerst letzten Mal die Atmosphäre in Deutschlands mächtigster Fußball-Arena genießen und ließen sich deshalb erst gar nicht auf ein Spiel mit der längst verlorenen Hoffnung ein. Dortmund, das sollte zum Ausklang einer schwarzen Serie die große Lustreise der rot-schwarz kolorierten Fangemeide sein, die auf der Nordtribüne stets für sich, ab und zu gegen ihre Mannschaft und zum Schluß wider den Club-Chef Michael A. Roth demonstrierte. An die strohhalmdünne Hoffnung, nicht nur die Leverkusener, sondern auch die Bielefelder noch überflügeln zu können, glaubte im Nürnberger Lager kein Mensch mehr. Lieber hüpften die Fans in ihrer Seelennot auf der Stelle und wendeten ihrem Team den Rücken zu, oder sie schmetterten dem Dortmunder Publikum in realitätsferner Desperado-Fröhlichkeit ein wir holen den U-Uefa-Cup entgegen. Der Club muß also wieder einmal gehen; doch wann wird er wiederkommen? Roth, nach Augenthalers Rausschmiß und der Verpflichtung von Nachfolger Wolfgang Wolf noch reichlich naseweis, rückte von seinem weltfremden Postulat sofortiger Wiederaufstieg am Samstag erst einmal ab. Wir wollen in der zweiten Liga im oberen Drittel mitspielen, lautete Roths neue Wunschvorstellung. Doch die Nürnberger sitzen bei 19 gültigen Verträgen auf so mancher Altlast, und ihre Vorstellung, mit jungen Leuten aus dem eigenen Nachwuchs den Wiederaufschwung zügig zu schaffen, klingt nach nostalgischem Heimattheater ohne Drehbuch(…) Im Gegensatz zu den auf den Abschied längst vorbereiteten Nürnbergern deutet sich für den von Bayern München abgelösten Meister des Jahrgangs 2001/02 seit Samstag ein versöhnliches Saisonende an. Der BVB rückte wieder auf den standesgemäßen Rang zwei der Tabelle vor. Das hieße, die Borussia wäre direkt für die kommende Champions-League-Runde qualifiziert. Eine erfreuliche Aussicht, die dem kummergewohnten und manchmal über die Maßen bekümmert anmutenden Trainer Matthias Sammer fast zu früh vor Augen kommt. Ich sehe eine Gefahr, weil wir zum falschen Zeitpunkt Zweiter sind. Wir müssen in vierzehn Tagen Zweiter sein. So reden enttäuschte Liebhaber wie Sammer, der sein Team auf der pädagogischen Wanderschaft durch eine unruhige Saison oft genug nicht mehr recht zu verstehen glaubte.“

Kein Mut der Verzweiflung

Daniel Theweleit (SZ 12.5.) teilt dazu mit. „Wann das Projekt Klassenerhalt beendet war, weiß man nicht so genau. Einige Nürnberger hofften vielleicht am Samstag noch ein wenig. Sinnloserweise, wie Michael A. Roth, der Präsident des 1. FC Nürnberg, nach dem 1:4 seines Klubs bei Borussia Dortmund verkündete: „Bei der Verpflichtung von Wolfgang Wolf ging es nur noch darum, dass der Neue den Kader kennen lernt, dass er die Weichen stellen kann, dass wir rechtzeitig reagieren, um einen guten Start in die kommende Saison hinzubekommen.“ Der tabellarische Vollzug war also nur noch ein Akt, den es zu überstehen galt. So jedenfalls traten sie auf, die Gäste aus Nürnberg. Kein Mut der Verzweiflung während des Spiels, keine Tränen nach dem Spiel, vorherrschend war ein Gefühl der Leere, des Nichts. Die Spieler liefen ungerührt zu ihren Fans, bedankten sich höflich für die Unterstützung, um sich dann dem Auslaufen zu widmen. Das übliche Programm. Die Anhänger feierten trotzig sich selbst, und unten kniete einzig David Jarolim auf dem Boden, wirkte traurig, bewegt. Es schien, als hätten die meisten Nürnberger den Abstieg abgehakt.“

siehe auch Lage der Liga

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Internationales XXL-Format

siehe auch: die Lage der Liga

Borussia Dortmund – VfL Wolfsburg 4:0

Internationales XXL-Format

Roland Zorn (FAZ 11.8.) verglich die beiden Spielmacher. „Der sensible Argentinier konnte am Samstag im fiebrig aufgeheizten Westfalenstadion nur andeuten, daß er als eines der großen Talente seines Landes gilt; Rosicky dagegen, dessen Körpersprache auf seine rauhe Verbindung zum Straßenfußball weist, bewies zum wiederholten Male in der noch jungen Saison sein internationales XXL-Format. Das war der größte von vielen großen Unterschieden im Vergleich zwischen einer Bundesliga-Spitzenmannschaft und einem nach oben strebenden Team. Der zur Zeit mit den Insignien des Kapitäns ausgestattete und dazu mit den Bordmitteln des großen Regisseurs gesegnete Prager schoß gleich zwei Treffer (24. und 51. Minute) zum überdeutlichen 4:0-Erfolg des BVB gegen eine in der zweiten Halbzeit nur noch Spalier stehende Wolfsburger Mannschaft (…) Nach einer Saison, in welcher die Profis der Borussia ihre treue Kundschaft so manches Mal mit unterkühlten, leidenschaftslosen Aufführungen abgeschreckt hatten, imponierte dem gelb-schwarzen Anhang am Samstag der Teamgeist, die Hingabe, die Konsequenz, die Siegessucht und die Widerstandsfähigkeit der Dortmunder Mannschaft.“

Felix Meininghaus (FR 11.8.). „Rosicky, so mutmaßen die Dortmunder, steht vor einer großen Saison. Sammer hat den 22-Jährigen als Chef der Kreativabteilung mit allen Freiheiten ausgestattet und erwartet dafür, dass der Edeltechniker das Spiel des BVB mehr prägt, als er das bislang getan hat. Zum Ende der vergangenen Spielzeit hatte im Dortmunder Lager das Murren hörbar zugenommen. Rosicky, so hieß es, entwickle sich nicht weiter, für sein Potenzial zeige er zu wenig. Nun spürt der Spielmacher Rückenwind.“

Kolossaler Schritt nach vorn

Freddie Röckenhaus (SZ 11.8.) hält Dortmunder Optimismus für angebracht. „Ein bisschen mochte einem Matthias Sammer an diesem Nachmittag Leid tun. 4:0 gegen den ambitionierten VfL Wolfsburg gewonnen, ganz neue Mannschaftsaufstellung gefunden und alle Selbstzweifel mit einem Spiel über Bord gekippt – und doch drehte sich scheinbar alles nur noch darum, ob Borussia Dortmunds Trainer seinem technischen Pfiffikus Tomas Rosicky das Schießen mit dem Außenrist verboten habe. Der Mensch im Überfluss neigt eben zu wunderlichen Diskussionen. Und so kam es einem nach Dortmunds erstaunlicher Heimpremiere vor, dass viele den Überschwang und die Hitze einfach nicht verkraftet hatten. Spielmacher Rosicky hatte das zu verantworten, weil er beim ersten seiner beiden Tore den Ball so kunstvoll mit dem Außenrist ins Tor des verdatterten Simon Jentzsch geschlenzt hatte. Das Tor war so schön, dass man sich sogleich erinnerte, dass der notorische Nörgelpeter Sammer seinem besten Techniker Rosicky kürzlich empfohlen hatte, auch mal mit dem linken Fuß zu spielen, statt als Notlösung seine Kunstfertigkeiten mit dem Außenrist des rechten Fußes immer mehr zu verfeinern. Glückliches Dortmund, dass du solche Details debattierst (…) Dieser Nachmittag schien ganz und gar unter dem Motto zu stehen, dass man bisweilen zu seinem Glück gezwungen wird. Denn als alle Elektrolyt-Drinks ausgetrunken und alle Eisbeutel zu hässlichen Plastikbeuteln geschmolzen waren, machte sich in der Kabine von Borussia Dortmund das Gefühl breit, man sei von höherer Stelle zur Umkehr gezwungen worden. Sammer hatte für die erste rundum überzeugende BVB-Leistung seit fast einem halben Jahr Abwehr und vor allem Mittelfeld umgekrempelt. Denn durch die Langzeit-Ausfälle Frings, Evanilson und Demel sowie das ebenfalls längere Fehlen von Metzelder und Kehl sah sich Dortmunds Trainer gezwungen, eine gänzlich andere Formation aufzustellen. Zudem „hat der Vorstand möglich gemacht“, wie Sammer dankbar formulierte, dass mit Flavio Conceicao und dem norwegischen Nationalspieler André Bergdölmo zwei Routiniers die verunsichert wirkende Mannschaft verstärken. So spielte Bergdölmo auf der linken Seite der Viererkette und machte dadurch Dede frei für das halblinke Mittelfeld. Und neben Conceicao beorderte Sammer den nach zwei Kreuzbandrissen wieder hergestellten Otto Addo ins Mittelfeld – die vermeintliche Notlösung erwies sich als kolossaler Schritt nach vorn.“

Einer, der Fußball nach Lust und Laune spielt und Mozarts Kugeln magisch fliegen läßt

Roland Zorn (FAZ 11.8.) porträtiert den Spieler des Tages. „Unter der Woche mußte er sich kritische Worte gefallenlassen: von seinem Trainer Matthias Sammer und auch von Sportdirektor Michael Zorc. Die beiden forderten Tomas Rosicky dazu auf, am Samstag gegen den VfL Wolfsburg mehr zu tun als im ersten Saisonspiel beim FC Schalke 04. Er solle dazu eine Spur einfacher agieren und nicht zuviel mit Außenristpässen riskieren. Okay, sagte sich der 22 Jahre alte, von Bewunderern auch Mozart genannte Genius von Borussia Dortmund, dann schieße ich eben mit dem Außenrist. Und so erzielte er das 1:0 gegen den VfL. Mit dem rechten Außenrist gegen den linken Innenpfosten und von da ab ins Netz: Schöner ging’s kaum. Nichts leichter als das, mag der Tscheche nach seinem Geniestreich geglaubt haben. Ich habe das gemacht, was ich am besten kann, den Ball mit dem Außenrist gespielt. Dabei schmunzelte der selbstironische Prager, der seinen Vertrag beim BVB bis 2008 verlängert hat, spitzbübisch. Er weiß, daß ihn auch seine schärfsten Gelegenheitskritiker, Sammer sowieso, aber auch Zorc, in ihre Herzen geschlossen haben. Einem, der Fußball nach Lust und Laune spielt und Mozarts Kugeln magisch fliegen läßt, einem solchen Künstler verzeiht man seine Anflüge von Verspieltheit gern.“

Hannover 96 – Bayern München 3:3

Andreas Burkert (SZ 11.8.) sah zwei verschiedene Halbzeiten. “Was der FC Bayern diese Saison zu leisten in der Lage ist, möchte man nur ungern weissagen nach dem glücklichen und zugleich verdienten 3:3 in Hannover, das Hargreaves mit seinem gefühlvollen Tritt in der Nachspielzeit sicherstellte. Sollte man sie bewundern, weil sie trotz des 1:3 zur Pause und ungeachtet der Temperaturen noch einen Punkt retteten auf der staubigen Baustelle AWD-Arena (deren Tribünensitz manch einer nur über eine steile Leiter erreichte)? Eher ja, befand Ballack, „das war unsere erste richtige Prüfung unter extremen Bedingen, die Mannschaft hat sich zusammengerissen und Willen gezeigt“. Das indes war nur die halbe Wahrheit. Denn Hannover 96 hatte die Prominenz aus München eine Halbzeit lang durcheinander geschüttelt wie im Cocktailmixer, sie hatten mit ihr gespielt, sie beherrscht und auch ein bisschen gedemütigt. Nicht nur Ballack und sein fehlerhafter Schattenmann Hargreaves verloren sich im furiosen Konterspiel der 96er, das Publikum jedenfalls schrie eine Halbzeit lang vor Begeisterung; sie sprangen immer wieder auf, wenn ihr Heimkehrer Jan Simak die Verteidiger Linke und Kovac mit Übersteigern und Haken zu hilflosen Pirouetten zwang; oder wenn Jiri Stajner, Simaks tschechischer Landsmann und trinkfester Thekenpartner, erneut den Ball zwischen dem Profimagier Zé Roberto und Tobias Rau vorbeigeschoben hatte – und der Grundlinie zustrebte mit seinen raumgreifenden, tapsigen Schritten.”

Die Leistung Elbers sah eher nach Kapitulation aus

Frank Heike (FAZ 11.8.) richtet Komplimente an beide Seiten. „Hannover 96, die Überraschungsmannschaft der ersten beiden Spieltage – dieses Lob mochte Trainer Ralf Rangnick wohl annehmen, denn seine Profis hatten eine Woche nach dem 3:0 beim HSV eine Halbzeit am Rande der Perfektion geboten und 3:1 geführt. Am Ende blieb dann aber nur das Remis. Ich weiß nicht, ob ich mich über diesen einen Punkt freuen soll, sagte Rangnick. Denn wie aus den schon sicher geglaubten drei Zählern letztlich doch nur einer wurde, war bitter für Hannover 96. In der dritten Minute der Nachspielzeit zirkelte der Engländer Owen Hargreaves den Ball bei einem ins Tor der Hamburger. Wie wichtig den Münchnern der Punktgewinn war, sah man an ihrem ausgelassenen Jubel. Eigentlich hätten sie auch schon früher im zweiten Durchgang ausgleichen müssen. Hannover 96 verteidigte längst nur noch, und die Bayern vergaben beste Chancen. Zudem erkannte Schiedsrichter Aust dem deutschen Meister ein Tor nicht an, das Pizarro erzielt hatte. Aust wähnte Elber fälschlicherweise im Abseits und pfiff ab. Es war Elbers auffälligste Szene – der 31 Jahre alte Brasilianer stand ansonsten 90 Minuten neben sich. Man darf gespannt sein, wie er in seinem letzten Jahr in München auf die neue Konkurrenz durch Roy Makaay reagieren wird. Die Leistung Elbers bei 96 sah eher nach Kapitulation aus. Die Machtverhältnisse im Bayern-Sturm könnten sich also verschieben, zumal auch noch Roque Santa Cruz zurückkommt. Schon im Heimspiel gegen den VfL Bochum darf man auf das Gespann Pizarro/Makaay gespannt sein. Pizarro war der beste Münchner des Nachmittags. Eine sensationelle Verfassung attestierte ihm Trainer Ottmar Hitzfeld. Als Pizarro das 2:3 erzielte, war das das entscheidende Angriffssignal für seine Kollegen. Vorher hatten weder Michael Ballack noch der zur Pause ausgetauschte Sebastian Deisler irgend etwas zur Lenkung des Spiels beigetragen. Daß die Münchner aber von der desolaten Leistung in Halbzeit eins zum überzeugenden Auftreten in Durchgang zwei den Schalter umlegen konnten, war wieder einmal ein Zeichen ihrer Stärke.“

Jan Christian Müller (FR 11.8.) berichtet Neues über das schwierige Verhältnis zwischen 96-Präsident Kind und Trainer Rangnick. “Nachdem Martin Kind am Sonntag in den roten Sessel beim DSF-Stammtisch gefallen war, war ihm die Nervosität deutlich anzumerken. Ständig nestelte der Präsident von Hannover 96 am schwarzen Polohemd, und nachdem er manche Attacke aus der Runde um Fernsehtrainer Udo Lattek nur mühevoll pariert hatte, nahm er lieber verbal Reißaus. Man mochte seinen Ohren kaum trauen, als Kind keine 24 Stunden, nachdem Hannover 96 beim 3:3 gegen Bayern München erst in letzter Minute die Tabellenführung verspielt hatte, über seinen Trainer formulierte: Ralf Rangnick ist hoch qualifiziert, engagiert, erfolgsorientiert und loyal und nachschob: Er ist ein Super-Trainer. Das hatte sich in der vergangenen Saison noch ganz anders angehört, als Kind und Rangnick öffentlich nicht nur einmal heftig aneinander geraten waren. Im Nachhinein erklärt der erfolgreiche Hörgeräte-Unternehmer seine ständigen Scharmützel mit Rangnick damit, er habe gezielt Druck aufbauen wollen, das sei nötig gewesen, um den Abstieg zu verhindern. Und sowieso, hielt Kind der trauten Gesprächsrunde vor: Ich weiß nicht, ob Sie nicht gelernt haben, dass man in kritischen Situationen auch kritisch miteinander umgehen muss. Nun, derzeit befindet sich Hannover 96 wahrlich nicht in einer kritischen Situation, auch wenn Kind mit kritischem Unterton anmerkte, für das (zu) hohe Tempo gegen die Bayern während der ersten Halbzeit seien Trainer und Mannschaft verantwortlich.“

Promi-Bonus

Dietrich zur Nedden (taz 11.8.). „Dass Bayern wie in der vergangenen Saison noch den Ausgleich schaffte (allmählich müssen sie dabei die Uhr im Blick behalten, denn diesmal brauchten sie die Nachspielzeit), mutete schließlich zwangsläufig und gerecht an, zumal Schiedsrichter Aust zwar häufig den Gästen einen Promi-Bonus einzuräumen schien, andererseits bei einem regulären Tor von Pizarro seinem Assistenten folgte und auf Abseits von Elber entschied. Zu dem Zeitpunkt war Hannover schon um einen Spieler ärmer: Im Vorbeigehen hatte Idrissou versucht, Linke mit dem Ellenbogen zu checken. Zwar traf er ihn nicht, aber der Münchner nutzte die Chance, sich schmerzverzerrt auf dem Rasen zu wälzen, dennoch.“

Lendoiro macht sich offenbar einen Spaß daraus, die Bayern bloßzustellen

Elisabeth Schlammerl (FAZ 11.8.) berichtet den letzten Stand des Makaay-Tansfers. „Die Laune von Uli Hoeneß ist nicht die beste in diesen Tagen. Am Freitag hat sich der FC Bayern München zwar endlich und endgültig mit Deportivo La Coruña über den Transfer von Roy Makaay geeinigt, aber die Konditionen gefallen dem Manager überhaupt nicht, wenngleich er sie als Kompromiß bezeichnet, den wir zähneknirschend akzeptiert haben. Er fühlt sich von Augusto Cesar Lendoiro, dem Präsidenten des galicischen Klubs, über den Tisch gezogen. Wenn die Freigabe des Internationalen Fußball-Verbandes für Makaay vorliege, ließ ein verärgerter Hoeneß wissen, wird es dazu noch die eine oder andere Sache zu sagen geben. Der Bild am Sonntag sagte Hoeneß jetzt schon mal, er habe so ein Geschäftsgebaren in 20 Jahren als Manager noch nicht erlebt. Die Spanier haben geschafft, was nur wenigen Klubs in den vergangenen Jahren gelungen ist: den FC Bayern innerhalb von nur elf Monaten dreimal in die Knie zu zwingen, zweimal auf dem Fußballplatz und jetzt am Verhandlungstisch. Lendoiro macht sich offenbar einen Spaß daraus, die Bayern bloßzustellen. Jedenfalls berief er am Freitag abend nach Unterzeichnung der Verträge eine Pressekonferenz ein, um die Details des Deals zu erläutern. Und um zu bekunden, daß er den Münchnern deutlich mehr Geld abgeluchst habe, als diese zunächst zugaben. Mehr als nur die 18,75 Millionen Euro Ablöse, auf die sich die beiden Vereine nach langem Hin und Her schließlich geeinigt hatten. Insgesamt könnte der Transfer 24, 25 oder gar 26 Millionen Euro kosten, sagte Lendoiro. Der FC Bayern muß zusätzlich 500 000 Euro pro Titel nach Galicien überweisen, falls sie in den nächsten drei Jahren deutscher Meister werden. Eine Million Euro wird fällig, wenn der Klub bis 2007 die Champions League gewinnen sollte.“

1. FC Köln – 1. FC Kaiserslautern 1:2

Wiese wie ein Berserker

Ulrich Hartmann (SZ 11.8.) sah ein „ereignisreiches Spiel mit glücklichem Ausgang für die Pfälzer“. „Man wird oft nicht richtig schlau aus dem Torwart Wiese, der aus der Nähe von Köln stammt und sich mit markigen Sprüchen und guten Leistungen zum Stammkeeper in Kaiserslautern hochgedient hat – der allerdings in seiner ganzen Extrovertiertheit bisweilen sehr unbedarft wirkt. Dieser mit 21 Jahren derzeit jüngste Stammtorhüter der Liga hat gut gehalten bis zur 55. Minute, in der es 1:1 stand. Die flott geführte Partie schien nach der Pause weder auf einen Sieger noch auf einen Showdown hinauszulaufen, als Wiese binnen zehn Minuten mehrfach das allgemeine Interesse erregte. Zunächst ließ sich der Kölner Matthias Scherz im Strafraum über Wieses ausgestreckten Arm fallen, so dass es die Gelbe Karte für Wiese und einen Elfmeter für die Gastgeber gab, den Dirk Lottner schoss. Wiese hat bis vor eineinhalb Jahren für Fortuna Köln gespielt, kennt Lottner und weiß um dessen Gepflogenheiten beim Strafstoß. „Ich bin gar nicht richtig in die Ecke gesprungen“, erzählte er hernach, „weil ich mir gedacht habe, dass er eher in die Mitte schießt.“ Lottner schoss in die Mitte und Wiese parierte mit dem Fuß. Der Torwart ballte die Fäuste. Zehn Minuten später musste er vom Platz. Diesmal sprang er wie ein Berserker in den ganz allein aufs Tor zustürmenden Kölner Andrej Woronin und lief, nachdem er vom Schiedsrichter Fleischer dafür sinnloserweise nur die Gelb-rote Karte bekommen hatte, zum sich wälzenden Woronin, um ihn wüst zu beschimpfen. Später gab Wiese, wieder halbwegs Herr seiner Sinne, zu Protokoll, der Platzverweis sei berechtigt gewesen, Woronin habe sich halt clever fallen lassen und er könne mit Gelb-rot zufrieden sein. Denn dadurch werde er in zwei Wochen wieder im Tor stehen können. Doch das bleibt abzuwarten. Denn Thomas Ernst, Wieses Ersatz und 14 Jahre älter, brachte die engagiert aufspielenden Kölner im Anschluss der Verzweiflung nahe. Er fischte mehrfach derart den Ball aus der Luft, dass ihm sein Trainer Gerets später „eine sensationelle Leistung“ beglaubigte und sich überhaupt freute, „zwei so gute Torhüter zu haben“. Diese Tatsache bescherte den Lauterern dann auch den ersten Saisonsieg und den Kölnern die zweite Pleite im zweiten Spiel.“

Erik Eggers (FR 11.8.). „Allein ein fantastisch aufgelegter Torwart Stefan Wessels verhinderte in den ersten 45 Minuten ein drohendes Debakel. Dogans Ausfall war für uns sehr hart, sagte hinterher FC-Coach Funkel. Mehr noch aber deprimierte ihn die Tatsache, dass wir keine Alternative dazu besaßen. Der kleine Kader stellt sich also bereits jetzt als schwere Hypothek heraus. So klafft zurzeit noch ein großer Unterschied zwischen der professionellen Infrastruktur und dem Vermögen auf dem Rasen. Auf der einen Seite steht ein bald fertiges Stadion mit großartiger Atmosphäre, in dem bereits jetzt eine Uhr den WM-Countdown einläutet, und auch das Umfeld des Clubs hat nach der Verpflichtung von Manager Andreas Rettig den provinziellen Mief früherer Tage abgelegt. Doch die Kluft zwischen Umfeld und Sport in den nächsten beiden Spielen schließen zu können, davon träumen nur eingefleischte Anhänger, geht es doch nun erst gen Schalke und dann gegen Borussia Dortmund. Die Ruhe der Fans nach dem Spiel war demnach nicht allein Reaktion auf das eben Erlebte. Es vermittelte auch eine Ahnung, und die war düster.“

Sechste Niederlage in Folge

Daniel Theweleit (BLZ 11.8.). „Als könne man die Stadt nur langsam von den Gefühlsschwankungen zwischen den Extremen entwöhnen, boten der Spielverlauf, in dem beide Teams die Chance zum Sieg hatten, wie auch die Kölner Ergebnisse der letzten Wochen und Monate einen Rest der alten und vielfach geliebten Übersteigerungen, die zum Kölner Fußball gehörten wie der Geisbock: Das 1:2 gegen Kaiserslautern war die mittlerweile sechste Niederlage in Folge für die Mannschaft, die schon in der zweiten Liga nach dem vollendeten Aufstieg nur noch verloren hatte. Nachdem sie allerdings zuvor 30 Spiele lang und mithilfe einer unglaublichen Glückssträhne ungeschlagen geblieben war – ein Rekord im deutschen Profifußball. Davor wiederum war der Klub abgestiegen, weil man unsägliche 1 034 Minuten lang kein Tor erzielt hatte. Die neue Ruhe im Klub wird also begleitet von einem seriellen Wechselbad der Gefühle für die Fans, dessen negative Ausprägung eine Weile anzudauern droht. Es folgen Spiele bei Schalke und gegen Dortmund.“

SC Freiburg – Hansa Rostock 2:2

Martin Hägele (SZ 11.8.) sah eine folgenreiche Fehlentscheidung. „Nur gut, dass Sportskamerad Peter Sippel aus München seinen ersten größeren Schnitzer in dieser Saison schon so früh in der Saison gebaut hat. Am vorletzten Spieltag statt am zweiten hätte solch ein Elfmeterpfiff nicht nur alle Menschen, denen Hansa Rostock am Herzen liegt, zu Bayern-Hassern gemacht: Man hätte mit sportpolitischen Unruhen im Osten der Republik und den entsprechenden Verdächtigungen rechnen müssen, dass ausgerechnet dem letzten in der Bundesliga verbliebenen Klub aus der ehemaligen DDR so böse mitgespielt würde. Denn obwohl der Ghanaer Godfried Aduobe und Zlatan Bajramovic aus Bosnien mit höchstem körperlichen Einsatz um den Ball kämpften, ging es bei der umstrittenen Strafraumszene regelgemäß zu. Der jüngst für internationale Einsätze erwählte Peter Sippel aber glaubte, ein Foul des Afrikaners ahnden zu müssen. Dank Coulibalys Hammerschlag vom Elfmeterpunkt zum 1:2 erwachten nicht nur dessen Kollegen aus ihrer Lethargie, plötzlich war da dieser vertraute Freiburg-Roar, der das schnuckelige Stadion an der Schwarzwald-Straße in eine brüllende, kochende, tobende Arena verwandeln kann. Weg die Depression, die sich nach dem 0:2 von Martin Max Sekunden vor der Halbzeit auf allen vier Tribünen breit gemacht hatte. Dieses ohnmächtige Gefühl, dem das ganz auf Freiburger Fußballgeburtstag und Jubiläum gestimmte Publikum (zum dritten Mal erste Liga, Richard Golz mit Bundesligaeinsatz Nummer 400) ungewöhnlich schnell erlegen war, weil nichts seiner Vorstellung entsprochen hatte: Statt Ballstafetten wurden Fehlpässe in Serie vorgeführt; die Laufwege im Oberhaus müssen sich im vergangenen Jahr wohl generell verändert haben, genauso wie das sportliche und taktische Potenzial des seitherigen Lieblingsgegners von der Ostsee, der noch nie Land gesehen hatte im Breisgau. Im Mittelfeld sortierte der kleine Aduobe einen Konter nach dem andern: dort, wo normalerweise die Sportklub-Profis durch Ordnung und Tempo ihre Gäste dominieren, herrschte Armin Vehs Lieblingsspieler, der ihm aus Reutlingen nachgelaufen war.“

1860 München – Schalke 04 1:1

Eine Art von Profil, die auch in einer hypermodernen Allianz-Arena funktioniert

Claudio Catuogno (taz 11.8.) ist von der jungen Garde der Sechziger angetan. “Man schrieb die 81. Minute im Münchner Olympiastadion und Andreas Görlitz spurtete die Seitenlinie entlang. Von ganz hinten, aus der Abwehrkette heraus, bis an den gegnerischen Strafraum. Als gäbe es das alles nicht: die Gegenspieler, die müden Beine, die 44 Grad, über die alle klagten. Als gäbe es nur ihn, den Ball – und die Lust an diesem Spiel. Irgendwo hat Görlitz den Ball dann verloren, aber das war nicht entscheidend. Das 1:1 des TSV 1860 München gegen Schalke 04 war zu diesem Zeitpunkt ohnehin schon so festgezurrt wie die Lastgurte eines Kamels auf Wüstentour. Aber wie er da durch die Hitze sprintete, Andreas Görlitz, 21 Jahre, das symbolisierte wie keine andere Szene den Neuanfang des TSV 1860. Und einen endgültigen Schlussstrich, der damit verbunden ist. Es ist noch gar nicht so lange her, da personifizierte Werner Lorant den TSV 1860, der missmutige Schinder, der Wüterich auf der Trainerbank. Das machte das Zuschauen bisweilen amüsant, es war aber nicht genug. Stets hatten sich die Löwen vor allem über ihre Rivalität zum FC Bayern definiert. Doch seit Klubpräsident Karl-Heinz Wildmoser mit dem Erzfeind paktierte, erst den Umzug ins Olympiastadion und dann den Bau einer gemeinsamen Arena verabredete, verlor der einstige Arbeiterklub an Profil. Manche sagen: Er verlor seine Seele. Zuletzt spielte 1860 manchmal vor weniger als 5.000 Zuschauern. Auch Görlitz war zu dieser Zeit schon im Verein. Und Benjamin Lauth. Beide spielten bei den Amateuren in der Bayernliga. Beide spielten gut, aber ohne echte Perspektive. Lauth, raunzte Lorant bis zuletzt, kenn ich nicht. Erst unter seinen Nachfolgern, zunächst Peter Pacult und jetzt Falko Götz, hat sich das geändert. Lauth ist zum Löwen-Popstar aufgestiegen, hat es in der vergangenen Saison in die Bravo und in die deutsche Nationalmannschaft geschafft. Jetzt erhält auch Görlitz die Chance auf einen Stammplatz. Dahinter steckt Kalkül. Wildmoser weiß, dass es kein Zurück gibt, nicht ins geliebte Grünwalder Stadion, nicht zum ehrlichen, aber einfachen Arbeiterklub. Er weiß aber auch, dass der Verein Profil braucht, um zu überleben – eine Art von Profil, die auch in einer hypermodernen Allianz-Arena funktioniert.“

So einen Gegner musst du weghauen

Philipp Selldorf (SZ 11.8.) vermeldet erste Unstimmigkeiten in Schalke. „Der UI-Cup übt auch auf den blau-weißen Fußballkonzern aus der großen, der deutschen Bundesliga seine unvergleichliche Faszination aus. Die Schalker erkennen auf einmal die Chance, ihre dunkle Vergangenheit zu reinigen. Mit dem Finale im Minieuropacup treten sie an, Geschehenes ungeschehen zu machen. „Wir haben im letzten Jahr etwas verbockt, das wir wieder gut machen können“, sagt Gerald Asamoah. Beim 1:1 gegen die Löwen saß Asamoah, dank der von seinem Trainer verordneten rigorosen Obstkur um etliche Kilo leichter, auf der Tribüne. Eine Sperre verhinderte seinen Einsatz, doch am Dienstag wird er wohl wieder dabei sein. Wer ihm dann zur Seite stehen wird, weiß niemand außer Jupp Heynckes, der am Samstag die Elf wieder wild gemischt hatte. Erneut tauschte er auf sechs Positionen und schonte Spieler wie Altintop, Waldoch und Agali. „Das ist ein Risiko“, gab er zu, „aber ich muss es eingehen.“ So bot Schalke zwar eine passable Leistung, blieb aber unter den Möglichkeiten. Manager Rudi Assauer wertete das 1:1 gar als „Katastrophe“, weil er meint: „So einen Gegner musst du weghauen.“ Chancen dazu gab es zwar – der eingewechselte Agali ließ wie immer einige aus –, aber es fehlte auch die Überzeugungskraft gegen einen Gegner, der schwächer besetzt ist.“

Werder Bremen – Borussia Mönchengladbach 1:1

Jörg Marwedel (SZ 11.8.) berichtet von der Bremer Suche nach dem Schuldigen beim Gladbacher Ausgleichstreffer. „Wer war es, der die unverhoffte Führung herschenkte, indem er bei einem Eckball von Bernd Korzynietz den eingewechselten Stürmer Joris van Hout in der 81. Minute völlig unbehelligt zum 1:1 einköpfen ließ? Die Suche nach dem (Nicht)-Täter wurde zur detektivischen Aufgabe. Dem Torwart Andreas Reinke hatte die Wut angeblich den klaren Blick genommen: „Da hat einer geschlafen, aber ich weiß nicht wer.“ Trainer Thomas Schaaf hielt ebenso dicht wie Sportdirektor Klaus Allofs, der immerhin feststellte, dass es „so ein Tor, wo einer unberührt von einem Gegenspieler zum Kopfball kommt, in der Bundesliga normalerweise nicht mehr gibt“. Und weil die Bremer die Aufgabenverteilung in der Abwehr partout nicht preisgaben, zählen nun alle Defensivspieler von B wie Baumann bis I wie Ismael zum Kreis der Verdächtigten. Andererseits war selbst das Remis noch schmeichelhaft für die Bremer. Und irgendwie passte das Gegentor auch zu ihrem Auftritt. Der war nämlich nach dem missglückten Versuch am Mittwoch, das österreichische Provinzteam SV Pasching trotz eines 0:4 im Hinspiel doch noch aus dem UI-Cup zu kegeln, vor allem von der Devise bestimmt, bloß die Kräfte gut einzuteilen, was auch nach Allofs‘ Einsicht „nicht der beste Weg war“ und sich vor dem Ausgleich in einem Eckballverhältnis von 1:9 wider-spiegelte. Ob Regisseur Johan Micoud, Fabian Ernst oder Krisztian Lisztes – die üblichen Antreiber verharrten in einer merkwürdigen Passivität und schienen auf ein paar glückliche Konter im eigenen Stadion zu hoffen.“

VfL Bochum – Hamburger SV 1:1

Christoph Biermann (SZ 11.8.) referiert Bochumer Stimmung. „Trainer Peter Neururer, der traditionell selbst in der dünnsten Suppe noch ein Fleischhäppchen findet, war trotz des eher glücklichen Remis zufrieden. „Wir sind auf dem richtigen Weg, auch wenn es punktemäßig nicht so aussehen mag“, sagte er. Nach dem Ausgleich hatte seine Mannschaft tatsächlich das angesichts der hohen Temperaturen durchaus ordentliche Spiel offen gehalten. Das Kombinationsspiel hakte mitunter, doch bei Standardsituationen waren die Gastgeber auffallend gefährlich. Mit Peter Madsen scheint der VfL Bochum zudem einen Ersatz für Torjäger Thomas Christiansen gefunden zu haben, denn der Neuzugang aus Bröndby traf auch in seinem zweiten Bundesligaspiel. Die von Neururer abgeleitete Schlussfolgerung aus dem bisherigen Saisonverlauf darf aber seinem Drang zu humoristischen Sottisen zugerechnet werden. „Wir haben im ersten Spiel verloren, jetzt unentschieden gespielt, und weil ich Mathematiker bin und Reihen bilden kann, werden wir in München wohl gewinnen“, sagte er. Dort werden die Bochumer zur Debüt-Show von Bayerns neuer Stürmergröße Roy Makaay antreten. Und wenn man Neururers Reihenbildung ernst nimmt, könnte sich der Holländer am kommenden Samstag relativ früh in die Torschützenliste eintragen. Denn nachdem der VfL beim Saisonauftakt in Wolfsburg schon nach 20 Minuten mit 0:2 hinten lag, wiederholte sich gegen den Hamburger SV ein verschlafener Beginn – wie die Bochumer schon in der Vorsaison Tabellenletzter geworden wären, hätte man jeweils zur Halbzeit das Spiel abgepfiffen.“

Kreuzunglückliche HSV-Profis

Hans Joachim Leyenberg (FAZ 11.8.) sah überlegne Gäste. „Für zwei Menschen unter den gut 20 000 im Ruhrstadion war das Remis zwischen dem VfL Bochum und dem Hamburger SV das ideale Ergebnis. Das frisch vermählte Brautpaar – sie Anhängerin des VfL, er Fan des HSV – hatten vor dem Anpfiff die Nähe seiner Idole gesucht. Man posierte mit diesem oder jenem Prominenten des Fußballs auf dem Rasen. Als Hinter- oder Vordergrund dienten immer wieder die zu einem Tuch vereinten, weil zusammengenähten Vereinsfahnen des Bundesligaklubs aus dem Norden und des aus dem Westen. Die Ehe hätte wohl auch den Triumph des einen über den anderen ausgehalten, aber für den Start ins neue Glück war das 1:1 von standesgemäßer Symbolik. Die Fußballprofis des HSV allerdings waren kreuzunglücklich über dieses 1:1, weil sie die mit Abstand bessere Elf auf dem Platz waren. Bis zur 30. Minute, in die der eher zufällige Ausgleich durch Madsen platzte, hätte es schon 3:0 stehen müssen. Und nicht nur 1:0 (…) Noch hört sich Jara an wie ein gütiger Vater, der die ersten Arbeiten des neuen Schuljahres nicht überbewerten will. Bloß keine Panik, alles wird gut. Sein Team ist tatsächlich auf dem Wege der Besserung, ohne die Erinnerung an ein Hamburger Phänomen verscheuchen zu können: In den vergangenen Jahren erfolgte nach erfolgreicher Saison jeweils der Absturz in Regionen der Tabelle, die nicht dem eigenen Anspruch genügen.“

Tsp-Spielbericht VfB Stuttgart – Hertha Berlin (0:0)

Glücklicher Sieg Leverkusens in Frankfurt FR

„Neuer Vorstandsboss arbeitet ehrenamtlich / Fraport-Mann Becker wird Aufsichtratschef“ FR

am Dienstag auf indirekter-freistoss: mehr über die Sonntagsspiele in Frankfurt und Stuttgart

Sonstiges

Uwe Ritzer (SZ 9.8.). „Er will es nicht glauben, nein, er will es einfach nicht glauben. Dabei liest er es jeden Tag. „Auf Druck der CSU: BR lässt Günther Koch fallen“, titelte die Abendzeitung und besagter Günther Koch hat sich die Schlagzeile ins Arbeitszimmer gehängt, so, dass gleich der Blick darauf fällt. „Mein Motivator“, sagt er. Und dann lässt er seine in hunderten Fußball-Livereportagen trainierte Stimme dribbeln, genau so, wie man sie aus dem Radio kennt: Soweit werde es nicht kommen, das könne nicht sein, das wäre schädlich für die Demokratie, da werde der Intendant schon Rückgrat beweisen, obwohl, am Ende entscheide das doch wohl der Stoiber ganz allein und überhaupt, neulich erst habe ihn eine Frau auf der Straße gefragt: Herr Koch, warum tun Sie sich das an? Ja, warum tut er sich das an? Ein Mann, der Fußball am Radio zum leidenschaftlichen Erlebnis machen kann und dafür bei Fans und Feuilletonisten gleichermaßen Kult-Status genießt. Der mit 61 Jahren seine Beamtenlaufbahn als Realschullehrer für Deutsch, Englisch und evangelische Religion gerade im Altersteilzeit-Ruhestand ausklingen lässt. Warum kandidiert so einer bei der Landtagswahl für die SPD? Noch dazu auf die Gefahr hin, dass der Bayerische Rundfunk ihm im Falle seiner Wahl tatsächlich das Mikrophon wegnimmt, weil die CSU das so will? „Ich werde beides machen“, beharrt Koch trotzig. Also Politik einerseits und Champions-League mit Bayern, Bundesliga eins und zwei mit Sechzigern und Club andererseits. Kein vernünftiger Mensch könne schließlich erklären, weshalb man nicht Abgeordneter sein und Fußballspiele kommentieren könne. Und hat nicht der Beckenbauer, der sozialdemokratischer Umtriebe völlig unverdächtige Kaiser also, neulich gesagt, er kenne „keinen, der kompetenter, ehrlicher und mitreißender ist“ als Günther Koch? (…) Im Zweifelsfall Fußball oder Politik? Koch sagt: Es geht beides. Einmal noch darf er ans Mikro, dann muss er vor der Landtagswahl eine sechswöchige Pause einlegen, das ist so vereinbart. Heute kommentiert Koch die Bundesligapartie 1860 München gegen Schalke04. Es könnte womöglich sein Abschiedsspiel werden.

„Trotz Dauerkartenrekord und mehr als einer Milliarde Euro Umsatz: Seit dem Kirch-Crash steckt das Unternehmen Bundesliga in der Krise. Im Mutterland des Fußballs könnten deutsche Manager lernen, wie man den Fans den letzten Euro aus der Tasche zieht.“ SpOn

„0:0 im ersten Regensburger Zweitliga-Spiel seit 26 Jahren“ SZ

„Um endlich einmal die Champions-League-Qualifikation zu überstehen, hat Präsident Stronach soeben den 54. Neuzugang seiner Ära bei der Austria vorgestellt“ SZ

Gewinnspiel für Experten

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Wundertüte VfB, Deislers Zukunft

Verbotene Fans wehren sich gegen die Diffamierungen seitens Sport-Bild und Bayern-Führung – erfreuliches Zwischenfazit über den Ligapokal – „Wundertüte“ VfB Stuttgart: niemand weiß, wohin der Weg der Überraschungself der letzten Saison führt – Erwin Staudt, ein neuer Mann an Stuttgarter Bord – skeptischer Betrachtung der Bochumer Saisonperspektiven– Deislers Zukunft unvorhersagbar u.v.m. (mehr …)

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Schiedsrichter im Blickpunkt

Selten standen die Schiedsrichter so sehr im Blickpunkt wie in dieser Saison (mehr …)

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