indirekter freistoss

Presseschau für den kritischen Fußballfreund

Donnerstag, 25. März 2004

Ballschrank

Übernahme des FC Chelsea

Tomas Avenarius (SZ 3.7.) berichtet die Übernahme des FC Chelsea durch einen russischen Geschäftsmann. „Er interessiert sich für fast alles, was Geld bringt. Nach Erdöl und Aluminium setzt Roman Abramowitsch nun auf Fußball: In einem Überraschungscoup hat der russische Öl-Milliardär den englischen Fußballklub FC Chelsea London gekauft. Der Verein ist laut BBC 85,2 Mio. Euro (umgerechnet 59,3 Mio. Pfund) wert; der Magnat kauft ein mehr als 50-prozentiges Kontrollpaket der Aktien. Laut BBC muss er zudem knapp 115 Mio. Euro (80 Mio. Pfund) aufbringen, um die Schulden des finanziell strauchelnden Vereins auszugleichen. 1982 hatte Abramowitschs Vorgänger Ken Bates Chelsea für nur eine Million Pfund gekauft und Schulden in Höhe von 1,5 Millionen dazu. Seitdem ist Chelsea immer tiefer in die roten Zahlen geraten. Ob Abramowitsch wirklich interessiert ist, den Verein zu sanieren oder ihn nur als Puzzlestück für schwer durchschaubaren Geschäfte sieht, ist fraglich. Der „Oligarch“ Abramowitsch ist eine der obskursten Gestalten der ohnehin schillernden Geschäftswelt Russlands. Wie bei den meisten wichtigen russischen Geschäftsleuten liegt der Beginn seines Erfolgs im Dunkeln: angeblich hatte er in den wilden Jahren des Untergangs der UdSSR eine Zugladung Rohöl illegal abgezweigt und ins Auslandverkauft. Angeblich saß er deshalb auch kurzzeitig im Gefängnis. Mit dem Startkapital soll er die Grundlage für das Imperium gelegt haben, in dessen Zentrum heute der Ölkonzern Sibneft, eine Beteiligung an der Airline Aeroflot sowie Anteile an Aluminiumkonzernen stehen. Zeitweise galt Abramowitsch als „grauer Kardinal“ im Kreml und war der Freund einer Jelzin-Tochter. Ob sein Draht zum jetzigen Präsidenten Wladimir Putin ebenso gut ist, ist unklar.“

55 Güterwagen voll Dieseltreibstoff

Martin Pütter (NZZ 3.7.) teilt dazu mit. „Die Londoner Börse reagierte mit dem erwarteten Kursanstieg, eröffnet doch die Finanzkraft des neuen Besitzers bessere Perspektiven für den hoch verschuldeten Verein. Abramowitsch hatte 35 Pence für das Papier von Chelsea Village bezahlt (gesamthaft 59,3Millionen Pfund), darauf rückte die Aktie am Alternative Investment Market auf denselben Wert bei vergleichsweise gewaltigem Volumina (1,25 Millionen Papiere) vor und verbesserte sich um 25 Prozent. Ob die Fans mit diesen Liebesgrüssen aus Moskau allerdings etwas anzufangen verstehen, steht auf einem anderen Blatt. Ob es sich um die Verpflichtung eines neuen Mittelfeldspielers handele, fragte beispielsweise ein skeptischer Anhänger der Blues, der vor dem Stadion Stamford Bridge von einem Reporter der BBC interviewt wurde. Einer der prominentesten Chelsea-Fans ist gar nicht glücklich. Er möchte wissen, ob Abramowitsch der geeignete Mann sei, den Klub zu übernehmen, sagte der Labour-Abgeordnete Tony Banks. Vielleicht war der frühere Sportminister schon informiert darüber, dass 1992 eine Untersuchung gegen den früheren Angehörigen der russischen Armee wegen des Verschwindens von 55 Güterwagen voll Dieseltreibstoff eingeleitet (und später ergebnislos eingestellt) worden war.“

Gewinnspiel für Experten

Ballschrank

Existenz des Klubs

„Angesichts von rund sieben Millionen Euro Schulden hätte ein Verbleib in der angeschlagenen zweiten Liga nämlich die Existenz des Klubs bedroht, zweifellos aber zu einem Ausverkauf von großen Teilen der Mannschaft geführt.“ (Volltext)

Richard Leipold (FAZ 07.05.02) über die unmittelbaren Reaktionen des Trainers Peter Neururer nach dem Aufstieg:

„Von seinen Gefühlen überwältigt, läuft er wenige Minuten später mit nacktem Oberkörper über den Rasen des Tivolis. Solche Szenen sind im Sport häufig zu sehen, doch das Bild vom halbnackten Neururer hat eine Symbolkraft, die über das branchenübliche Triumphgehabe hinausreicht: Dieser Trainer hat stets betont, dass er sein letztes Hemd dafür gäbe, noch einmal in der ersten Liga trainieren zu dürfen.“

Martin Hägele (NZZ 07.05.02) über die Wende, die mit dem Trainer Neururer verbunden ist:

„Die Bochumer wandelten sich zu Jägern, nachdem Neururer das Team auf einem Mittelfeldplatz vom ehemaligen Nationalmannschafts-Captain Bernhard Dietz Anfang Dezember übernommen hatte: kein einziger Punktverlust im Ruhrstadion, zehn der letzten zwölf Spiele gewonnen belegen die imponierende Bilanz und die guten Nerven im VfL. Doch trotz dem Showmann auf der Kommandobrücke wird es erneut schwer werden, das Image von der „grauen Maus“, das in der Vergangenheit und besonders am Beispiel Bochum kreiert worden war, los zu werden.“ (Volltext)

Gewinnspiel für Experten

Ballschrank

Völlers Reaktion auf Mario Baslers Attacke gegen aktuelle Nationalspieler

Frank Heike (FAZ 31.5.) referiert Völlers Reaktion auf Mario Baslers Attacke gegen aktuelle Nationalspieler (u.a. Ramelow, Frings, Schneider). „Fünf Minuten wetterte Teamchef Rudi Völler gegen den ehemaligen Nationalspieler Basler, der sich in einem Zeitschrifteninterview mehr als abfällig über die Qualitäten der aktuellen deutschen Auswahl auf dem Platz und vor den Kameras geäußert hatte. Die Nachfrage eines Reporters, wie er denn zu Baslers Verbalattacke stehe, beantwortete Völler wie auf Bestellung und vehement wie selten: Mario hat viel zuwenig aus seinem Talent gemacht. Es wäre besser gewesen, auch mal auf den Trainer zu hören, statt in zehn Minuten fünf Weißbier zu trinken und eine Schachtel Marlboro zu rauchen. Aber Mario hat sich einreden lassen, daß er so sein muß. Er ist zwar ein Typ, aber er hat nur 30 Länderspiele. Dabei hätte er die Möglichkeiten für 130 Länderspiele und vier Weltmeisterschaften gehabt. Basler hatte sich in der Sport-Bild vor allem abfällig über Carsten Ramelow und Torsten Frings geäußert; es sei ebenso grausam, ihrem Spiel zuzuschauen wie ihrem Gelaber danach zuzuhören. Völler kam die Gelegenheit bei der ersten Pressekonferenz des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) vor dem Spiel gegen Kanada offenbar gelegen, Basler zu attackieren und sich schützend vor seine Spieler zu stellen: Die von ihm Kritisierten reißen sich immer den Hintern auf, das kann Mario von sich nicht sagen.“

Michael Horeni (FAZ 31.5.) plaudert aus dem Schiedsrichternähkästchen. „Neben den Schiedsrichtern mit dem Starstatus der Collinas, Krugs und Merks lebt in den unteren Klassen noch unbehelligt vom Glanz der großen Welt der freundliche Dorf-Schiedsrichter von nebenan. So einer wie der Belgier Marc Gevarts, der in der vergangenen Saison einmal zuviel auf sein Gerechtigkeitsgefühl gehört hat. Gevarts leitete das Spiel zwischen dem FC Wijschate und dem VV Vlasdslo, was auch in der achtklassigen westflandrischen Amateurliga 4e Provinciale A nicht gerade ein Spitzenspiel war. Wijschate hatte es zu diesem Zeitpunkt zwar schon zu einer gewissen nationalen Bekanntheit gebracht, aber nur, weil der Klub bis dahin alle seine fünfzehn Spiele verloren hatte und mit 132 Gegentoren als mieseste Mannschaft des Landes galt. Als es nach einer Stunde ungefähr 0:11 stand, baten ein paar Spieler den Schiedsrichter, die Partie vorzeitig zu beenden. Nach dem 0:16 wurden die Wijschater langsam ungemütlich und begingen, wie es auf dem Fußballplatz heißt, ein paar Frustfouls. Gevarts pfiff fünf Minuten zu früh ab, weil er von den armen Jungs keinen vom Platz stellen wollte. Daraufhin kam es zum Protest – nicht vom Gegner, sondern von der Wijschater Klubleitung. Alle unsere Spieler sind hart arbeitende Bauern, die einfach keine Zeit haben, mehrmals in der Woche zum Training zu kommen, sagte der Klubsprecher. Aber deswegen könne man doch nicht vor der Zeit einfach Schluß machen. So gehe das doch nun wirklich nicht, und man wolle beim Verband offiziell Beschwerde gegen Gevarts einlegen und eine Suspendierung fordern. Die Angelegenheit hat der Verband jedoch elegant im Sande verlaufen lassen. Einer weiteren Schiedsrichter-Karriere steht also nichts im Weg.“

Die NZZ forciert die Mutmaßungen um die Zukunft Christoph Daums. „Daum wird den Klub wohl definitiv verlassen. Er sei ein sehr teurer Coach, es stelle sich die Frage, ob sich ein Klub wie Austria überhaupt einen Trainer wie ihn leisten müsse. Eine Werkstätte benötige auch nur einen soliden Mechaniker und keinen Raumfahrttechniker, um Autos zu reparieren. Mit gezielt gestreuten Bonmots wie diesen beschleunigte Daum bewusst seinen Abgang.“

Die Schweizer Meisterschaft vor der heutigen Entscheidung NZZ

Gewinnspiel für Experten

Ballschrank

Weltcup-Finale Bayern München gegen Boca Juniors

vor dem Weltcup-Finale Bayern München gegen Boca Juniors, welches am 27.11. in Tokio stattfand und die unterschiedliche Bewertung der Beteiligten im Vorfeld

Die Kommentatoren waren sich einig ob der unterschiedlichen Wertschätzung, welche diesem Wettbewerbs entgegengebracht werde. In Europa eher beiläufig wahrgenommen, genieße der transkontinentale Vergleich der jeweiligen Champions in Südamerika nach wie vor hohen Stellenwert. Ludger Schulze (SZ 26.11.) erkennt in der Vorbereitung beider Teams ein deutliches Indiz für die differierende Bewertung: „Während Boca schon eine Woche vorher nach Tokio geflogen ist, hat ein randvoller Terminplan den Bayern die Anreise erst am Tag zuvor gestattet.“ Jochen Schlosser (Welt 27.11.) sieht das ähnlich und vermutet, „dass die Bayern den Weltpokal nicht ganz so ernst nehmen.“ Diesem Eindruck wollten diese zwar entgegentreten, worauf Beteuerungen seitens Hitzfeld schließen lassen. Nach Roland Zorn (FAZ 27.11.) jedoch bedeute ein eventueller Erfolg nichts mehr als „eine weitere Zierleiste in der chronisch triumphalen Vereinschronik“ und „im Briefkopf des Klubs“.

Worin nun das unterschiedliche Ansehen ursächlich begründet liegt, lassen die Autoren zumeist offen. Ludger Schulze (SZ 26.11.) bemüht einen Blick in die Geschichte. Als in der Zeit bis 1980 der Sieger noch in Hin- und Rückspielen ermittelt wurde, trugen die Gäste aus Europa nicht selten „offene Wunden“ davon. Karl-Heinz Schnellinger („die schlimmste Schlacht“) und Ernst Happel („das sind Verbrecher“) sind Zeugen von Szenarios, welche an Guerilla-Kriege erinnerten: „Spucken, Treten, Halten, Schlagen, Beißen und jede erdenkliche Form von Zeitschinderei.“ Schulze referiert die Anekdote des kurzsichtigen Stürmers van den Daele (Feyenoord Rotterdam), der im Endspiel 1970 Opfer seines Gegenspielers wurde. Nach dem 1:0-Siegtreffer des Holländers riss ihm sein Gegenspieler „die Brille von der Nase, feuerte sie auf den Boden und trampelte so lange darauf herum, bis nur noch ein Häufchen Glassplitter übrig war.“ Hierbei handelte es sich übrigens um Carlos Billardo, 16 Jahre später Trainer des Weltmeisterteams aus Argentinien. Karlheinz Wild (kicker 26.11.) fragt zwar ebenfalls nach dem geringen Stellenwert dieser Trophäe in Europa, kann jedoch lediglich das fragwürdige Argument vorbringen, wonach Tokio ein unattraktiver, weil abgelegner, Austragungsort für Europäer sei. Dabei scheint er zu übersehen, dass die Anreise der mindestens 15 000 argentinischen Anhänger (SZ 24./25.11.) ebenfalls einer halben Weltreise gleichkommt.

In einem Punkt hingegen scheinen die Auffassungen beider Vereine deckungsgleich zu sein. Ludger Schulze (SZ 27.11.) und Martin Hägele (NZZ 27.11.) schildern die finanziellen Aussichten des Asientrips. Für den diesbezüglichen Erfolg hätten die beiden Teams selbst gesorgt. In dem Wissen um die immense Bedeutung des Cups in Japan setzten sie die beiden Veranstalter – Uefa und Conmebol – unter Druck, indem sie drohten, den Wettbewerb in Eigenregie mit Hin- und Rückspielen auszutragen. „Es hätte in der Tat dumm ausgesehen für die Gastgeber, wenn ihnen ein halbes Jahr vor dem WM-Festival im eigenen Land ausgerechnet jenes Ereignis weggenommen worden wäre, dem sie den Fußballboom in ihrem Land verdanken“ (Hägele). Daraufhin gab es finanzielle Zusagen seitens der beiden Kontinentalverbände sowie der Gastgeber. „Knapp vier Millionen Mark“ (Schulze) würden beiden Teilnehmern wohl mindestens bleiben. Borussia Dortmund – Sieger von 1997 – musste sich noch mit 300 000 Dollar Antrittsgeld sowie heimatlichen Fernsehgeldern begnügen.

siehe dazu auch:

Sieger Trondheim (29.11.)

Neues und Traditionelles in Tokio (28.11.)

Gewinnspiel für Experten

Ballschrank

Innere Zerrissenheit des Klubs

Matthias Wolf (FAZ 19.5.) beschreibt Rostocker Konflikte. “Während in der Kabine die Profis eine Lage Hochprozentiges leerten, wurde die innere Zerrissenheit des Klubs wieder deutlich. Trainer Armin Veh betonte, dass es für Rostock „keine höheren Ziele als den Klassenerhalt“ geben könne: „Die finanzielle Diskrepanz zu anderen Klubs ist einfach zu groß. Dass wir drin bleiben, ist ein Riesenerfolg, der viel zu wenig gewürdigt wird.“ Die alte Leier, von der auch der 42-Jährige weiß, „dass sie keiner mehr hören will – aber es ist die Wahrheit“. Selbst in der Stunde des Triumphes schienen sich der Fußballlehrer und die Vereinsführung ein Stück voneinander zu entfernen. Dass der wegen seiner Taktik, Menschenführung und penetranten Forderung nach neuen Spielern umstrittene Veh gleich nach dem Schlusspfiff voller Herzlichkeit viele Spieler drückte und selbst von einigen Vorstandsmitgliedern abgeklatscht wurde – ein trügerisches Bild von Harmonie. Klinkmann räumt ein, dass es Mühe kosten werde, in den nächsten Wochen die Risse zwischen Klubführung und Trainer sowie Übungsleiter und Teilen des Teams zu kitten. „Mit einem anständigen Trainer hätten wir zehn Punkte mehr geholt“, sagte ein Spieler – vor der Siegesfeier, als alle noch nüchtern waren. Doch vielleicht wird ja alles wieder gut bei der Hansa-Familie. Zum Beispiel, wenn der Verein Veh noch den ein oder anderen Wunschspieler bewilligt (…) Nächstes Jahr ist Hansa wieder der Quoten-Ossi in der Liga, was selbst der Bielefelder Trainer Benno Möhlmann als Besonderheit zu würdigen wusste: „Das ganze Umfeld hat sich die Bundesliga verdient.“ Das klang neidisch, weil der Aufsteiger sich wohl gleich wieder verabschieden muss. Auf den letzten Metern der Saison bleibt nur Zerfall und Selbstzerstörung. Keine Spur von Teamgeist.“

Dirk Böttcher (taz 19.5.) sah schwache Gäste. „Die zweite Halbzeit war gerade angepfiffen, da erschienen, frisch geduscht und hoch erstaunt, Bielefelds Ansgar Brinkmann und Maciej Murawski auf der Pressetribüne im Rostocker Ostseestadion. Ihren suchenden Blicken zufolge war die geschlossene VIP-Abteilung das eigentliche Ziel. Doch diese befand sich eine Etage höher – ganz oben eben. Also kletterten die beiden akrobatisch über allerlei Stufen und Hindernisse, um doch noch im bequemen Ledersitz Platz nehmen zu können. Eine Etage zu tief ist nach der 0:3-Abfertigung in Rostock auch die restliche Bielefelder Mannschaft gelandet. Vor dem letzten Spieltag steht sie auf einem Abstiegsplatz. Ob sie aber, wie die beiden Tribünen-Irrläufer, noch den Weg nach oben findet, scheint fraglich. Aus eigener Kraft ist der Klassenerhalt jedenfalls nicht mehr möglich. Und so ist alles, was bleibt: Hoffnung. Detlev Dammeier zum Beispiel hofft, dass sein früherer Trainer Wolfgang Wolf die Nürnberger auf Vordermann bringt und gegen Leverkusen alles versucht. Sport-Direktor von Heesen hofft gar auf ein Fußball-Wunder. An Wunder glauben tut er nicht. Beim vorletzten Saisonspiel in Rostock agierte Bielefeld erschreckend schwach.“

Der Verein macht Großartiges aus seinen Möglichkeiten

Peter Penders (FAZ 18.5.) stimmt zu. “Rostock hat so gespielt, wie man im Abstiegskampf spielen mußte, urteilte der Bielefelder Torhüter Matthias Hain, der seine Vorderleute lange nicht aufwecken konnte. Da muß man mehr Engagement zeigen, vor allem die Spieler, die ansonsten verbale Vorreiter sind, sagte Möhlmann und machte keinen Hehl daraus, daß damit Ansgar Brinkmann gemeint war. Der unberechenbare Bielefelder Rechtsaußen hatte zuletzt damit kokettiert, zwei Angebote aus der Bundesliga zu haben. Das Gerücht hält sich, daß eines davon ausgerechnet aus Leverkusen sein soll. Im Überlebenskampf in der Bundesliga ist jeder Trick denkbar, und der zur Halbzeit ausgewechselte Brinkmann konnte solche Spekulationen nicht entkräften. Besonderen Tatendrang zeigte er erst, als er mit Möhlmanns Aussagen konfrontiert wurde und den Trainer danach zur Rede stellen wollte. Weil es um die Zukunft der Vereine ging, waren zumindest die Mienen aller Offiziellen vorher angespannt und danach nur bei den Rostockern gelöst. Der Verein macht Großartiges aus seinen Möglichkeiten. Die sind bei uns nun einmal gering, auch wenn das niemand hören will. Leider wird das nicht immer gewürdigt, sagte Veh. Was wie eine kleine Grußadresse an den einen oder anderen Lokaljournalisten klang, könnte aber auch der Auftakt zu einer für Veh gefährlichen Kontroverse mit dem Rostocker Aufsichtsratschef Horst Klinkmann sein. Der hatte gefordert, in Zukunft müsse Schluß sein mit dem Abstiegskampf. Statt dessen will Klinkmann guten Fußball sehen, und da ist der Trainer gefordert. Guter Fußball aber kostet Geld, das der FC Hansa nicht hat.“

Gewinnspiel für Experten

Ballschrank

Vergabe der Fernsehrechte

Bei einer Fifa-Sitzung im Jahre 1996 stand die brisante Entscheidung um die Vergabe der Fernsehrechte auf der Agenda. Das damalige Exekutivmitglied DFB-Präsident Mayer-Vorfelder erschien als einziger nicht. Daran erinnert Thomas Kistner (SZ 20.6.). „Tatsache ist, dass bei der wichtigsten Fifa-Sitzung aller Zeiten just der Deutsche abgetaucht war – zufällig der einzige, der Kirchs peinlich gehütete Pay-TV-Pläne kannte. Sieht man, dass damals das Allgemeingut Fußball an ein privates Einzelinteresse verramscht wurde und dieses Interesse kein globaler Konzern ausübte, sondern ein deutscher Fernseh-Hasardeur, dem MV eng verbunden war, dann darf, wer hier an ein bedauerliches Termin-Missverständnis glaubt, auch gleich weiter an den Weihnachtsmann glauben. Weil sich nun alle Welt zu empören beginnt darüber, dass die besten Spiele dieser WM wie der morgige Viertelfinalschlager Brasilien-England nicht frei zu sehen sind, muss daran erinnert werden, dass diese Plage keineswegs vom Himmel gefallen ist, sondern das Resultat eines fein eingefädelten deutschen Geschäftsdeals, protegiert vom DFB.“

Völkerverbindende Ambitionen der WM stellt Ralf Wiegand (SZ 8.6.) in Abrede. „Vielleicht hatte ja jemand in der Fifa insgeheim darauf gehofft, für den Friedensnobelpreis in Betracht gezogen zu werden durch diese WM. Es ist nämlich in der Sportpolitik eine populäre Schwärmerei, die einigende Kraft des Sports möge auf Länder wirken, die ein paar Probleme mit sich selbst oder mit anderen haben. Auf diese Weise gelangte China an die Olympischen Spiele 2008, deshalb flatterten Friedens-tauben durchs schwerst- kommunistische Moskau, und gerne glauben die Sportführer der Welt, der Ausschluss Südafrikas vom Rennen, Laufen und Springen habe geholfen, die Apartheid zu überwinden. Friedensstifter Sport – welch’ eine Vision.“

Roland Zorn (FAS 2.6.) über Fifa-Präsident Blatter, der bei seiner Eröffnungsrede von den Stadionbesuchern in Seoul ausgebuht wurde. „Der Mann genießt kein Vertrauen mehr, nicht einmal beim gemeinen Fan auf der Tribüne, der im Vorstandsvorsitzenden der Weltfirma Fifa längst nur noch den Strippen ziehenden Sachwalter eines auf Zuwendungen, Absprachen und Begünstigungen ruhenden Systems eines sinnfreien Gebens und Nehmens erkennt.“

Nach dem Wahlsieg Blatters fragt Felix Reidhaar (NZZ 30.5.) nach dessen künftiger Amtsführung. „Wie geht Sepp Blatter mit dem demonstrativen Vertrauensbeweis der Basis um? Nimmt er ihn zum Anlass, eigenmächtige und anrüchige Praktiken endlich zu überdenken und einen neuen, offenen Führungsstil zu entwickeln? Nimmt er seinen potenziellen Kritikern endlich den Wind aus den Segeln und pflegt Transparenz und Demokratie nicht nur als Worthülsen? Es gibt auch für ihn keinen Anlass, einfach zur Tagesordnung überzugehen; dazu haben Anschuldigungen und Enthüllungen der letzten Woche zu viel Aufsehen erregt.

Den unterlegenen Herausforderer Issa Hayatou beschreibt Martin Hägele (taz 30.5.) als „Leichtgewicht“ und „Strohmann der Europäer“. „Was soll man von einem Kandidaten halten, der von einer Sportagentur bezahlt und vom Kontinentalverband Uefa gefüttert wurde, in den drei Tagen seiner Wahlkür nicht einmal als Mitläufer auffiel, seine Präsentation vom Blatt haspelte und nach einer debakelartigen Niederlage noch seinen Dank in die Mikrofone sprach für die 56 Stimmen.“

Nach der Schmierenkomödie beim Fifa-Sonderkongress in Seoul sorgt sich Felix Reidhaar (NZZ 29.5.) um das Image des Fußballs und der Sportpolitik. „Wie vor vier Jahren in Paris wirft der Kampf um die Macht im Weltfußball auch in Asien einen langen Schatten auf die zugkräftigste Sportveranstaltung der Welt. Noch stärker als im Juni 1998 sorgt man sich diesmal allerdings um den Ruf des Fußballs, der in den letzten Wochen und Monaten massiven Schaden genommen hat durch die persönlichen Feindseligkeiten in der Fifa-Exekutive. Gewöhnt an Unzimperlichkeit im Verhalten von Funktionärsriegen wie anlässlich des Duells Johansson contra Blatter in Paris, stellt man heute gar noch stärkeren Sittenzerfall fest. Die Parteien gehen vor den Richter, Strafanzeigen sind eingereicht oder in Anfertigung, und der Anstand und Respekt sind längst abhanden gekommen – wohin hat es die Fifa-Führung gebracht?“

Martin Hägele (Tsp 29.5.) kommentiert die Vorgehensweise des Fifa-Chefs. „Blatters Führungsstil gleicht dem des DDR-Politbüros. Auf die Bühne bat der Boss vor allem Abgesandte aus Jamaika, Libyen oder den Seychellen, die Blatter auf fast peinliche Art priesen.“

Wolfgang Hettfleisch (FR 29.5.) meint dazu. „Blatter muss es als Alarmzeichen werten, dass selbst sein Parteigänger Gerhard Mayer-Vorfelder nicht umhin kam, den Maulkorb für Will zu kritisieren. Wird dem DFB-Chef doch zu Recht ein feines Näschen dafür nachgesagt, woher der Wind weht, in dem das schwarz-rot-goldene Fähnlein stramm flattern soll. Doch der Fifa-Präsident und seine Gegner, die längst seine Feinde sind, haben Maß und Ziel verloren. Sie ringen um die Macht um der Macht willen, nicht um seriöse Konzepte für die Zukunft des Weltfußballs.“

Thomas Kistner (SZ 29.5. ) über die Motive des DFB-Vize-Präsidenten, Blatter bei der Präsidentschaftswahl die Treue zu halten. „Die Ansicht, dass sich Blatter nichts habe zuschulden kommen lassen, vertritt auch Beckenbauer. Allerdings ist auch er nicht frei von Eigeninteressen. Dass er mit Blatter schon die Thronfolge im Weltverband am Vorabend der WM 2006 verabredet habe, ist in der Fußballbranche weit mehr als ein Gerücht. Es wäre ja nur die konsequente Krönung eines denkwürdigen Fußballerlebens.“

Bei der „Diskussion“ in Seoul hat Roland Zorn (FAZ 29.5.) nicht die Spur demokratischer Attitüden entdecken können. „Mag auch Joseph Blatter an diesem Mittwoch wie vor vier Jahren aufs neue zum Präsidenten seiner Organisation gewählt werden, war der mutmaßliche Gewinner am Dienstag doch der einsame Verlierer. Beim in der Tat außerordentlichen Fifa-Kongress verriet Blatter mehr über sich und sein ichbezogenes Demokratieverständnis als jemals zuvor. Drei Tage bevor derselbe Schweizer zur Eröffnung der 17. Weltmeisterschaftsendrunde das gewohnt Hohelied auf unvergängliche Werte wie Fair play, Anstand und Sitte singen wird, versuchte der frühere Mittelstürmer des FC Visp alles abzugrätschen, was sich ihm in den Weg zu stellen drohte. Ein Hauch von Nordkorea durchwehte den Saal, in dem Blatter von ihm persönlich ausgewählten Fragestellern gern das Wort erteilte. Einäugiger und einseitiger hätte dieser Einmannparteitag nicht inszeniert sein können.“

Zur Kandidatur des Kameruners Issa Hayatou um die Fifa-Präsidentschaft bemerkt Kisito Ngalamou in der Kameruner Tageszeitung Ouest Echos (27.5.).„Zum ersten Mal versucht Afrika, mit der Kandidatur des Präsidenten des CAF (afrikanisches Pendant zur Uefa) zur Fifa-Präsidentschaft den Vorteil auf seine Seite zu ziehen. Die medialen Touren, die die Kandidatur des Afrikaners Issa Hayatou begleiten, offenbaren das bekannte Problem des Ungleichgewichts zwischen den Ländern des Nordens – entwickelt genannt – und den Nationen des Südens – unterentwickelt genannt. Für die erstgenannten Länder, die sich nicht scheuen, ihren erwiesenen Egoismus zu zeigen, ist Afrika, welches nun den Wichtigtuer spielt, weit davon entfernt, sich mit einer solchen Ambition brüsten zu dürfen. Am wenigsten zu diesem Zeitpunkt. Wenngleich „die Atmosphäre in der Fifa nicht gut ist und ein schlechtes Bild des Fußballs abgibt“, wie der Präsident des CAF mit Bitterkeit konstatieren muss. Issa Hayatou will diesen Mythos zerstören und systematisch den Graben verkleinern, der den Norden und den Süden trennt. Er kann und wird zum Präsidenten gewählt werden. Und das Tüpfelchen auf dem „i“ könnte dann eintreten, wenn die „Unbezähmbaren Löwen“ bei der WM weiter kommen als 1990. Ein Traum? Wir werden sehen!“

Thomas Kistner (SZ 28.5.) bemerkt vor dem Fifa-Gipfel. „Das Misstrauensvotum gegen Sepp Blatter ist einmalig im Weltsport. Man kann den Widerstand getrost auf den wahren Fifa-Vorstand reduzieren, Blatters Parteigänger darin verfolgen ja erkennbare Eigeninteressen: die von der Justiz traktierten Latinobarone Teixeira und Grondona, der spendable Wahlhelfer Bin-Hammam aus Katar, der symbiotisch Fifa- verstrickte Rechtedealer Warner (Trinidad) oder der mit 100.000Dollar umgarnte Russe Koloskow. Dass es neben deren (mit viel Aufbauhilfe befriedeten) Hintersassen auch wichtige Verbände wie den DFB gibt, die Blatter stützen, zeigt, wie nachrangig rechtsstaatliches Empfinden ist in der Günstlingswirtschaft Fifa.“

Über die Allianz zweier Brüder im Geiste berichtet Michael Ashelm (FAS 26.5.). „Die vielen Stürme um seine Person, die Steherqualitäten verbinden den Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (Gerhard Mayer-Vorfelder, of) mit Blatter, dem Oberhaupt des Weltfußballs. Je härter beide angegriffen werden, um so mehr Kampfgeist scheinen sie zu entwickeln. Angeschlagen durch schwere Vorwürfe bis hin zur Korruption, sieht es plötzlich so aus, als könnte Blatter die Kurve wieder kratzen, wenn er sich an diesem Mittwoch in Seoul beim Kongress des Internationalen Fußball-Verbandes (Fifa) gegen seinen afrikanischen Widersacher Issa Hayatou zur Wiederwahl stellt. Einiges spricht dafür, unter anderem die treue Gefolgschaft des DFB. Dessen Funktionärsriege konnte der 69 Jahre alte Mayer-Vorfelder trotz aufkommenden Widerstandes diese Woche auf Linie trimmen.“

Fifa-Präsident Blatter sieht sich seitens seines Generalsekretärs Zen-Ruffinen unter anderem massiven Bestechungsvorwürfen ausgesetzt. Blatters Verteidigungsrede kommentiert Roland Zorn (FAZ 21.5.). “In seinem ausführlichen Schreiben versucht Blatter, seinen Gegenspieler in der Fifa-Administration Punkt für Punkt zu kontern, und erklärt sich dabei selbst zum K.-o.-Sieger. Allerdings fällt beim Lesen der Erwiderung auf, dass die Argumentation des Fifa-Präsidenten im Fall der ihm von Zen-Ruffinen zur Last gelegten Zahlung eines Bestechungsgeldes an einen ehemaligen afrikanischen Fifa-Schiedsrichter viel Goodwill in die mitmenschliche Wärme Blatters voraussetzt (…) Über sein gelegentlich selbstherrliches Handeln vorbei am Exekutivkomitee, über seine diktatorisch verfügte Suspendierung des internen Untersuchungsausschusses zur Prüfung der Fifa-Finanzen und über die Bildung eines nur ihm verpflichteten Beraterteams an der klassischen Fifa-Administration vorbei erfahren Blatters Leser nichts bis wenig. Und wenn, dann in Form einer geschönten Darstellung.”

Felix Reidhaar (NZZaS 19.5.) referiert die Verteidigungsrede Blatters. “Der Generalsekretär habe sich durch sein Verhalten disqualifiziert, wisse offensichtlich nicht, was er unterschrieben habe und kenne die Materie etwa des Sportmarketings nicht. Die Infragestellung der Führungsqualität der Fifa sei abwegig. Sein Vorwürfe dokumentierten letztlich schlicht mangelhafte Kenntnisse und Fähigkeiten sowie fehlendes Interesse. Zen-Ruffinens zusammenhangslose und irreführende Äusserungen würden darauf schließen lassen, dass der Generalsekretär die betriebswirtschaftlichen und rechtlichen Zusammenhänge der angesprochenen Punkte nicht verstanden habe. In vielen Fällen kenne er zudem die Fakten nicht. Er betreibe damit “reinste Polemik””.

Nach der öffentlichen Distanzierung des englischen Fußballverbands von Fifa-Präsident Blatter bemerkt Thomas Kistner (SZ 15.5.). “Längst dringt Korruptionsgestank aus allen Winkeln der Fifa-Zentrale; wenn Blatter bleibt, bleibt auch der Ruch. Das schadet dem Fußball, dem die Mittel künftig ohnehin spärlicher zufließen. Zudem aber wird nun das Publikum für dumm verkauft, wenn abgebrühte Funktionäre so tun, als wäre der Sepp das Opfer einer Intrige. Dies bringt den DFB unter Druck. Präsident Mayer-Vorfelder und WM-Chef Beckenbauer sollten dem Beispiel der Briten folgen; die Verharmloser von heute werden die Vertuscher von morgen sein. Der DFB richtet die WM 2006 aus, auf deren Kosten die Fifa ja bereits lebt. Erweist er sich weiter als Blatters Trutzburg, wird bald auch ihn ein strenger Geruch umwehen.”

Michael Wulzinger (Spiegel 13.5.) berichtet von den an Blatter Korruptionsvorwürfen des Fifa-Generalsekrtärs Michel Zen-Ruffinen. “Mehr als zwei Stunden referierte der Fifa-Generalsekretär in eisigem Ton, was er in einem 21 Seiten umfassenden Dossier über Blatters Amtsführung zusammengetragen hatte. Darin zeichnete Zen-Ruffinen das Bild eines Präsidenten, der die Schaltstellen des Milliarden bewegenden Verbands systematisch mit einer Hand voll ausgewählter Vertrauensleute besetzte, seiner so genannten F-Crew – und der die Fifa, seitdem alle Kritiker in der Verwaltung ausgehebelt sind, regiert wie ein absolutistischer Despot. Zum Höhepunkt des explosiven Papiers geriet Paragraf acht: Korruption. Laut Zen-Ruffinen, der dem Exekutivkomitee als Beweismaterial fünf Aktenordner mit kopierten Dokumenten zur Einsicht mitgebracht hatte, soll Blatter einem Schiedsrichter aus Niger einen Scheck über 25 000 Dollar überreicht und weitere 25 000 Dollar in Aussicht gestellt haben. Bedingung für die großzügige Gabe: belastende Aussagen des Referees über Farah Addo. Der frühere somalische Verbandsboss hatte behauptet, bei Blatters Wahl 1998 seien Delegierte bestochen worden (…) Zen-Ruffinens brisanter Report verleiht dem Machtkampf um die Führung des Weltfußballs eine neue Dimension. Schließlich galt es als Geschäftsgrundlage auf dem Zürcher Sonnenberg, dass der Fifa-Präsident sich der Loyalität seiner engsten Mitarbeiter sicher sein konnte. Blatter indes hat diesen Corpsgeist mit seinem Machtstreben ausgehöhlt – und sich damit vor seiner angestrebten Wiederwahl am 29. Mai in Seoul angreifbar gemacht wie nie zuvor.”

Felix Reidhaar (NZZ 13.5.) kommentiert die derzeitige Situation an der Führungsspitze der Fifa. “Man kann von Joseph S. Blatter und seinen eigenwilligen Führungsprinzipien an der Spitze des Weltfußballverbandes halten, was man will. Sie sind bzw. sie waren noch nie zur Vertrauensbildung angetan, förderten unter Leuten streng demokratischer Gesinnung noch immer Verdachtsmomente und mussten eine Körperschaft von Sportfunktionären derart verschiedenartiger Herkunft und Denkweise zwangsläufig polarisieren. Das Fifa-Exekutivkomitee spiegelt deshalb nicht zufällig einen himmeltraurigen Eindruck. Dass die seit Jahren zerfahrene und von gegenseitigen Animositäten geprägte Situation in diesem 24-köpfigen Gremium nun gar in eine Strafanzeige gegen den eigenen Präsidenten mündete, offenbart heillose Zerstrittenheit und lähmende Ohnmacht vor den herrschenden Zuständen.”

Roland Zorn (FAZ 06.05.02) über die Lage Blatters. “Dass ihn ausgerechnet kurz vor der lange sicher scheinenden Wiederwahl an die Spitze des Weltverbandes zwei konkrete Korruptionsvorwürfe schwer treffen, hat auch mit der Panik zu tun, die sich Blatters in diesen Wochen bemächtigt. Da sind die alten, nie ganz genau belegten Schmiergeldgeschichten, die der somalischeVerbandsvizepräsident Addo neu belebt hat; da ist der von Blatter in einer diktatorischen Anwandlung suspendierte interne Buchprüfungsausschuss, der dem Fifa-Präsidenten zu schaffen machte; da sind Gerüchte, nach denen die früheren Freunde der in Konkurs gegangenen Firma ISL/ISMM Blatter demnächst noch offene, peinliche Rechnungen präsentieren könnten; und da ist Zen-Ruffinen, der als erster Mann der Fifa-Administration genug weiß, um dem Präsidenten nachhaltig schaden zu können. Dass Blatter sich nun persönlich einem der schlimmsten Vorwürfe ausgesetzt sieht, die man einem Ehrenmann, für den er sich unbeirrt hält, machen kann, verschlimmert seine Lage noch: der Fifa-Präsident verstrickt in zwei Fälle von aktiver Korruption? Bitterer hätte es für den kugeligen, umtriebigen Mann, der sich gern als der größte Liebhaber des Fußballs überhaupt präsentiert, kaum kommen können.”

Felix Reidhaar (NZZ 06.05.02) berichtet vom Machtkampf zwischen Blatter und dem Fifa-Generalsekretär Zen-Ruffinen. “Als Tag der Wahrheit für den Weltfußballverband Fifa war der Freitag auf dem Zürichberg affichiert worden. Der Generalsekretär Michel Zen-Ruffinen hatte in diesem Zusammenhang gar den Ausdruck Bombe für angebracht gehalten. Seine Enthüllungen, die den Hauptgegenstand des mehr als zehnstündigen Sitzungsmarathons des Fifa-Exekutivkomitees bildeten, versah er gegenüber der Öffentlichkeit aber mit einem Zeitzünder. Hatte er in der Pressekonferenz mit leichenblasser Miene noch auf die “strenge Vertraulichkeit” seines mehr als 20-seitigen Katalogs gesammelter Anschuldigungen gepocht, so trat er wenig später in anderen Räumlichkeiten aus der Reserve. In einem vorsorglich reservierten Zimmer eines Luxushotels fütterte er eine Journalistenschar mit Details aus diesem Papier und beging damit gegenüber der gesamten Exekutive einen krassen Vertrauensbruch. Das wiederum gehört in der Fifa-Geschäftsstelle freilich längst zum Alltag.”

Felix Reidhaar (NZZ 06.05.02) beschreibt die öffentliche Wahrnehmung über das Verhalten Zen-Ruffinens gegenüber seinem langjährigen Weggefährten und Landsmann Blatter. “Der Generalsekretär handelt, lässt er wissen, zum Wohle der Fifa und nicht explizit gegen dessen Präsidenten. Von der Außenwelt wird dies anders wahrgenommen. Sie glaubt, einem Hahnenkampf beizuwohnen, der über das Wochenende zur Peinlichkeit mutiert ist. Peinlich für die Schweiz und ihre vielen hier domizilierten Sportinstitutionen, peinlich für den Obmann, aber auch für dessen schärfsten Kritiker des mächtigsten internationalen Sportverbandes, peinlich vor allem für die Fifa, die den Eindruck einer Bananenrepublik hergibt – und dies knapp 14 Tage bevor ein großer Teil der Belegschaft des Hauptsitzes nach Asien disloziert, wo die größte administrative Herausforderung alle vier Jahre bevorsteht.”

Michael Horeni (FAZ 07.05.02) berichtet von der Situation eines der letzten Freunde Blatters. “Während sich der internationale Fußball in heller Aufregung befindet, lebt der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes weiter wie im stillen Winkel. Solange er nicht das Dossier gelesen habe, werde er sich zur Causa Blatter nicht äußern, ließ der sonst so fixe Gerhard Mayer-Vorfelder ausrichten. Es hätte dem Präsidenten des größten europäischen Nationalverbandes, der Sitz und Stimme sowohl in der Exekutive des Europa- wie des Weltverbandes besitzt, nicht einmal detektivischen Eifer abverlabgt, sich ein ganz und gar nicht mehr geheimes Dossier zu beschaffen und sich unverzüglich ein genaues Bild der Lage zu machen. Mit dem Rückzug auf eine rein formale Position setzt sich der treue und damit in Europa ziemlich einsame Blatter-Anhänger Mayer-Vorfelder dem Vorwurf aus, sportpolitisch nur noch plump auf Zeit zu spielen.”

Christoph Albrecht-Haider (FR 26.04.02) wundert sich, dass Fifa-Präsident noch im Amt ist. “Blatter hat einfach mal so die Arbeit einer Kommission gestoppt, die das Finanzgebaren der Fifa (und damit Blatters) untersuchen soll. Im politischen Alltag demokratischer Staaten wäre allein ein solcher Vorgang Grund zur Demission.”

Thomas Kistner (SZ 25.04.02) hat ein sicheres Gespür für TV-Quoten. “Warum sind es immer nur die Fußballspiele, die im Fernsehen übertragen werden? Längst verdienen die Vorgänge im Fußballweltverband einen festen TV-Sendeplatz zwischen den anderen Krimis und Seifenopern. In der Fifa jagt ein Streich den nächsten.”

Helmut Schürmann (Tsp 25.04.02) über die Chancen des DFB-Präsidenten Mayer-Vorfelder, ins Fifa-Gremium wählen zu lassen. “Die Chancen stehen gut, dass er scheitert. Das hängt vor allem mit seiner Nibelungentreue zusammen, mit der er dem Fifa-Präsidenten Joseph Blatter die Stange hält. Der ist nun selbst in ansonsten wenig zimperlichen Funktionärskreisen als machtbesessener und korrupter Potentat untendurch und wird von den bei Wahlen entscheidenden europäischen Delegierten heftigst attackiert. Mayer-Vorfelder aber weicht nicht von Blatters Seite, was aber nur er selbst als Zeichen großer Loyalität deuten dürfte. Es sind wohl alte Geheimbünde, die die Herrschaften miteinander verschweißen: das Geben und Nehmen, als es darum ging die Fernsehrechte für die Fußball-Weltmeisterschaften nach Deutschland zu Leo Kirch zu verschachern; wohl auch das Geben und Nehmen, als Deutschland um die WM 2006 kämpfte.”

Über Mayer-Vorfelders Dilemma – stellt er sich auf die Seite Blatters oder auf die Seite des Uefa-Präsidenten Johansson – lesen wir bei Roland Zorn (FAZ 25.04.02). “Gerhard Mayer-Vorfelder schlug sich in diesem Fall auf die Seite des Schweden, obwohl er sich längst erklärt hat, am 29. Mai Blatter wiederwählen zu wollen. In Stockholm saß dem Präsidenten des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) das Hemd näher als der Rock, da der Stuttgarter Multifunktionär heute als Vertreter Europas in die Fifa-Exekutive gewählt werden will. Um unbedingt dabei zu sein, kann sich Mayer-Vorfelder vorstellen, notfalls auch als Diener zweier Herren in den entscheidenden Zirkeln des Fußballs mitzureden. Der Deutsche spielt in Stockholm aber nur eine kleine Rolle. Auf der großen Bühne rechnet die UEFA mit Blatter ab.”

Zu den wenigen Unterstützern des weltweit in scharfe Kritik geratenen Fifa-Präsidenten Blatter zählen – neben den Redakteuren des kicker – die DFB-Funktionäre Mayer-Vorfelder und Beckenbauer. Thomas Kistner (SZ 24.04.02) weiß, warum. “Franz Beckenbauer und der skandalerprobte DFB-Chef Gerhard Mayer-Vorfelder vernehmen weiter nur vage Gerüchte, obwohl sich längst juristische Stäbe in die Problemkreise vertiefen. Da wirkt die Ahnungslosigkeit gewollt. Zumal der Schmusekurs der DFB-Vertreter (den Uefa- Offizielle als „blinde Loyalität“ bezeichnen) nachvollziehbar ist, wenn man persönliche Interessenslagen berücksichtigt. MV und Sepp sind seit langem diskret vernetzt, ob über den havarierten Medienzaren Leo Kirch, dem sie 1996 in einem offenkundig abgekarteten Coup die WM-Fernsehrechte zuschanzten, oder über private Fäden. Beckenbauers Ambitionen auf den Fifa-Thron 2006 hängen allein von der Frage ab, ob Blatter noch der Amtsinhaber ist, den es dann abzulösen gilt. Dessen Herausforderer Issa Hayatou (Kamerun) wird den Platz im Erfolgsfalle nicht nach vier Jahren räumen, erst recht nicht für die DFB- Freunde, die so wenig mitkriegen vom Affären-Gewitter um Blatter.”

Über die Aussichten des Fifa-Präsidenten, Ende Mai wiedergewählt zu werden, schreibt Roland Zorn (FAZ 23.04.02). “Lange schien es ein leichtes Spiel für Joseph Blatter, aufs neue zum Präsidenten des Internationalen Fußball-Verbandes gewählt zu werden. Das galt sogar noch, als der kamerunische Präsident des Afrikanischen Fußball-Verbandes, Issa Hayatou, erklärte, am 29. Mai in Seoul gegen den Amtsinhaber antreten zu wollen. Inzwischen aber scheinen sich Blatters Aussichten, weiter der erste Mann des Weltfußballs bleiben zu können, dramatisch zu verschlechtern. Dass der Fifa-Präsident am 12. April eigenmächtig den vom Fifa-Exekutivkomitee eingesetzten internen Ausschuss zur Klärung der Finanzen des Weltfußballverbandes suspendierte, hat eine Kettenreaktion hervorgerufen, die der Dauertaktiker aus der Schweiz nicht für möglich gehalten hätte.”

Zum selben Thema äußert sich Sven Astheimer (FR 23.04.02). “Joseph Blatter versteht sich ebenfalls auf die hohe Kunst des politischen Handwerks. Der Verbandsmann manövrierte sich vor vier Jahren in Paris vorbei am favorisierten Schweden Lennart Johansson auf den Thron des Weltfußballs. Alle Verdächtigungen, er habe sich die notwendigen Stimmen in einer Nacht- und Nebelaktion zusammengekauft, prallten am kleinen Schweizer ab wie der Ball von der Querlatte – ihn aus dem bequemen Präsidentensessel am Zürcher See zu verdrängen, schien lange Zeit unmöglich. Ausgerechnet vor der geplanten Wiederwahl im Mai in Seoul bläst Blatter nun der Gegenwind der Kritiker frontal ins Gesicht.”

Oliver Trust (Tagesspiegel 10.04.02) kommentiert die Situation des DFB- Präsidenten Mayer-Vorfelder, der sich erneut in einer rechtlichen Affäre befindet. “Verteidigungsplädoyers musste der 69 Jahre alte Mayer-Vorfelder oft schreiben, seitdem er DFB-Präsident ist und stets neue Vorwürfe aus seiner Vergangenheit als Landesminister, Abgeordneter und Vereinschef des VfB Stuttgart ans Tageslicht kommen. Trotzdem regte er sich über jeden neuen Vorwurf fürchterlich auf (…) Seit Monaten lässt Mayer-Vorfelder keinen Fettnapf aus. Einmal hagelt es Kritik wegen unbedachter Äußerungen, die politisch fragwürdig klingen. Dann forscht der VfB in seinen Archiven und entdeckt dabei Aufwandsentschädigungen an Mayer-Vorfelder von monatlich 12 500 Euro für zwei Jahre, wobei auch ein zinsloser Kredit des Klubs im Geheimen “umgewandelt” wurde. Seit Februar wird gegen den Multifunktionär wegen Steuerhinterziehung ermittelt, und in den Zeitungen in Stuttgart tauchen abenteuerliche Geschichten über Feste im Anwesen Mayer-Vorfelders und sein teures Büromobiliar auf, das erst der VfB und dann der DFB kauften.”

DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder ist in die Fifa-Exekutive gewählt worden. Christoph Albrecht-Haider (FR 26.04.02) zu diesem Thema: “Man übergeht den Vertreter des wichtigsten Einzelverbandes nicht so ohne weiteres, und es wäre der Arbeit der Fifa auch nicht dienlich, wenn der DFB dort keine Stimme hätte. Soweit ließe sich die Wahl des Schwaben vernünftig erklären, aber rationale Kriterien lassen sich auf das Wahlverhalten ehrenamtlicher Sportfunktionäre häufig nicht anwenden. Wie wollte man sonst etwa begründen, dass der Südkoreaner Kim bei der Kür des IOC-Präsidenten die zweitmeisten Stimmen bekam, obwohl doch zum Beispiel seine Verwicklung in den IOC-Bestechungsskandal aktenkundig ist? Sportfunktionäre schauen häufig auf den eigenen Vorteil und überlegen, wer ihnen unter diesem Gesichtspunkt am meisten nützt.”

Thomas Kistner (SZ 26.04.02) über MVs politische Vita: “Affären pflastern seinen Weg, weshalb es eine hübsche Pointe ist, dass dieser ihn an die Fifa-Spitze zurück führt. Dort wirkt sein letzter großer sportpolitischer Beitrag noch immer nach: Die diskrete Hilfe, die er 1996 Leo Kirch gewährte, indem er die Fifa-Abstimmung über die Vergabe der WM-Rechte schwänzte. Der DFB hat „gute Vorarbeit“ (Vize Horst Schmidt) geleistet, um den Boss wieder in die Fifa-Regierung zu hieven. Die war dringend nötig, denn MV hat seine freundschaftliche Nähe zu dem Skandal umtosten Fifa-Chef Blatter nie verhehlt. Wie solche Vorarbeit im Einzelfall ausschaut, bleibt der Fantasie des Beobachters überlassen; vielleicht ist es gerade für kleinere Verbände attraktiv, bald einmal die dicke TV-Gage aus einem Freundschafts-Länderspiel gegen die DFB-Elf einzustreichen. So goldene Argumente haben die Funktionäre aus Malta oder Norwegen nicht.”

Fifa-Präsident Blatter hat eine Finazkommission kurzerhand abgesetzt, die ihn und seine Finanzpolitik kontrollieren sollte. Dafür musste er Kritik von Öffentlichkeit und Opposition einstecken. Thomas Kistner (SZ 13.04.02) kommentiert. “Die Opposition gegen Blatter in der Exekutive wertet dies als klaren Beleg dafür, dass der Verbandschef eine erhebliche Schieflage des Verbandes zu vertuschen versucht. Andere Erklärungen böten sich nicht an, zumal Blatter seine despotische Maßnahme selbst nur vage mit „Vertrauensbruch“ begründete.”

Die NZZ (13.04.02) über das “Cabaret Rotstift”. “Ob die Spielregeln der Ad-hoc-Kommission verletzt worden sind, lässt sich in diesem Possenspiel von Laiendarstellern mit Rotstift in der Hand schwer abschätzen. Ebenso schwierig zu beurteilen bleibt die Frage, ob sich Blatter mit dieser Verfügung selbstherrlich über sein Exekutivkomitee hinwegsetzen durfte und ob er sich damit in der gegenwärtig diffizilen Situation einen Dienst erwiesen hat. Einsichtig ist für Außenstehende nur, dass eine ziemlich peinliche Geschichte im Schoße eines führenden Sportverbandes fast täglich ihre Fortsetzung findet – zu welchem und wessen Nutzen? Zur Erinnerung: Ab 31. Mai lässt die Fifa in Seoul auch den WM-Ball wieder rollen. Man sehnt sich nach anderen Darstellern.”

Jörg Winterfeldt (Die Welt 13.04.02) über den Führungsstil des Schweizers. “Der Fürst vom Zürcher Sonnenberg steht für die alte Garde diktatorischer Sportführer. Lange durfte er unter dem gestrengen Brasilianer Joao Havelange als Generalsekretär lernen, nun müht er sich, dessen absolute Herrschaft fortzuführen. Doch offensichtlich entgleiten ihm die Dinge: Wenn er seiner Opposition mit fragwürdigen Mitteln Kontrollmöglichkeiten entzieht, wenn in seiner Zentrale interessante Akten mit dem Schriftverkehr seiner loyalsten Wahlhelfer verschwinden müssen, scheint was faul im Staate Blatter.” (

Gewinnspiel für Experten

Ballschrank

Effes Zukunft ist düster

Werbe-Franz hat neuen Auftrag – 1860-Trainer Peter Pacult vor der Saison – Effenberg vor der Karriereende – Barcas Torhüter Robert Enke – Düsseldorfer Niedergang (mehr …)

Ballschrank

Ein Typ, der im Training wie im Spiel alles gibt

David Beckham, ein Spieler, der immer alles gibt – Fabio Capello, Roms Trainer mit hohem Wert – Fußball in Vietnam macht Fortschritte – David Seaman und sein Zopf treten zurück – Freddy Adu, 14-jähriges Ausnahmetalent u.a.

Ein Typ, der im Training wie im Spiel alles gibt

Markus Jakob (NZZaS 4.1.) klopft David Beckham Anerkennung auf die Schulter: „Zweifel waren laut geworden, ob es ihm gelingen würde, in dem mit Ausnahmespielern gespickten Team des spanischen Meisters mehr als eine Zierfunktion auszuüben. Im Kalkül des Vereinspräsidenten Florentino Pérez schien ihm in erster Linie die Aufgabe zugedacht, den asiatischen Markt für Real Madrid zu öffnen. Seine angestammte Position bei ManU – rechts aussen – war bereits von Luis Figo besetzt. Trainer Carlos Queiroz wies ihm, zögerlich zunächst, eine neue Rolle im Spielzentrum zu, in die sich Beckham alsbald so gut fand, dass er nun auch Englands Nationalcoach Eriksson zu überzeugen versucht, ihn an der Europameisterschaft als Spielgestalter einzusetzen. Staunend nahmen die Skeptiker zur Kenntnis, dass da nicht eine verhätschelte Primadonna, sondern ein Typ nach Madrid geholt worden war, der im Training wie im Spiel alles gibt. Heute, nach vier gelben Karten in der Liga und zwei ebensolchen in der Champions League, steht er in beiden Wettbewerben am Rande einer Spielsperre: kein Ruhmesblatt, aber doch ein Zeichen, dass er weder sich noch seine Gegner schont. Dass der Schönling zugleich ein beinharter Kämpfer ist, machte wohl schon immer den Kern des Faszinosums Beckham aus. Nicht vorhersehbar war, was nach all den Jahren unter Sir Alex Ferguson noch an Entwicklungsfähigkeit in ihm steckte. Heute wird ihm allgemein attestiert, im Umkreis der Madrider „galácticos“ viel gelernt zu haben. Sein Trainer Queiroz ist des Lobes voll, wie schnell er begriffen habe, wann und wie, ob kurz oder ob lang, er in seiner neuen Position jeweils abspielen müsse. Gewiss, Beckhams Schwächen sind dieselben geblieben: Einen linken Fuss scheint er nicht zu haben – 36-mal schoss er in der Liga aufs gegnerische Tor, 3-mal mit Erfolg, immer mit rechts. Wenn etwas den Erwartungen nicht entsprach, dann seine Qualitäten. Man habe ihn sich, schrieb die Sportzeitung „As“, in Reals Team ziemlich verloren vorgestellt. Nun aber sei keiner so anspielbar wie er: „Er mag nicht der perfekte Liebhaber sein, dafür der ideale Ehemann – schiebt den Staubsauger herum, kocht romantische Diners und schläft nie auf dir ein.“ (…) Immer deutlicher wird, dass der Mensch Beckham einfacher gestrickt ist als das Medienphänomen Beckham, das allmählich – aber man warte da noch die Europameisterschaft ab – an Hypertrophie zugrunde zu gehen scheint oder sich selbst abschafft. Dieselbe Aufgedunsenheit, durch die sich auch Real Madrid ad absurdum zu führen droht: Zum Erfolg verdammt, stehen sich die sechs „galácticos“ Raúl, Roberto Carlos, Figo, Zidane, Ronaldo und Beckham heute gegenseitig im Licht.“

Es stirbt eine mühsam gezähmte Frisur

Klaus Hoeltzenbein (SZ 15.1.) verabschiedet David Seaman: „Es passt zum Verlauf seiner Karriere, dass er die Bühne nicht als strahlender Sieger verlässt. Die Chance hätte er gehabt, im Sommer, als Seaman in seinem letzten Spiel für Arsenal London den FA-Pokal gewann. Nach 13 Jahren bei Arsenal, nach 564 Spielen (235 ohne Gegentor) für den Verein hatten ihn die Londoner für diese Partie gar zu ihrem Kapitän ernannt. Jenseits der Insel war es oft schwer verständlich, dass ihm die Engländer immer wieder, 75 Mal insgesamt, das Tor ihrer Ländermannschaft anvertrauten. Auch bei der WM 2002, als er gegen Brasilien einen als Flanke gedachten Freistoß von Ronaldinho ins Tor fallen ließ. Zum Abschied forderte nun der Daily Mirror: „Vergesst die Fehler, erinnert euch an die guten Momente.“ So geht nicht nur ein Torwart, es stirbt eine mühsam gezähmte Frisur.“

Peter Hartmann (NZZ 13.1.) errechnet den Stellenwert Fabio Capellos, Trainer der AS Roma: „„Du bist doch nicht Maradona“, rief Fabio Capello, der Trainer der AS Roma, seinen Jungstar Antonio Cassano zur Ordnung, „also Schluss jetzt mit diesen Absatztricks.“ Darauf schlich der gedemütigte 21-jährige Ballvirtuose wortlos vom Übungsplatz des Sportzentrums Trigoria. „Nur Hasen laufen davon“, höhnte der Coach über das Feld. Der vaterlos aufgewachsene Bursche aus den Slums von Bari hat einen schwierigen Charakter. Viermal ist er aus dem Trainingslager der italienischen U-21-Mannschaft abgehauen, bis ihn der Coach Claudio Gentile nicht mehr aufbot. Capello, der sich im dritten Jahr mit dem zornigen jungen Mann herumschlägt, welcher ihn immer wieder mit Gehorsamsverweigerung provoziert, ist auf eine versöhnliche Linie umgeschwenkt: Zwei Tage nach dem Zwischenfall liess er ihn in Perugia spielen. Die AS Roma verteidigte dank einem Tor des Brasilianers Mancini in der 2.Minute die Führung in der Serie A. Und Fabio Capello hatte gut lachen: Über Nacht legte ihm der hellhörige russische Oligarch Roman Abramowitsch eine Offerte von 18 Millionen Euro für drei Jahre im Dienst von Chelsea vor, als Nachfolger des zuletzt glücklosen Landsmannes Claudio Ranieri. Der 57-jährige Capello, der früher das Trikot der AS Roma, von Juventus und Milan getragen hat, verdient in Rom 4 Millionen pro Jahr, wird von seinem Präsidenten Franco Sensi allerdings sehr unpünktlich bezahlt. Sieben Monatssaläre aus dem Jahr 2003 stehen entgegen allen Versprechungen noch aus. Der greise Patriarch Sensi hat fatalistisch einen ungeheuren Schuldenberg angehäuft und braucht Capello jetzt als Komplizen für seinen Abgang. Nur eine Mannschaft mit dem Meisterabzeichen lässt sich Ende Saison trotz dem Bilanzdesaster verkaufen. Also versuchen Sensi und Capello alles, um die Braut schön zu machen. Mit vier Meistertiteln und einer Champions League mit Milan, der spanischen Meisterschaft 1996/97 bei Real Madrid, dem Scudetto 2001 in Rom und mit den passablen Englischkenntnissen, die er sich in der Management-Schulung im Fininvest-Konzern seines Entdeckers Silvio Berlusconi angeeignet hat, besitzt Capello eine perfekte Visitenkarte für die Mission in London. Nach fünf Jahren in Rom wäre er reif für einen neuen Karrieresprung. Commissario tecnico will er ausdrücklich nicht werden. Italiens Nationalcoach Giovanni Trapattoni eröffnete kurz vor Weihnachten den Trainerwalzer, als er bei einem Besuch des katholischen Jugendklubs San Carlo im Mailänder Vorort Muggiò auf die entsprechende Frage des zwölfjährigen Davide fast beiläufig bekannte, er werde nach der Europameisterschaft in Portugal zurücktreten. Seither dreht sich hoch über den Abgründen der Milliardenschulden das Spekulations-Karussell.“

Wie alle bewundert Matthias Erne (FAZ 13.1.) Freddy Adu, Vorzeige-Talent der amerikanischen Liga: „Es besteht kein Zweifel daran, daß Landon Donovan der zur Zeit beste Spieler in der Major League Soccer (MLS) ist, und dennoch spricht in Amerika kaum jemand vom 21 Jahre alten Nationalspieler in Diensten des Landesmeisters San Jose Earthquakes. Die Schlagzeilen gehören fast ausschließlich einem Fußballspieler, der noch keine einzige Minute in der MLS absolviert hat – und dennoch als große Hoffnung einer Branche gilt, die in den Vereinigten Staaten immer noch ums Überleben kämpft. Dabei darf Adu mit seinen 14 Jahren noch nicht einmal die millionenschweren Verträge selbst unterschreiben, die ihm in den letzten Monaten offeriert worden sind. Freddy Adu heißt der Wunderknabe, der in Amerika bereits als neuer Pelé gefeiert wird. Daß die Lobeshymnen oft von selbsternannten Experten stammen, von denen die wenigsten den großen Pelé mit eigenen Augen haben spielen sehen, stört niemanden, schon gar nicht die Führungsriege der MLS. Angesichts der beinahe übermächtigen Konkurrenz von Football, Baseball und Basketball ist selbst ein junges Talent als Zeichen der Hoffnung auf eine bessere Zukunft hoch willkommen. Ob Adu jemals die Wundertaten vollbringen wird, die man sich von ihm verspricht, weiß heute natürlich noch niemand – wobei man auch festhalten muß, daß der junge Mann tatsächlich über Anlagen verfügt, wie man sie selten sieht.“

Martin Hägele (NZZ 13.1.) berichtet von einem anderen Fußball-Planeten: „In der halbprofessionellen Liga Vietnams, der die zwölf besten Teams angehören, hat sich jedenfalls einiges positiv entwickelt, nachdem seit kurzem Wirtschaftskonzerne mitmischen dürfen und das Fussballgeschäft nicht mehr allein der Einheitspartei bzw. deren Vertretern in Militär, Polizei, Gewerkschafts- oder sonstigen staatlichen Einrichtungen obliegt. Bezeichnend für den Umbruchprozess ist die Tatsache, dass als Meisterschaftsfavoriten die nach Banken oder der nationalen Luftfahrtgesellschaft benannten Saigoner Klubs gelten. Und als grösstes Problem derzeit stellt sich die Integration der alten Armeeklubs dar. Wie bringt man die ehemaligen Sportsoldaten in einem an Wirtschaftsprinzipien ausgerichteten Fussballbetrieb unter?“

Wir bitten um eine Spende für die freistoss-Kasse, und empfehlen Sie uns. Vielen Dank!BankverbindungDeutsche Bundesbank (Filiale Gießen)BLZ: 513 000 00Nr.: 513 015 03Empfänger: indirekter-freistoss – Projekt-Nr. 6000 0208

Ballschrank

Matthäus vs Bayern, der „papierene“ Weltfußballer Sindelar

Matthäus gegen Bayern – Zweite Liga in Fürth und St. Pauli – Fußball-Fernsehrechte – ein “papierner” Weltfußballer (mehr …)

Ballschrank

geheimen Vertragsschlüsse und Geldtransfers

Die sportlichen Ereignisse werden derzeit von den Diskussionen um die geheimen Vertragsschlüsse und Geldtransfers zwischen dem FC Bayern München und der Kirch AG überschattet: „Imageschaden für den FC Saubermann“ (FTD), denn ausgerechnet die von ihrer Moralhoheit überzeugten Münchner Bayern haben sich offensichtlich verkauft und dabei elementare Solidaritätsregeln verletzt. Herkömmlich ist dagegen die Erwiderung von Bayern-Manager Uli Hoeneß („Ich bin einer der sozialsten Menschen, die ich kenne“), der in den Vorwürfen seitens der Öffentlichkeit und der restlichen Liga wieder einmal den Neid der Verlierer zu erkennen glaubt. Vermutlich hat in der Vergangenheit mit diesem Reflex einmal zu viel recht bekommen (nicht recht gehabt). Im Hinblick auf das von bis in die 90er Jahre zurückreichenden und von behördlichen Regressforderungen begleiteten Finanzchaos in Kaiserslautern muss sich der neutrale Fußballfreund retrospektiv erneut die Frage nach der Legitimität sportlicher Erfolge stellen. Schließlich handelt es sich bei den beiden ins Zwielicht geratenen Klubs um die nationalen Titelträger der Jahre 1998, 1999, 2000 und 2001 und vermutlich 2003.

Thomas Kistner (SZ25.2.) beleuchtet die Folgen für den FC Bayern. „Es wird auch davon abhängen, wie der Verein mit der Krise umgeht. Sture Rechthaberei hilft nicht weiter, es lädt die Atmosphäre nur weiter auf. Und das kann nicht mal der Branchenführer brauchen, wenn ihn die DFL nun zum Verfahren lädt. Dass es so kommt, ist nur noch eine Formsache. Dann zeigt sich auch, wie stark die Position der Liga ist. Nach dem Geist der Statuten, die sich die Gesellschafter der DFL und damit auch die Bayern gaben, liegt ein Verstoß vor. Der Kirch-Vertrag ist ja nicht gleichzusetzen mit einem Werbepapier für Limonade, Dübel oder Autoreifen. Er hatte die Neuordnung der Medienwelt zum Ziel. Und bei jeder neuen Weltordnung haben alle Beteiligten ein Recht auf Transparenz und Mitbestimmung. Auch, wenn es nur um Fußball geht.“

Martin Hägele (NZZ 25.2.) meint. „Die Kritiker aus der Liga aber werfen ihrem Vorreiter nun vor, ihnen die Rolle des barmherzigen Samariters, den Wert der Solidargemeinschaft nur vorgegaukelt zu haben. Nach aussen wurde brüderlich geteilt. Intern aber hielten die Bayern noch die Hand dafür auf, dass sie den Rest der Liga in Kirchs Boot gezogen hätten. Aus dieser moralischen Ecke kommen die Münchner Herrschaften auch nicht mehr heraus – der Ruf des Präsidenten wurde dabei ordentlich ramponiert. Was schon die Reaktion von Manager Uli Hoeness belegt. „Ich habe keine Lust als Hauptangeklagter zu gelten“, hat der gesagt – denn eingefädelt worden ist dieser Amigo-Deal von Franz Beckenbauer. Schon generell ist es fraglich, ob die Münchner wegen der verdeckten Zahlungen überhaupt juristisch belangt werden können. Der DFL-Präsident Hackmann behauptet zwar, der Kontrakt hätte im Rahmen der jährlichen Lizenzierungsverfahren offengelegt werden müssen – aber gelten solche Vorschriften auch für Klubs, die in ihren Bilanzen nur Gewinne ausweisen? Müssen die ihre Einkünfte detailliert vorlegen? (…)Vor diesem Hintergrund wird auch noch einmal im mysteriösesten Kapitel der internationalen Fussball- und Fernseh-Geschichte gestöbert, jenem Tag im Juli 1996, als sich Leo Kirch für 3,4 Millionen Mark die WM-Fernsehrechte für die Turniere 2002 und 2006 gesichert hatte. Gerhard Mayer-Vorfelder, der deutsche Vertreter in der Fifa-Exekutive, der im Auftrag seines Verbandes gegen Kirch hätte stimmen müssen, hat die epochale Wahl damals geschwänzt – bis heute gibt es keine eindeutige und glaubhafte Erklärung weshalb. Vielleicht um am Ende doch mit seinem Fehlen dem fränkischen Partei- und Weinfreund Leo bei dessen grösstem Deal zu helfen? Solche Fragen ticken wie Zeitbomben. Besonders gefährlich in diesen Tagen, da sich der DFB-Präsident Gerhard Mayer am Rosenmontag wieder einmal ausgiebig feiern lässt von seinen Verehrern und Günstlingen. Die exklusive Geburtstagsparty in der „Alten Reithalle“ von Stuttgart spendiert diesmal der Fussballverband dem 70-jährigen „MV“, der gerade auf seinem Fachgebiet Fernsehen alle grossen Deals abgeschlossen hat. Und keiner hat sich dabei kräftiger für Kirchs Sache in die Seile gelegt als der schwäbische Multifunktionär. Wenn das kein Grund ist, dankbar zu sein.“

Ludger Schulze (SZ 22.2.) kritisiert. „Der Schaden entsteht da, wo üblicherweise die Moral angesiedelt ist. In deren Besitz wähnte man die Bayern, die sich den Ruf ehrbarer Kauf- und Sportsleute erworben hatten. Falsch, auch sie haben des Mammons wegen ihre Prinzipien vergessen. Das Ansehen des Fußballs hat durch Phantasiegehälter, Schwarzgeld-Affären und Steuervergehen ohnehin stark gelitten. Die heimlichen Doppelpässe zwischen Kirch und dem FC Bayern belegen eindrucksvoll, dass der Fußball zwar auf dem Rasen gespielt, auf dunklen Geschäftsfeldern aber entschieden wird.“

Ist mit Gleichbehandlung zu rechnen, fragt Jan Christian Müller (FR 24.2.). “Was de jure nach ersten Erkenntnissen eine klare Angelegenheit zu sein scheint und dementsprechende Konsequenzen erfordern könnte, erweist sich de facto als hoch sensible Angelegenheit: Den Bayern und ihrer geballten Medienmacht pinkelt man nicht folgenlos ans Bein – und sei ihre Schuld noch so groß. Der Ermessensspielraum in Lizenzierungs-Angelegenheiten ist riesig. Ein Beispiel: Nach Ansicht von Straub und seinen hauptamtlichen Prüfern in der DFL-Zentrale hätte der SSV Reutlingen wegen schwerer Verstöße gegen das Lizenzierungsverfahren der Zwangsabstieg geblüht. Straubs ehrenamtliche Vorgesetzte aus dem DFL-Vorstand kippten im Sommer den Entscheid und beließen es bei einem Sechs-Punkte-Abzug. Im nun vorliegenden Fall darf davon ausgegangen werden, dass die Bayern ihren marktbeherrschenden Einfluss geltend machen. Der Münchner Freundeskreis um DFB-Vize und WM-OK-Präsident Franz Beckenbauer, ganz offiziell seit Jahren verbandelt mit Kirch, dessen rechter Hand im WM-Organisationskomitee, Fedor Radmann, bis vor kurzem heimlich verbandelt mit Kirch, hat es erst neulich völlig problemlos hingebogen, dass etwa das Pressezentrum für die Weltmeisterschaft 2006 am südlichen Rand der Republik zu finden ist. Und nicht etwa – wie zumindest für die Printmedien viel vorteilhafter – im Zentrum der Republik. Es gab hie und da ein leichtes Murren, weil etwa Düsseldorf perfekte Bedingungen geboten hätte, aber außer dem tief enttäuschten Bremer Aufsichtsratschef Franz Böhmert traute sich niemand, deutlich hörbare Kritik am dringend zu vermutenden Ränkespiel hinter den Kulissen zu üben. Zu viel steht auf dem Spiel, zu viel gibt es zu verlieren, wer nicht nur um Punkte mit den Markt- und Meinungsführern aus München streitet.“

Thomas Kistner (SZ 24.2.). „Die Verärgerung der Profiklubs ist nachvollziehbar. Hat sich nicht just dieser FC Bayern stets als Hüter der allgemeinen Geschäftsmoral und Vorstreiter für Solidarität geriert? Das hat er, und schon diese Haltung schließt aus, dass er nun den teuren Geheimpakt mit Kirch zur gängigen Geschäftspraxis herunterreden kann. Wie schlecht das Gewissen der Münchner tatsächlich ist, zeigt schon ihr spätes Zugeständnis, dass sie den Vertrag nicht hätten verschweigen sollen. Klar ist auch, dass nun jede Aktion der Bayern im Zuge des schleichenden Kirch-Niedergangs, vom Abschluss des Fernseh- Generalvertrags mit der Liga anno 2000 bis zur Insolvenz des TV-Imperiums im März 2002, beleuchtet gehört. Es gibt ja denkwürdige Vorgänge, die im Nachhinein durchaus als verdeckter Lobbyismus ausgelegt werden können. Etwa im Sommer 2001, als Kirch einen letzten verzweifelten Versuch zur Anhebung der Attraktivität seines Abo-Senders Premiere unternahm und die freie Bundesliga-Berichterstattung in seinem Sender Sat1 auf 20.15 Uhr verlegte. Dahinter stand die Raffke-These, dass eine Verknappung des Fußballs im freien Fernsehen den Fußball im Pay-TV attraktiver mache – und niemand hat sie so massiv verfochten wie die Bayern. Klubchef Franz Beckenbauer, geschäftstüchtig wie immer, warb sogar in TV-Spots dafür. Und Uli Hoeneß erzählte: „Wer keinen Decoder hat, wird in ein paar Jahren akzeptieren, dass er sich erst um 20.15 Uhr in Sat1 informieren kann.“ Der Manager spielte bei einer der letztlich nur fünf abendlichen ran- Katastrophensitzungen Studiogast bei Jörg Wontorra, und er ging weiter. In Bild verfasste er einen offenen Brief ans Fußballvolk, mit Vorhaltungen, die schon damals eigenartig klangen: „Etwas mehr natürliche Bescheidenheit würde uns gut tun.“ Den Deutschen ginge es am besten von allen in der Welt – nur im Fußball, fand er, dürfe für den TV-Konsumenten nicht mehr alles vom Feinsten sein. „Wenn ARD und ZDF nicht bereit sind, eine Milliarde pro Jahr an die Klubs zu zahlen, muss man einem Privatunternehmen wie Kirch die Chance geben, sein Geld zurückzukriegen.“ Und damit die Chance, mit diesem Geld auch den teuren Geheimzahlungen an die Bayern nachzukommen– so liest sich das aus heutiger Sicht. Ausgerechnet Hoeneß, der stets vor dem Kollaps des italienischen Fernsehmarktes und der Abhängigkeit der Klubs von ruchlosen TV-Mogulen gewarnt hatte, sprang jenem Mann zur Seite, dem längst die Rolle des Spielverderbers in der Bundesliga anhaftete.“

Marc Schürmann (FTD 24.2.) fragt. „Hat der Münchner Manager vielleicht Recht? Geht der FC Bayern weit genug? Mit Ersatzleistungen für entgangenes Vermarktungsgeld ist es doch nicht getan. Bayern München muss Milliarden vom Freistaat Bayern verlangen als Entschädigung dafür, dass München nicht in Italien liegt. Denn da wären die Gegner Roma und Juve und Milano, die Stadien wären voll und die Kassen erst recht. Aber München liegt im schnöden Deutschland, und das nimmt der Klub solidarisch hin. Außerdem kriegt der FC Bayern eine Menge Holz dafür, dass er die Regeln von DFB und Fifa akzeptiert – obwohl er mit breiteren Toren, längeren Halbzeiten und blinden Schiedsrichtern viel mehr Tore schießen könnte. Das wäre für den Zuschauer attraktiver und brächte Geld. Auch Gott müsste zahlen. Denn der FC Bayern beugt sich solidarisch den Regeln der menschlichen Anatomie, wäre aber viel erfolgreicher, wenn Oliver Kahn acht Meter groß wäre. Also: Uli Hoeneß mag der Konkurrenz immer einen Schritt voraus sein, aber er hat noch nicht alle Möglichkeiten der Entschädigungsbranche erkannt.“

Rainer Franzke (FAS 23.2.) dankt den Bayern. „Nach bestem Wissen und Gewissen hat Beckenbauer für Klarheit gesorgt. Er hat zugegeben, daß die Millionen von Kirch vielleicht ein bißchen überdotiert waren, daß der FC Bayern einen Fehler gemacht hat. Wir hätten offener mit dem Vertrag umgehen sollen. Nach fast vier Jahren weiß ich selber nicht genau, warum es eigentlich diese Geheimhaltung gab. Von einem verwerflichen Geschäft jedoch will Franz Beckenbauer nichts wissen. Denn: Kirch hätte das Geld ja nicht an andere Vereine verteilt, sondern wollte speziell mit dem FC Bayern einen Vertrag über Vermarktungsrechte abschließen.“ Der Kaiser hat nun also ganze Aufklärungsarbeit geleistet. Da können sich die anderen vom FC Bayern ihre Worte sparen: der Manager Uli Hoeneß, der Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge und der Aufsichtsrat Edmund Stoiber. Und überhaupt: Schluß der Widerworte. Verärgert den Kaiser nicht; er könnte sonst womöglich auf den Gedanken kommen, Deutschland die schöne Fußball-Weltmeisterschaft 2006 zu entziehen und alle Spiele im Freistaat Bayern auszutragen. Das wäre nur logisch.“

Michael Ashelm Thomas Klemm (FAS 23.2.) stellen resigniert fest. „Bayern regiert, die Liga pariert. Werner Hackmann, der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Fußball Liga (DFL), und sein hauptamtlicher Adjutant Wilfried Straub persönlich telefonierten in einer konzertierten Aktion ganz aufgeregt die Liga zusammen und gaben eine deutliche Anweisung heraus: keine Kritik, keine Störfeuer. Die Millionen-Affäre der Bayern soll möglichst klein gehalten werden. Denn schon seit Monaten tappen Liga und Klubs von Skandal zu Skandal. Gestern Kaiserslautern, heute München und morgen? Weil das miserable Erscheinungsbild nicht noch weiter beschädigt werden soll, so erfuhr diese Zeitung, setzen die Ligabosse auf den landesweiten Maulkorb. Wer meckert oder auch nur sachdienliche Hinweise weitergeben will, wird zurückgepfiffen. Ganz im Sinne der selbstgefälligen Münchner Fußball-Macht (…) Wie so oft, wenn er in die Defensive geraten ist, hatte Hoeneß zum Gegenschlag ausgeholt, den Kritikern Neid und Scheinheiligkeit unterstellt. Solche Attacken sind die Kollegen längst gewohnt. Gut erinnern können sich Ligafunktionäre noch an Hoeneß‘ cholerischen Wutanfall, als ihm offenbart wurde, daß in Sachen Fernsehvermarktung nicht nur mit Kirch, sondern auch mit dem Filmhändler Kölmel gesprochen werde. Stets tritt der FC Bayern mit dem Selbstverständnis auf, daß er der Herr ist im Oberhaus. Einerseits ist der Klub als pater familias im deutschen Fußball fürsorglich: größter Brötchengeber der Liga durch die zentrale Vermarktung, die der Münchner Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge als Brot und Butter für die Liga verkaufte, zudem um kollegiale Hilfe in der Not bemüht. Mit Benefizspielen – mal für klamme Klubs wie den Karlsruher SC, mal für die Schlaganfall-Hilfe oder Geschädigte des Hochwassers – gibt der Rekordmeister seinen guten Namen und seinen Spitzenkader für einen guten Zweck. Andererseits spielt Deutschlands größter Verein, wann immer er es für erforderlich hält, seine Macht aus. Gerade von Hoeneß ist überliefert, daß er seine Stimmbänder bis zum Äußersten strapaziert und Konkurrenten reizt, wenn er auf Widerstand stößt.“

Michael Horeni (FAZ 22.2.) bemerkt dazu. “Der Kontrakt brachte den Bayern bis zum Untergang des Partners rund 40 Millionen Mark ein. Und es wäre ein Vielfaches geworden, hätte Kirch nicht Insolvenz anmelden müssen. Die Bayern stimmten dafür der zentralen Vermarktung der Fernsehrechte an der Bundesliga zu. Während ihnen für die praktizierte Solidarität auf die Schulter geklopft wurde, hielten sie hintenherum die Hand auf. Was da in München ausgeheckt wurde, weckt Erinnerungen an alte Amigos, da unklar bleibt, was Kirch für die Millionen noch als Gegenleistung erhalten haben mag – außer der Zustimmung zur zentralen Vermarktung. Auch als die Kirch-Krise ihrem Höhepunkt zustrebte, fand das Unternehmen im FC Bayern einen Lobbyisten, dessen Motive erst jetzt offensichtlich wurden. Auch die Ansiedlung des Medienzentrums für die Weltmeisterschaft 2006 in der Randlage München wird wegen der Zahlungen Kirchs an den Vizepräsidenten des WM-Organisationskomitees, Radmann, mittlerweile in einem anderen Licht betrachtet. Und weil zudem zweistellige Millionensummen für Beckenbauer als Premiere-Kommentator genannt werden, kommt die Frage auf: Hatte Kirch die Fußball-Meinungsführer des Landes ganz einfach abonniert?“

Sven Astheimer (FR 22.2.). „Ein kurzer Exkurs in die Welt von Heinz Sielmann: Je angeschlagener eine Raubkatze, hat uns der Zoologe beigebracht, desto gefährlicher wird das Tier. Mit Uli Hoeneß ist das so ähnlich. Je weiter sich der Manager des Fußball-Branchenführers Bayern München in die Ecke gedrängt fühlt, desto lauter brüllt der Münchner Löwe in der Regel zurück. Das reicht für gewöhnlich aus, damit sich der Angreifer mit angelegten Ohren ins Gebüsch verdrückt. Auch am Freitag hat es Uli Hoeneß bei einer eigens einberufenen Pressekonferenz versucht, doch die Deutsche Fußball-Liga (DFL) hat sich nicht einschüchtern lassen (…) Während Präsident Franz Beckenbauer noch zuvor in einem Interview von einem Fehler gesprochen hatte, das Vertragswerk geheim gehalten zu haben, schimpfte Hoeneß: Es ist eine Riesensauerei, wenn man so tut, als wenn wir irgendjemand etwas weggenommen hätten, nur Leo Kirch selbst, der ist der einzige, der sich beschweren könnte. Eine eigenwillige Interpretation: Geld, das die Konkurrenz nie gesehen hat, kann man ihr auch logischerweise nicht wegnehmen – aber allemal vorenthalten. Mit einem schlechten Gewissen plagt man an der Isar schon mal gleich gar nicht herum: Ich glaube nicht, dass es einen in der Liga gibt, der uns an der Moral packen kann. Wir haben immer drauf geachtet, dass wir andere nicht beschädigen. Wo der Schaden anfängt, darüber lässt sich streiten, und das HSV-Aufsichtsratsmitglied Frank Mackerodt etwa vertritt sehr wohl die Meinung, der Branchenführer habe dank der Kirch-Millionen einen wesentlichen Standortvorteil auf dem Transfermarkt genossen. Etwa beim Kauf der Edelkicker wie Deisler, Zé Roberto und Ballack (…) Zum Abschluss des bemerkenswerten Auftritts gab es dann noch was zum Thema Sozialneid in Deutschland im Allgemeinen und unter Fußball-Clubs im Besonderen: Alle Scheinheiligen dieser Welt, die sagen, sie hätten den Vertrag nicht gemacht, möchte ich gerne kennen lernen. Kein Wort dagegen zum Verdacht, Kirch habe sich das schwergewichtige Wort der Bayern bei wichtigen Entscheidungen gekauft, etwa der Bundesligarechte-Vergabe an die insolvente Kirch-Media 2002. So fragt sich der Beobachter, wer denn vielleicht noch so alles aus der Schatulle des bankrotten Medienmoguls bedacht wurde, nachdem mittlerweile auch heraus kam, dass WM-Organisator Fedor Radmann ebenfalls auf Kirchs Payroll stand. Hier täte mehr Aufklärung und weniger verbale Kraftmeierei gut. Aber nach dem Hoeneß’schen Befreiungsschlag bleibt festzuhalten: Laut gebrüllt, Löwe. Von Einsicht keine Spur.“

FAZ (22.2.). „Die Bayern-Verantwortlichen müssen sich in erster Linie vorwerfen lassen, daß sie sich den Sinneswandel, plötzlich doch für die zentrale Vermarktung zu sein, gut bezahlen haben lassen. Zudem haben sie Konkurrenten der Liga stets kritisiert, die Verträge mit dem Rechtehändler Ufa abgeschlossen hatten. Die Bayern hätten, sofern der Vermarktungsvertrag mit der Kirch-Gruppe tatsächlich mit Leben erfüllt wurde, nichts anderes getan als Borussia Dortmund, der 1. FC Nürnberg, Arminia Bielefeld, Hertha BSC Berlin und der Hamburger SV, allerdings im verborgenen. Die Kirch-Gruppe habe Wert darauf gelegt, daß das Abkommen zwischen der Bayern-Tochterfirma Sportwerbe-GmbH und der Kirch-Gesellschaft Taurus nicht öffentlich wird. So rechtfertigte Hoeneß die Geheimhaltung. Beim Lizenzierungsverfahren habe der Vertrag nicht gemeldet werden müssen, nur die daraus erwachsenen Einkünfte. Hätte die DFL nachgefragt, sagte Hoeneß, wären wir bereit gewesen, die Beträge zu nennen. Hoeneß gab sich am Freitag überzeugt, daß auch alle anderen Vereine zugegriffen hätten, wenn sie die Gelegenheit bekommen hätten. Alle Scheinheiligen dieser Welt, die sagen, sie hätten diesen Vertrag nicht gemacht, möchte ich kennenlernen. Möglich, daß sich das Vorstandsmitglied der Bayern München AG dann einer Phalanx guter Bekannter gegenübersähe. So ist Wolfgang Holzhäuser, Geschäftsführer der Fußball-GmbH von Bayer 04 Leverkusen, menschlich tief enttäuscht über Uli Hoeneß, der mich und andere Kollegen in der Vergangenheit manchmal auf unflätige Weise attackiert hat, wenn wir auch nur mit anderen Bietern, etwa den Medienunternehmern Kölmel und Kloiber, in Sachen Fernsehrechte gesprochen haben. Dem Leverkusener Finanzfachmann ist jetzt auch klar, warum Hoeneß sich immer wieder vehement auf die Seite von Kirch geschlagen hat. Jedenfalls zweifelt Holzhäuser nicht an dem moralischen Verfall des Ansehens der Bayern in der Öffentlichkeit. Holzhäuser sieht für das durch das Vorgehen des FC Bayern bedrohte Solidaritätsprinzip bei wichtigen Ligaentscheidungen gleichwohl nicht schwarz: Vielleicht ist das ein reinigendes Gewitter. Andererseits attackierte Michael Meier, der Manager von Borussia Dortmund, seinen Leverkusener Bundesliga-Kollegen Reiner Calmund, der ein gewisses Verständnis für die Bayern bekundet und einen solchen Vertrag wie den mit der Kirch-Gruppe auch nicht in den Reißwolf gesteckt hätte. Da muß ich sagen, gute Nacht, Bundesliga, konterte Meier, hier entlarvt sich ein Mann, der genauso denkt.

Michael Horeni (FAZ 21.2.). kritisiert. “Das Selbstbildnis, das der FC Bayern München in den vergangenen Jahren von sich entworfen hat, gehört eigentlich in ein Museum für deutsche Wirtschaftsgeschichte. Zu besichtigen und bestaunen wäre dort nichts Geringeres als: Der Musterschüler der Marktwirtschaft. Die idealtypische Kombination eines hochprofitablen Unternehmens mit großem sozialen Herz, der gelebte rheinische Kapitalismus – ausgerechnet in der bayrischen Metropole fand er nach Münchner Lesart seine Vollendung. Der FC Bayern München, einfach zu gut für diese Welt. Die Enthüllung eines fragwürdigen Vertrags mit der Kirch-Gruppe bringt den reichsten und mächtigsten Verein in Deutschland nun in Bedrängnis. Ob die Münchner wegen des geheimen Deals in juristische oder sportgerichtliche Schwierigkeiten geraten können, ist dabei noch ungeklärt. Aber nach allem, was schon jetzt bekanntgeworden ist, reichen die Münchner Verquickungen aus, den Mythos vom FC Bayern als moralischer Anstalt in sumpfiger Bundesliga-Umgebung wie imagefördernde bayrische Folklore erscheinen zu lassen. Tatsächlich geht auch dort alles so zu wie im richtigen Wirtschaftsleben: Erfolge um jeden Preis, eben nicht nur auf dem Fußballplatz.“

Axel Kintzinger (FTD 21.2.). „Es kommt nicht mehr oft vor beim FC Bayern München, dass der über allen Bundesliga-Dingen schwebende Franz Beckenbauer sich früh am Morgen hinabbegibt von den Kitzbüheler Bergen und in der Geschäftsstelle seines Klubs in der Säbener Straße auftaucht. Gestern war so ein Tag, und es ist anzunehmen, dass der Grund für Beckenbauers Besuch kein erfreulicher war. Laut soll es geworden sein. Der Verein hat ein Problem. Mindestens eines, das sein Image angeht, wenn nicht sogar ein juristisches (…) Die Führungsriege des Münchner Klubs kämpft auch an anderer Stelle um Glaubwürdigkeit. Hatte sich Hoeneß nicht seit Jahren damit gebrüstet, im Gegensatz zu fast allen Bundesligisten die Vermarktung nicht nach außen zu geben? Diese Darstellung ist nun, nach Bekanntwerden des Kirch-Vertrages, Makulatur. Der FC Saubermann erleidet einen Imageschaden, aber Hoeneß erkennt darin nur „Neid auf den FC Bayern“.“

Joachim Mölter (FAZ 21.2.) hält fest. „Ob gegen zivile Gesetze oder sportliche Statuten verstoßen wurde, werden also die Juristen in den nächsten Tagen und Wochen zu klären haben. Ihren Führungsanspruch als moralische Instanz der Liga haben die Bayern indes schon jetzt verspielt. Die Konkurrenz hat ja nicht vergessen, daß sich die Münchner just zu der Zeit von Befürwortern der Einzel- zu Anhängern der Zentralvermarktung wandelten, als sie den geheimen Vertrag mit der Kirch-Gruppe abschlossen. Daß sie sich damals als barmherzige Samariter der kleinen und mittellosen Klubs gaben und sich ihrer Solidarität rühmten; daß sie später um Unterstützung des in Not geratenen Leo Kirch warben. Für Schalke-Manager Rudi Assauer wäre der Pakt der Solidarität gebrochen, sollten sich die Vorwürfe bestätigen, daß sich der FC Bayern von Kirch habe korrumpieren lassen. Für die Bild-Zeitung formulierte er es etwas drastischer: Wenn die Kohle wirklich rübergekommen ist, um den zentralen Vermarktungsrechten zuzustimmen, wäre es großer Beschiß.“

Tim Bartz (FTD 21.2.) klärt derweil die Abstiegsfrage. „In dieser Spielzeit allerdings könnte es zur Abwechslung jemanden treffen, der bislang wirklich keinen blassen Schimmer vom drohenden Ungemach hatte: Die Bayern! Ja, richtig gehört, die Bayern aus München, die Roten, die Reichen, die ewigen Sieger, die Rekordmeister aus Bussi-Town, die alles gewonnen haben, was an Pokalen jemals fabriziert worden ist und dabei so unermesslich reich geworden sind, dass sie mit genialer Strategie jedem, der sich ihnen in den Weg zu stellen wagte, die besten Spieler gemopst haben, Dortmund ausgenommen. Das Spiel am Samstag daheim gegen den Club aus Nürnberg könnte für die Bayern schon ein Vorgeschmack sein auf das was ihnen droht, sollte die DFL die Fingerei mit Kirch drakonisch bestrafen. Ein klassisches Süd-Derby, wie es die Münchner im Falle eines Lizenzentzuges und Zwangabstiegs in die viertklassige Bayern-Liga jedes Wochenende haben könnten.“

Notfalls kommt es zum Crash. Lieber mal kurzfristig streiten als langfristig die Zeche zahlen. Karl-Heinz Rummenigge, damals Vizepräsident von Bayern München, am 20. Juni 1999 über die Entschlossenheit seines Klubs, gegen die zentrale Fernsehvermarktung der Bundesliga vorzugehen

Der Wert einer Partnerschaft zeigt sich in der Krise. Die Bundesliga hat ein essentielles Interesse an Kirch. Wir müssen Ideen entwickeln, welche Möglichkeiten die Bundesliga hat, um Kirch zu unterstützen. Rummenigge am 24. Februar 2002

„Auch der Vizepräsident des WM-Komitees 2006 bekam heimlich Geld von Kirch“ SZ

„Der 1. FC Kaiserslautern soll Spielergehälter an der Steuer vorbeigeschleust haben. Die Behörden ermitteln, dem Verein droht der Ruin. Ein Einzelfall – oder gerät bald ein eingespieltes System ins Wanken?“ Zeit

Ludger Schulze (SZ20.2.) kritisiert das Bayern-Management. „Sportlich die Besten, Tabellenführer auch auf allen sozialen Ebenen. Für Anhänger anderer Fußballfakultäten ist das unerträglich – dass ihre Lieblinge in der Arena chancenlos sind gegen diese ewigen Sieger- Bayern, die wie zum Hohn auch noch die moralische Oberhoheit wie eine Monstranz vor sich hertragen: Während anderswo herzhaft gegaunert oder einfach nur unseriös gewirtschaftet wird, bleibt beim FC Bayern stets alles picobello. Macht und Herz in Allianz, Reichtum ohne Haifisch-Mentalität (…) Ob dem dubiosen Vertragswerk zwischen den Bayern und Kirch juristischer Sprengstoff innewohnt, wird noch zu klären sein. Vom moralischen Standpunkt aber, den der Branchenführer für sich selbst gerne reklamiert, rangiert der Deal mit dem gewesenen Fernsehmogul auf der Anrüchigkeitsstufe eins. Denn das Geld, auf das sie generös und unter Betonung des Solidargedankens zugunsten der bedürftigen Klubs verzichteten, haben sie eiskalt wieder eingestrichen – auf deren Kosten. Für diesen schnöden Exklusiv- Vorteil haben die Bayern ihr Stimmrecht verkauft – und dabei deutlich gemacht, dass sie keinen Deut besser sind als alle anderen in der Liga der Egoisten. Ihre Glaubwürdigkeit haben sie damit verloren.“

In diesem Zusammenhang erinnert sich Jan Christian Müller (FR 20.2.) an eine Aussage von Karl-Heinz Rummenigge, welche dieser in einem Interview mit der FR im Dezember 2001 tätigte. Ich sage Ihnen: Es wären 150 Millionen Mark, die wir bei eigener TV-Vermarktung erlösen würden. Das heißt also, dass wir freiwillig über hundert Millionen Mark in den Solidartopf tun. Wir sind der größte Geldgeber der Liga. Aber damit ist die Sache auch ausgereizt. und kommentiert. „Sportreporter sind es gewohnt, von ihren Gesprächspartnern nicht die ganze Wahrheit aufgetischt zu bekommen. Doch Kalle Rummenigge hat sich damals selbstverständlich gehütet, die nun spät gelüfteten geheimen Vertragsabsprachen mit Kirch öffentlich zum machen. Denn er musste ja wissen, dass damit das fein justierte, in monatelangen Verhandlungen erreichte, bis aufs letzte Komma nach Tabellenplatz gerecht gerechnete Solidar-Prinzip auf den Kopf gestellt würde. Falls es stimmt, dass die sich gerne als Saubermänner der Branche gerierenden Münchner neben den ihnen damals offiziell zustehenden über 45 Millionen Mark aus der Zentralvermarktung noch heimlich, still und leise zwei Jahre lang rund 40 Millionen Mark direkt aus dem Hause Kirch überweisen ließen, dann wäre das kein bloßes Kavaliersdelikt. Dann müsste sich die Konkurrenz bösartig hinters Licht geführt vorkommen (…) Sei es, dass das komplizierte Vertragswerk juristisch astrein ist – moralisch hätten die nur halbgar dementierenden Münchner sich innerhalb eines Jahres zum zweiten Mal ins Abseits gestellt. Denn schon der dubiose Darlehenskontrakt mit Sebastian Deisler, der nach Bekanntwerden ganz schnell wieder aufgelöst wurde, hinterließ einen üblen Nachgeschmack. Zu jenem Zeitpunkt stand Deisler noch bei einem anderen Klub unter Vertrag. So etwas tut man nicht.“

Hintergrund SZ

Gewinnspiel für Experten

Ballschrank

FC Barcelona vor dem Abstieg?

FC Barcelona vor dem Abstieg? – Lazio Rom vor dem Aus? – Remis im Londoner Stadtderby – FC Santos brasilianischer Meister – Euphorie in Österreich (mehr …)

Ballschrank

Der Sohn von Saddam Hussein ließ Sportler des Landes foltern

Die dpa meldet: „Nach einem Bericht des amerikanischen Magazins Time haben sich Vorwürfe bestätigt, wonach der Sohn des gestürzten irakischen Diktators Saddam Hussein, Udai, Sportler des Landes foltern ließ. Die Zeitschrift berichtet vom Fund eines Folterwerkzeugs in unmittelbarer Nähe des Büros von Udai Hussein im Gebäude des nationalen Fußballverbandes und des Nationalen Olympischen Komitees in Bagdad, deren Präsident er war. Damit scheinen sich Berichte der Menschenrechtsorganisation Indict zu bestätigen, wonach Udai erfolglose Sportler quälen ließ. Bei dem Folterwerkzeug handelt es sich um eine mit Nägeln versehene Eiserne Jungfrau, die nach Angaben des Time-Reporters deutliche Spuren ihrer Nutzung aufwies. Seinen Untersuchungen zufolge seien mit ihr vor allem Fußball-Nationalspieler mißhandelt worden, die nicht den Erwartungen von Udai entsprochen hätten. Die in London ansässige Menschenrechtsorganisation Indict hatte im Januar behauptet, Udai Hussein habe im Bagdader Hauptquartier des Sports ein Spezialgefängnis für erfolglose Sportler eingerichtet. Die Sportzentrale war im Krieg von einem amerikanischen Flugzeug bombardiert worden. Das Internationale Olympische Komitee hatte eine Beschwerde von Indict zum Anlaß einer Untersuchung genommen, bisher aber kein Ergebnis veröffentlicht.“

Wir sind gespannt auf das nächste Intervierw mit Bernd Stange.

Gewinnspiel für Experten

« spätere Artikelfrühere Artikel »
  • Quellen

  • Blogroll

  • Kategorien

  • Ballschrank

105 queries. 1,440 seconds.