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Ratschläge zum Krisenmanagement können die Bayern in Stuttgart und Bremen einholen

Oliver Fritsch | Montag, 12. November 2007 Kommentare deaktiviert für Ratschläge zum Krisenmanagement können die Bayern in Stuttgart und Bremen einholen

13. Spieltag – die Presse reagiert mit Kritik und Hohn auf Karl-Heinz Rummenigges öffentlichen Rüffel an Ottmar Hitzfeld und seiner Rotation und die anschließende Niederlage der Bayern in Stuttgart; der Meister entdeckt seine alte Stärke wieder / Verbissenes Duell zwischen Schalke und Hamburg / Bremer Herbstmärchen / Hat Thomas Doll in Dortmund an Autorität verloren?

Andreas Burkert (SZ) kann den Schaden noch nicht absehen, den Karl-Heinz Rummenigge mit seiner Ohrfeige für Ottmar Hitzfeld in München hinterlassen hat: „Ob die Bayern sich soeben selbst ausgebremst haben mit einer überflüssigerweise öffentlich geführten Trainerdebatte, lässt sich noch nicht abschließend sagen. Sicher ist jedoch: Sie geben sich wirklich alle Mühe. Derlei Tiraden, wie sie Hitzfeld zuletzt zu hören und lesen bekam, sind gewöhnlich nur in jenen Stadien ein Stilmittel, in denen der Abstiegskampf den Alltag bestimmt und wo fachfremde Provinzfürsten kleine Wirtschaftsunternehmen mit dem Gespür einer Abrissbirne in Richtung Insolvenz treiben. (…) Als Ribéry und die anderen Millionenmänner noch ohne Kunstpausen das Publikum unterhielten und zu enteilen drohten, ist Hitzfeld der bestmögliche Moderator einer kostspieligen Inventur gewesen. Doch wie das Wetter an der See ändert sich bisweilen die Stimmungslage in München, und das vom Wetterdienst Kachelmann nicht angekündigte Orkantief Karl-Heinz hat nun sogar den sturmerprobten Hitzfeld beeindruckt: Er reagiert ganz offenbar mit Trotz.“

Andreas Lesch (Berliner Zeitung) lässt seiner Schadenfreude freien Lauf und hat auch einen Seitenhieb auf Hitzfeld parat: „Gemessen an den Sprüchen und Ansprüchen des Vereins ist die Saison für den FC Bayern bisher ein hübsches, kleines Desaster. Die Münchner entpuppen sich allmählich als Illusionstheater. Sie haben mit ihren edlen Zugängen und ihren aufregenden Auftaktleistungen das Publikum und offenbar auch sich selbst getäuscht. Sie haben in guten Zeiten von der Klasse ihrer Einzelkönner profitiert. Jetzt, in schlechten Zeiten, verfallen sie schnell in ihre überwunden geglaubte Einfallslosigkeit. Das spricht nicht für eine funktionierende, sinnvoll erneuerte Teamstruktur. Wenn die Münchner in der Liga und im Uefa-Cup so früh an ihre Grenzen stoßen, braucht niemand zu jammern, sie würden in der Champions League vermisst: Vermutlich hätten sie sich dort unauffällig in den Klub der deutschen Versager eingereiht. (…) Dass Rummenigge weiter öffentlich gegen den Trainer stichelt, ist nur mit plötzlichem Gedächtnisverlust zu erklären. Er und Hoeneß müssen den alten und neuen Coach doch mit all seinen Stärken und Schwächen gekannt haben, und sie müssen gewusst haben, dass Hitzfeld eher für dauernde Rotation steht als für eine dauerhaft inspirierende Strategie.“

Jan Christian Müller (FR) vergleicht den neuen Streit mit dem alten: „Rummenigge hatte Hitzfeld bereits im Frühjahr 2004 demontiert, als er in Interviews durchblicken ließ, dass der Trainer nicht mehr der Richtige war. Bald darauf gab Hitzfeld ausgezehrt auf. Rummenigges Analyse war richtig gewesen, aber sie hatte den Gescholtenen verletzt. Jetzt ist die alte Wunde wieder aufgebrochen, tiefer sogar. Denn diesmal, anders als vor knapp drei Jahren, scheint die öffentliche Kritik des Klubchefs viel weniger fundiert als damals. Hitzfeld wirkt weder ausgebrannt noch sind ihm – Rummenigges absurder Argumentation zum Trotz – gravierende Fehler in seiner Personalführung vorzuwerfen. Niemand darf überrascht sein, falls sich die Wege wieder trennen sollten. Rummenigge erweckt nicht den Eindruck, dass er darüber besonders traurig wäre.“

Der bayrische Deichgraf

Peter Penders (FAZ) rät den Bayern, von Bremen zu lernen: „Vielleicht sind die unterschiedliche Personalführung und die Weitsicht, sich in kritischen Momenten zurückzunehmen, die Gründe dafür, warum die Bremer seit Jahren national ärgster Widersacher der Bayern sind. Die Münchner beklagen häufig, dass jede Kleinigkeit, die den FC Bayern betreffe, in den Medien aufgeblasen werde – und übersehen dabei, dass sie selbst am meisten pusten. Mal ist es der Weihnachtsmann, der kein Osterhase ist, mal ist es das Fernglas, das die Konkurrenz demnächst benötige, mal war es der beste Kader aller Zeiten, mal das prallgefüllte Festgeldkonto, mal der omnipräsente Medien-Präsident, der zielsicher in jede Glut Brandbeschleuniger gießt. Dies alles sind Töne vom Alpenrand, wie sie von der Weser nie zu hören sind.“

Stefan Osterhaus (NZZ) rät den Bayern, von Stuttgart zu lernen: „Ratschläge zum Krisenmanagement können die Bayern in Stuttgart einholen. Denn so wirr die Situation der Bayern erscheint, so staunenswert ist die jüngste Entwicklung im VfB. Der hat den sportlichen Sinkflug beendet. Vor exakt vier Wochen hatte Armin Veh die Krise für offiziell erklärt – und so den ersten Schritt zur Bewältigung getan, indem er die Probleme nicht leugnete, sondern sich nach erfolgter Diagnose sofort daran machen konnte, diese zu beheben. Die Darbietung gegen die Bayern zeigte den VfB auf der Höhe seiner Fähigkeiten – ein Kollektiv mit guten Individualisten und einem Goalgetter, wie ihn Stuttgart seit Jürgen Klinsmann nicht mehr erlebt hat: Mario Gomez. (…) Die Urheberschaft an der Irritation darf Rummenigge ganz allein beanspruchen. Der bayrische ‚Deichgraf’, dessen Programmatik als Klubleiter sich im wesentlichen im Ruf nach der Einzelvermarktung erschöpft, sah sich bemüßigt, am Fußballverstand des Mannes zu zweifeln, der zweimal mit Außenseiterteams die Champions League gewonnen hatte.“

Rückblick auf Samstag: Die Presse stellt sich auf die Seite Ottmar Hitzfelds und verurteilt dessen Kritiker Karl-Heinz Rummenigge
direkter-freistoss: Hitzfeld, ein Trainer, der in dieser Saison nicht viel zu gewinnen hat

Ohne Plan B

Christof Kneer (SZ) erlebt die Genesung des Meisters: „In der ersten Halbzeit haben sie tatsächlich wieder gespielt wie einst im Mai, als ein steiler Pass nach dem anderen geflogen kam und die Zuschauer sich dauernd beim Durchzählen erwischten, um sicherzugehen, dass die Stuttgarter Überzahl mit rechten Dingen zuging. Es ist eine banale Erkenntnis, dass ersatzgeschwächte Teams nicht so gut Fußball spielen wie nicht ersatzgeschwächte Teams, aber im Falle des VfB steckt hinter der Banalität eine tiefere Wahrheit. Die Erkenntnis der Krisenwochen ist, dass diese Mannschaft mehr als andere auf die beste Elf angewiesen ist – Veh hat seiner Elf einen so anspruchsvollen Qualitätsfußball beigebracht, dass er nur mit Qualitätsspielern funktioniert. Wenn im Mittelfeld Farnerud, Meißner und da Silva spielen, geht dieser Fußball nicht, und auch nicht, wenn der Rechtsverteidiger Osorio hinten links notverteidigt. Der Erfolg hat diese Elf in der vorigen Saison derart überrumpelt, dass sie keine Zeit hatte, einen stabilen Plan B zu entwickeln. Die Elf kann nur gut spielen, schlecht spielen muss sie noch lernen. Wenn das gute Spiel nicht funktioniert, fällt sie auseinander – wie zu Saisonbeginn, als ein einziges Gegentor genügte, um ihren Willen zu brechen.“

Den gibt’s zweimal

In Anbetracht Ludovic Magnins reibt sich Kneer die Augen: „Magnin ist der einzige Profi, den es zweimal gibt. Es gibt den Samstags-Magnin, das ist der, der so spielt wie Roberto Carlos in seinen besten Tagen bei Real Madrid – und es gibt den Mittwochs-Magnin, der allenfalls beim Juxteam Borussia Banana einen Stammplatz sicher hätte. Den Mittwochs-Magnin gab’s in Lyon zu sehen, als er sich hinten hölzern austanzen ließ und seine Flanken vorne nicht den gegnerischen Torwart, sondern das Leben der Zuschauer in der Kurve bedrohten. Ludovic Magnin ist der Spieler mit der größten Formamplitude, die sich denken lässt.“

Zerfaserte, zerhackte Partie

Roland Zorn (FAZ) beschreibt die Verbissenheit im Duell zwischen Schalke und Hamburg: „Von prickelnder Atmosphäre war auf dem Platz nichts zu spüren, wo sich zwei nationale Spitzenteams – mögen die Schalker derzeit auch eher am oberen Rand des Mittelfelds dümpeln – heftig beharkten und dafür mit acht Gelben Karten bedacht wurden, ihre Lust auf das schöne Spiel aber komplett unterdrückten. Hamburg wollte einen Punkt mitnehmen, Schalke konnte, geschwächt durch den Ausfall von Stammkräften wie Kuranyi, Pander, Altintop oder Özil, wieder einmal nur mit Kampf und Kraft fehlende spielerische Qualität übertünchen. Dabei kam eine zerfaserte, zerhackte Partie heraus. (…) Der lange Schalker Marsch zurück unter die Champions-League-Kandidaten lässt nach fünf sieglosen Partien auf sich warten. Fürs erste bleibt dem Team ohne kreatives Zentrum und ohne Durchschlagskraft im Angriff die Hoffnung auf eine bessere Rückrunde. Der HSV trauerte der Möglichkeit, erstmals seit dem 11. September 1999 die Tabellenführung zu übernehmen, keine Sekunde nach. Die von Stevens‘ Realitätssinn erfassten Spieler betrachteten das Mitbringsel aus Schalke als weiteren wertvollen Punktgewinn.“ Ulrich Hartmann (SZ) ergänzt: „Es war ein nicht gerade euphorisierendes Spiel, immer intensiv, aber ziemlich eklig, weil Nickligkeiten laufend zu Spielunterbrechungen durch den überforderten Schiedsrichter Gräfe führten.“

Man muss diese Bremer einfach mögen

4:0 gegen Karlsruhe, Tabellenplatz 2 – Ralf Lorenzen (taz) erzählt ein Bremer Herbstmärchen: „Während das Verhältnis Diegos zu seinen Spielkameraden bis vor kurzem noch stark an Schneewittchen und die sieben Zwerge erinnerte, werden die Wunder jetzt wieder von vielen vollbracht. Dabei taten sich besonders die lange verstoßen geglaubten Helden aus der Heimat von Hans Christian Andersen hervor. Zu Saisonbeginn schlichen die Dänen Daniel Jensen und Leon Andreasen verloren wie Hänsel und Gretel über den Trainingsplatz – gegen Karlsruhe spielten sie wie aufgedreht, schlugen schöne Pässe im Minutentakt, rissen jede Menge Löcher im gegnerischen Gewand und stopften genauso viele im eigenen. Den anfangs gleichwertigen Karlsruhern nutzte auch kein Zaubertrank im Pausentee – in der zweiten Halbzeit fühlten sie sich wie der Hase im Wettlauf mit dem Igel: Wo sie auch hinliefen oder hinspielten, immer war schon ein Bremer da. Im Angriff, wo die Bremer Stürmer sonst oft genauso wenig zueinander finden wie die beiden traurigen Königskinder, zeigte sich der Schwede Markus Rosenberg anlässlich des 100. Geburtstags von Astrid Lindgren in prächtiger Form. Und hinten ließen die Innenverteidiger nichts mehr anbrennen. Per Mertesacker fuhr als Kalif Storch wiederholt das längste Bein der Liga aus und dem standhaften Zinnsoldaten Naldo gelang per Kopf sogar noch das 4:0. Für den Zuckerguss auf dem Lebkuchen sorgte schließlich Thomas Schaaf mit der Einwechslung von Carlos Alberto zu dessen erstem Einsatz seit fast drei Monaten. Passend dazu liest der Trainer auf der CD mit den ‚Bremer Stadtmusikanten’ eines der seltenen Märchen vor, in dem jene Spielform gefeiert wird, die seit der Regentschaft von Otto Rehhagel an der Weser das Maß aller Dinge ist: das Kollektiv.“

Frank Heike (FAZ) erklärt seine Sympathie für Bremen: „Während Werder in der Liga eine verlässliche Größe für den schönsten Fußball ist, gibt es auf der europäischen Bühne mit schlechter Regelmäßigkeit Enttäuschungen. Solange den Tiefschlägen zur Wochenmitte Gala-Auftritte an Samstagen folgen, muss man diese Bremer aber einfach mögen.“

Autoritätsverlust

Nur 1:1 gegen Frankfurt – Freddie Röckenhaus (SZ) bezweifelt Glaubwürdigkeit und Führungsstärke Thomas Dolls, dessen Rhetorik er als heiße Luft empfindet: „Unter jenen Dortmundern, die dem Selbstbetrug noch nicht anheim gefallen sind, macht sich die Gewissheit breit, dass der Trainer ein Teil des Problems sein könnte. Nach der dramatisch schwachen Partie in Hannover hatte Doll ungewohnte Härte angekündigt: Arrivierte Spieler würden sich auf der Tribüne wiederfinden, es würden jetzt andere Saiten aufgezogen. Die Strafexpedition begann dann mit einem arbeitsfreien Montag (Doll weilte bei der Familie in Hamburg) und einem deshalb auf Dienstag verschobenen, kombinierten Lauf- und Straftraining. Am Donnerstag hatte Doll dann erkannt: ‚Mein Kader ist nicht groß genug, dass ich mir leisten könnte, Arrivierte auf die Tribüne zu verbannen.’ Was den seit Saisonbeginn ohne Begründung auf die Tribüne verbannten Lars Ricken genauso gewundert haben dürfte wie die in den letzten Monaten transferierten und ausgeliehenen Pienaar (Stammspieler bei Everton), Sahin (Stammspieler bei Feyenoord) und Smolarek (Stammspieler bei Real Santander). Zum Spiel war von Dolls Theaterdonner dann übrig geblieben, dass die weithin als Mitläufer und Fehleinkäufe abgeschriebenen Nelson Valdez und Delron Buckley aus der Mannschaft rotiert waren, nach 30 und 60 Minuten dann aber schon wieder eingewechselt wurden. Und nachdem der BVB die ersten 45 Minuten in ähnlich lethargischer Manier wie gegen Hannover agiert hatte und erst eine Halbzeittirade von Doll wenigstens ein passable zweite Halbzeit erzwungen hatte, gab es dann im Nachklapp noch die Belobigung der Truppe, die Reaktion gezeigt habe. Dass Dolls Autorität bei der führungslos anmutenden Truppe unter solchen Aufführungen nicht leidet, ist kaum vorstellbar. BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der in der Öffentlichkeit nicht müde wird, sich vor, hinter, neben und unter Doll und Sportdirektor Michael Zorc zu stellen, soll bereits Kontakte mit anderen Trainern aufgenommen haben.“

Ralf Weitbrecht (FAZ) stimmt ein: „Borussia Dortmund im Herbst 2007 – für viele Fans wird die Liebesbeziehung derzeit auf eine harte Geduldsprobe gestellt, denn von ihren selbstgestellten hohen Ansprüchen ist Dolls Mannschaft weit entfernt. Auch gegen die Eintracht fand sie kein rechtes Mittel, einen Gegner vor heimischer Kulisse zu dominieren.“

Höhepunkte: Fehlanzeige

Michael Reinsch (FAZ) vermisst beim Spiel zwischen Hertha BSC und Hannover 96 die Glanzlichter: „Zuerst wurde Schnee geschippt im Mittelkreis. Dann zeigten die Spieler von ihren frierenden Zuschauern, dass der Wintereinbruch ihnen viel von ihrer Standsicherheit und Ballsicherheit geraubt hatte. Und als man schon befürchten musste, dass die Meldungen vom Triumph des VfB Stuttgart und die Reklame für den Adventskalender von Hertha BSC auf der Anzeigetafel die Höhepunkte der Partie bleiben würden, traf ausgerechnet ein Brasilianer: André Lima schoss drei Minuten vor dem Ende der Partie das 1:0. (…) Bei den Berlinern, die nichts mehr fürchten, als im Mittelmaß zu versinken und erleichtert auf einen einstelligen Tabellenplatz zurückkehrten, weckt dieser glückliche, vielleicht sogar unverdiente Sieg die schönsten Hoffnungen.“

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